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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (1. Band = 1. Abtheilung, 1. Hälfte): Die Ordnungen Luthers, die Ernestinischen und Albertinischen Gebiete — Leipzig: O.R. Reisland, 1902

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https://doi.org/10.11588/diglit.26586#0647
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119. Verordnung der Visitatoren für das Kloster Nimbschen. 1533. Oelsnitz,

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geraten, ja auch Sant Augustin wie man das auch
in bebstlichen rechten findet im decret schreibt,
das wo sich ordens leut in den ehestand begeben,
das es ein rechte ee fur gott sei und das man
solche ee nicht zereissen soll.
Zum zehenden, so soll man auch nicht andere
feste halten, dann die in der visitatorn zu Sachsen
gedruckten unterricht angezeigt sind, und kein
ander fest denn die sich auf Christi woltat ziehen,
wie in dann ir seelsorger und prediger solchs
weiter anzeigen und deuten wirt.
Zum eilften, die mess soll auch nicht anders
gehalten werden, denn wie zu Wittenberg, wenn
man anders communicanten hat, auch nit anders
dann in beider gestalt zu communiciren.
Zum zwelften, so soll der prediger den junk-
frauen alle sontag nach mittag, under der vesper,
auch alle mitwoch und freitag den cleinen cate-
chismum, von den zehen geboten, vom glauben,
von dem vater unser und von den hochwirdigen
sacramenten treulich lesen und auslegen.
Zum dreizehenden, domit man solchs alles
mit gottes hulf dester bass moge zu wege bringen
so sollen sie in das closter kaufen die deutsche
bibel, den deutschen psalter, durch doctor Martinus
gedeutscht, seine postillen, beide seine catechismos
und andere seine gute lehrbuchlein.
Zum vierzehenden, so sollen die junkfrauen
nicht mer de sanctis lesen noch singen, auch soll
das salve regina und alles das so nicht lauter und
allein aus gottes wort genommen ganz und gar
absein und keins wegs hinfur mehr gehalten
werden, darumb das es gott uns nicht befolen,
und nicht auf einigen heiligen, sondern allein und
einig auf sein lieben son Jesum Christum geweiset
hat, wie er sagt Mathei am 17, das ist mein
lieber son, an dem ich wolgefallen hab, disem solt
ir gehorchen, ja deuteronomii am 18 sagt er,
wer in nicht horen werde, an dem wolle ers
rechen.
Zum funfzehenden, so soll den junkfrauen
hinfurder niemants wider mess halten, noch pre-
digen noch beicht horen, dann ir verordenter
prediger oder superattendent, in ansehung, das in
der visitation so vil befunden, das sonst allerlei
unrichtickeit und beschwerung der gewissen, wo
es anders gehalten, daraus erfolgen mochte.

Zum sechzehenden, so sollen auch die junk-
frauen einander nicht wider gottes wort und cere-
monien gottes wort gemes verhetzen, auch keine
die andern an der entpfahung des hochwirdigen
sacraments, bei hoher straf und ungnad gottes
und furstlicher obrickeit, verhindern.
Zum siebenzehenden, so sollen hinfurder die
closter junkfrauen wider sommers noch winters
bei nacht metten oder ander ceremonien halten,
sonder allein am tag, sovil derselben gottes worts
gemes und den junkfrauen vermöge der visitation
befolen und zugelassen.
Zum achtzehenden, so sollen sie niemants
mehr in closter pflicht aufnemen, aus der ursachen,
das es zum hochsten wider gottes wort und bevel
und derhalben in massen wie das orden closter
leben und wesen etlich hundert jar her gestanden
aufs fehrlichst und schedlichst an leib und selen ist.
Zum neunzehenden, so sollen auch die junk-
frauen, ob sie gleich die clostercleidung ablegen,
dennoch gott zu eren und inen selbs zum besten
und zuverhutung allerlei unrichtickeit und be-
schwerung an leib seel und ere nichts destweniger
in allem gehorsam wie vor alders gegen der eptissin
steen und pleiben, auch nicht aus dem closter
leichtfertig gehen on erlaubnus, und in dem
sonderlich betrachten, das nechst gottes wort ein
weibsbild kein grossern schatz und cleinot, den
ere und zucht hat, das auch der teufel mit allem
ernst sonderlich frauen und junkfrauen nachstellt,
des sich alle frauen und junkfrauen billich be-
wegen sollen lassen, ire zucht und ehre allent-
halben gewar zunemen, derhalben die itzige visi-
tatorn der ersten visitation verordnung in solchen
ehrlichen stucken und artikeln nicht abgeschafft,
sondern in allen iren kreften und wirden unver-
ruckt pleiben lassen.
Zum letzten, domit auch solchs alles dester
statlicher und vleissiger gehalden werde, so soll
der superattendent zusampt dem prediger dises
closters Nymptschen bevel haben, das dise ver-
ordnung allenthalben unverbrüchlich gehalden
werde, wo auch der vorsteher vermerken wurde
das etwas dem zuentgegen gehandelt dasselbige
dem superattendenten unverzuglich kunftige un-
richtickeit zuverhuten anzeigen soll.

Oelsnitz.
Die Stadt Oelsnitz tritt schon Ende 1523 mit Luther in Briefwechsel wegen eines
Predigers (Wolfgang Crusius; de Wette II, 422 ff., 438 ff.).
Eine Ordnung, welche die Visitatoren am 22. Februar 1529 (vgl. oben S. 46) erliessen,
hat Joh. Müller in Mittheilungen des Alterthums-Vereins für Plauen i. V., 1887, S. 10 ff.
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