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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (1. Band = 1. Abtheilung, 1. Hälfte): Die Ordnungen Luthers, die Ernestinischen und Albertinischen Gebiete — Leipzig: O.R. Reisland, 1902

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https://doi.org/10.11588/diglit.26586#0680
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652 Die Kirchenordnungen. Die Städte und Ortschaften der ernestinischen und albertinischen Länder.

Zum andern, dagegen sollen die junkfrauen
gottes wort von irem christlichen prediger1) mit
vleis horen, gottes willen und den weg zum
ewigen leben, also nemlich buss, reu und leid fur
die sund, gottes furcht und den glauben, das ist
die herzliche zuversicht zu gottes grundloser gute,
gnad und barmherzickeit umb Christus willen zu-
lernen, und das sie je, so lieb inen gott ist, wider
auf iren orden noch closter cleid und alles anders,
sonder allein auf den herrn Christum bauen, dann
er ist je allein der fels, darauf wir mussen er-
bauet werden, sonst gehen wir ewig zu poden.
Zum dritten, domit die junkfrauen auch teg-
lich in der kirchen ein christlich ubung haben,
so sollen sie hinfur an stat der metten, prim,
terz, sext, non, lesen drei deutsche psalmen, ein
capitel aus den evangelisten an Sant Mathes an-
zufahen, das benedictus und ein reine collecten
von der zeit; fur die vesper desgleichen auch
drei psalm, ein capitel aus Sant Pauls episteln,
der zum Romern anzufahen, das magnificat und ein
collecten alles deutsch.
Zum vierden so sollen sie alle wochen am
mitwoch und freitag nach dem benedictus vor der
collecten die deutschen letanei halten.
Zum funften, wenn der junkfrauen etliche
oder ire gesind zum hochwirdigen sacrament geen
wollen, so2) soll inen der prediger ein evangelisch
deutsch mess halden, und das hochwirdig sacra-
ment unter beider gestalt geben und nemen, wie
es denn Christus unser lieber herr selbs eingesetzt
hat, nicht allein den geistlichen, sondern auch den
leien also zu geben.
Zum sechsten, das die junkfrauen in allen
ehrlichen und christlichen sachen in gutem ge-
horsam gegen der priorin sein sollen.
Zum siebenden, das sie ehrlich, zuchtig, frid-
lich und freuntlich unter einander leben sollen,
dann also spricht Sant Paul zun Corinthern, lebt
fridlich so wird der gott des frids und einickeit
bei euch sein.
Zum achten so sollen die junkfrauen laster
mit gottes gnaden und hulf zuverhuten, wenn sie
nicht in der kirchen sind, entweder etwas lesen
oder arbeiten.
Zum neunden, so sollen die junkfrauen auch
sich aus der ergerlichen closter cleidung und
closter leben thun, auch in gottes namen in den
heiligen ehestand zu begeben macht haben, dar
zu inen auch billich abfertigung mit zuthun irer
freundschaft beschied. Soll inen daran churfurst-
licher gnaden furderung, ob gott will, so es die
not erfordert, auch nicht abgeschlagen werden, an-

1) Altenburg: „von — prediger“ ist ausgefallen.
2) Altenburg liest hier: „... so sollen sie das-
selbig hochwirdig sacrament in der pfarrkirchen under
beider gestalt empfaen und nemen ...“

gesehen das es mit gotlichen ehren wol gescheen
mag, und in gotlichen und bebstlichen rechten
nicht verboten, wie denn auch der heilig bischof
und merter Cyprianus schleust, das es viel besser
sei denn das sie in unzucht im closterwesen ge-
raten, ja auch Sant Augustin, wie man das auch
im bebstlichen rechten findet, im decret schreibt,
das wo sich ordens leut in den ehestand begeben,
das es ein ee fur gott sei, und das man solche ee
nicht zerissen soll.
Zum zehenden, so soll man auch nicht andere
feste halten, dann die in der visitatorn zu Sachsen
gedruckten unterricht angezeigt sind, und1) kein
ander fest, denn die sich auf Christi woltat ziehen,
wie in dann ir seelsorger und prediger solchs
weiter anzeigen und deuten wirt.
Zum eilften2 ) die mess soll auch nicht anders
gehalten werden, denn wie zu Wittenberg, wenn
man anders communicanten hat, auch nicht anders
dann in beider gestalt zu communiciren.
Zum zwelften, so soll der prediger den junk-
frauen alle sontag nach mittag under der vesper
auch alle mitwoch und freitag den cleinen cate-
chismum von den zehen geboten, vom glauben,
von dem vater unser und von den hochwirdigen
sacramenten treulich lesen und auslegen.
Zum dreizehenden3 ), domit man solchs alles
mit gottes hulf dester bas moge zu wegen bringen,
so sollen sie in das closter keufen die deutsche
bibel, den deutschen psalter durch doctor Martinus
geteutscht, seine postillen, beide seine catechismos
und andere seine gute lehrbuchlein.
Zum vierzehenden4 ), so sollen die junkfrauen
nichts mehr de sanctis lesen, noch singen, auch
soll das salve regina und alles das, so nicht lauter
und allein aus gottes wort genommen, ganz und
gar absein und keins wegs hinfur mehr gehalten
werden, darumb das es gott uns nicht befolen und
nicht auf enige heilige, sondern allein und einig
auf sein lieben son Jesum Christum geweiset hat,
wie er sagt Mathei am 17., das ist mein lieber
son, an dem ich ein wolgefallen hab, disem solt
ir gehorchen, ja deuteronomii am 18. sagt er,
wer in nicht horen werde, an dem wolle ers
rechen.
Zum funfzehenden5 ) so soll den junkfrauen
hinfurder niemants wider mess halten noch pre-
digen noch beicht horen, dann ir verordenter
prediger, in ansehung, das in der visitation sovil
befunden, das sonst allerlei unrichtickeit und be-
schwerung der gewissen etc. wo es anders gehalten
daraus erfolgen mochte.

1) In Altenburg ist „und — wirt“ ausgefallen.
2) Punkt 11 und 12 sind in Altenburg ausgefallen.
3) Altenburg: „Zum eilften .. .“
4) Altenburg: „Zum zwelften ..
5)) Punkt 15 ist in Altenburg ausgefallen.
 
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