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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (1. Band = 1. Abtheilung, 1. Hälfte): Die Ordnungen Luthers, die Ernestinischen und Albertinischen Gebiete — Leipzig: O.R. Reisland, 1902

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https://doi.org/10.11588/diglit.26586#0666
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638 Die Kirchenordnungen. Die Städte und Ortschaften der ernestinischen und albertinischen Länder.

Vondem gebäude der pfarren und
kirchendiener.
Was die pfarregebäu belanget, soll es hinfort
dergestalt gehalten werden, dass von der gemeine
dieselbigen, auch der diakon häuser, erbaut und
im baulichen wesen erhalten werden sollen.
Auf dass ein christlich und ehrbar leben bei
dem gemeinen mann soviel möglich möcht erhalten
werden, soll der gemein und ganzen kirch-
spiel vorgehalten und auferleget sein, sich gott
und seinem h. evangelio zu ehren und ihnen
selbst zum besten aller gotteslästerung, fluchens,
schwörens, ehebrechens, völlerei und anderer übel
zu enthalten; treulich und fleissig gottes wort zu

jeder zeit zu besuchen, und nicht auf den kirch-
höfen, weil man predigt, in unnützem gespräch
stehen oder spazieren, auch nicht ärgerlich oder
schimpflich von gottes wort und dieser visitation
zu reden, bei vermeidung göttlicher straf und des
landesfürsten ungnad. Darüber der herr landvogt
und ein ehrbar rath zu halten schuldig ist.
Es soll auch insonderheit den regenten und
rat allhie zu Pirna befohlen sein, dass sie nicht
gestatten, dass man unter der predigt und gött-
lichen amten gäste setze oder bier und sonst etwas
feil habe und verkaufe. Darüber ernstlich soll
gehalten werden.
Gegeben zu Pirna aufm schloss Donnerstag
nach Mariae lichtmess im jahr 1500 und 40.

127. Abschied der Visitatoren. 1555.
[Aus dem Rathsarchiv Pirna, abgedruckt von Hofmann, in Beitr. zur sächs. Kirchengesch. 8, 135 ff.l

Abschied, so einem ehrbaren rat der
Stadt Pirna von den verordneten visi-
tatoren des meissnischen und gebirgi-
schen kreises anno 1555 überantwortet.
I.
Nachdem und als die geistlichen einkommen
der kirchen, gemeinen kastens und hospitalien zu
Pirna vorgehender gestalt allenthalben berichtet,
und welcher meinung ferner damit soll gehandelt
werden, eigentlich geordnet, so ist einem ehrbaren
rate vornehmlich und zum ersten befohlen, fleiss
anzuwenden und mit allen derselbigen vorstehern
und verwaltern zu verschaffen und ernstlich be-
fehlen, dass die zinse und andere einkommen
treulich gemahnet, eingebracht und an ihre ge-
bührliche orte gegeben und distribuieret, und als-
dann alle derselben jährlichen ausgaben und ein-
nahmen jährliche klare rechnung vor einem
ehrbaren rat und ältesten der gemeine in beisein
des herrn superattendenten gehalten werden und
fleissig dahin gerichtet sein, dass zu verhütung
allerlei irrungen der kirchen, gemeinen kastens,
hospitals und anderer geistlichen güter einkommen
und rechnung nicht mit des gemeinen oder rats
gut, sondern von den bestellten vorstehern unter-
schiedlich mit registern der einnahmen und aus-
gabe etc. richtig gehalten werde.
II.
Es sollen auch bürgermeister, rat und richter,
so in ämtern sein und solches zu thun haben,
den vorstehern und verwaltern, so oft sie hierinnen
ersuchet werden, kraft ihrer befohlenen tragenden
ämter, gegen denen, so in reichung der schuldigen

zinsen oder anderer pflicht säumig befunden, mit
gebührlichem gerichtszwang hilflich erscheinen,
damit das armut vornehmlich gefördert und desto
stattlicher erhalten, auch die kirchen- und schul-
diener an ihren geordneten besoldungen nicht ge-
hindert oder versäumet werden.
Und da sich’s etwa zutragen würde, dass
zinse ausserhalb der stadt aufm lande beim adel
oder anderen, da ein ehrbarer rat nicht botmässig-
keit hätte, vertaget und in die länge beschwerlich
aufgezogen würden, so soll der rat die verwalter
und vorsteher der geistlichen einkommen und
hospitalien erstlich gegen denselben freundlich vor-
schreiben und mit vermeldung der armen notdurft
fleissig vorbitten. Da aber solchs nicht hafte oder
verachtet würde, soll ihnen bei u. gst. h. dem
kurfürsten zu Sachsen ein öffentlich patent aus-
gerichtet [werden], damit solche zinse zu be-
quemer zeit gefallen mögen und nicht mit gefahr
der hauptsumma in die gefährliche ungewisse
retardata verzogen werden.
III.
Damit auch die kirchen- und schuldiener in
reichung ihrer verordneten besoldung sich einiger
versäumlichkeit oder verzuges nicht zu beklagen,
so soll ein ehrbarer rat sich möglich be-
fleissigen, dass ihnen ihre besoldung auf vier mal
im jahre auf die quartal oder wöchentlich nach
rechter anzahl freundlich und unversäumlich ge-
reicht werde; da aber etwa mangel oder unver-
mögen vorfallen würde, mittler zeit und bis die
zinse eingebracht, aus ihrem des rats aerario und
gemeinem gute vorstrecken und verlegen.
 
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