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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (1. Band = 1. Abtheilung, 1. Hälfte): Die Ordnungen Luthers, die Ernestinischen und Albertinischen Gebiete — Leipzig: O.R. Reisland, 1902

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https://doi.org/10.11588/diglit.26586#0668
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640 Die Kirchenordnungen. Die Städte und Ortschaften der ernestinischen und albertinischen Länder.

gleichen sollen die zwei häuserlein, so im chore
des klosters zu notdürftiger wohnung zugerichtet
sein, denselben armen oder kranken personen all-
zeit vorbehalten und in vorfallender not ein-
geräumt werden.
VIII.
Nachdem auch hochnötig und gut, dass die.
jugend in schulen zu gottes erkenntnis und ehre,
auch guten künsten und tugenden unterweiset,
und darinnen tüchtige personen zu kirchen und
weltlichen regierunge erzogen werden, so ist nach
inhalt empfangener kurfürstlicher instruktion dem
rate ernstlich befohlen, dass sie die schulen wohl
und christlichen nicht allein mit gebäuden er-
halten, sondern auch mit tüchtigen personen, so
der jugend treulich vorstehen, versehen sollen.
Darum ein ehrbarer rat fleissig darauf ach-
tung geben und bestellung machen soll, dass gute
ordnung und disziplin nach der knaben gelegenheit
darinnen gemacht und gehalten, auch die gram-
matica und andere nötige lectiones fleissig gelesen
und sonderlich der katechismus per quaestiones
geübet werde. Zu erfahren aber, ob dasselbe von
den praeceptoribus geschehe und wie die knaben
zunehmen, so soll auf jedes quartal und also vier-
mal im jahre der rat oder wer von rats wegen
darzu verordnet wird, beneben dem superatten-
denten ein examen durch alle classes und lectiones
gehalten, und dabei die praeceptores und knaben
zu schuldigem fleiss vermahnen oder nach be-
findung einiges gebrechens gebührlich strafen und
sich befleissigen dieselbigen gebrechen in besserung
zu wenden. Es sollen auch die knaben alle
wochen auf einen ernenneten tag, wenn man pre-
digt hält, in der kirchen der predigt auswarten
und darnach in der schulen, was sie daraus ge-
merket, gefraget werden, auf dass sie also in
gottes wort und ihrem gedächtnis geübet werden.
Damit auch die knaben unnötigerweise zu
müssiggang nicht geursachet und an studiis ver-
hindert werden, so soll ihnen nicht wöchentlich,
sondern in 14 tagen einmal zu reinigung des
leibes remissio a studiis erlaubet werden.
Ein ehrbarer rat soll es auch winterzeit an
notdürftigem holze und lichten vor die schulen
nicht mangeln lassen, damit die armen knaben,
so viel nicht anzuziehen haben, nicht kälte leiden,
noch einige lichte kaufen und versäumet werden
dürfen.
IX.
Weil auch keine gewisse wohnunge zu der
jungfrauschulen geordnet und aber in solcher stadt
feine solche schule zu erhalten hoch vonnöten, als
ist einem rat befehl gethan, dass sie die alte

knabenschule, so darzu wohl gelegen, zur jungfrau-
schule erbauen und zurichten und dieselbigen
kindelein mit einem fleissigen schulmeister, der
sie zu gelegenen stunden zur schule und kirchen
gewöhne, in gottes furcht, zucht und gehorsam
unterweise, versehen sollen.
X.
Nachdem auch viel unordnung und ärgernissen
mit verhinderung gottes worts auf die christlichen
hohen festa mit gemeinen bieren, vogelabschiessen,
auch auf die sonntage bei den andern schiessen
und öffentlichen spielplätzen vorgekommen, und
sonst allerlei hindernis der predigten vor und nach
mittage mit zechen und spazierengehen etc. ein-
reissen, als ist einem ehrbaren rate laut kurfürst-
licher übergebener instruktion befehl geschehen,
solchs alles ernstlich abzuschaffen und ferner unter
den predigten und kirchenämtern bei aufgesetzter
pön keineswegs zu dulden, darzu auch der pfarrer
mit treuer, fleissiger ermahnung zu besserung des
volks und mehrerer beförderung göttlicher ehre
anhalten soll.
XI.
In übergebener rechnung wird bei der aus-
gabe eingebracht, dass auf die weinberge, so zu
der kirchen gehörig, von welchen man auch
etlichen umliegenden kirchen wein giebt, grosse
unkost und partes gehe, soll derwegen jährlich in
die rechnung richtig gebracht werden namhaftig,
was vor unkost darauf gehe und der weinwachs
wieder trage, auf dass der überlauf oder mangel
daraus zu ersehen.
XII.
Desgleichen soll auch auf die braupfannen
nach besage ihrer übergebenen register fast soviel
als der nutz dies jahr unkost auflaufen, darum
man fleissig aufsehen und befehlen soll, dass die
pfannen von den bräuern im feuer nicht verwahr-
lost oder im sommer nicht mutwillig schaden
nehmen, sondern an einem orte, da sie zufrieden
stehen, verwahret werden.
XIII.
Nachdem auch die äcker und wiesen des
hospitals von einem ehrbaren rate auf den be-
scheid, dass neun personen zum hospital mit essen,
trinken davon erhalten sollen werden, etlichen
bürgern ausgethan, so soll von ihnen beneben
dem superattendenten gesehen und darauf acht
gegeben werden, dass die armen nicht versäumet,
sondern also notdürftig unterhalten und auch die
güter und behausunge in gutem wesen erhalten
werden.
 
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