Metadaten

Wolgast, Eike [Editor]; Seebaß, Gottfried [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Editor]; Sehling, Emil [Bibliogr. antecedent]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (1. Band = 1. Abtheilung, 1. Hälfte): Die Ordnungen Luthers, die Ernestinischen und Albertinischen Gebiete — Leipzig: O.R. Reisland, 1902

DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.26586#0688
Overview
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
660 Die Kirchenordnungen. Die Städte und Ortschaften der ernestinischen und albertinischen Länder.

Wo es aber zu vil abeit oder unfuglich sein
wurde, sollen die dermass besucht werden, das
ides dorf ufs wenigst alle vierzehen tag ein predig
habe. Die zwei dorfer Neuendorf und Franken-
hain sollen in der wochen ein mal besucht werden,
also das in jedem in vierzehen tage ein mal der
catecismus gepredigt werden, und dieweil dieselben
nicht kirchen haben, soll die predig in keinem
krug oder kretzschmar sunder einem erlichen ort,
winterzeit in einer stuben, somerzeit unter einem
baum gescheen.
Wo auch der pfarrer vormerkt, das sich der
gemeine grob man der haus und stuben predigt
nit bessert, sunder ergert, soll er nur in drei wochen
ein mal besuchens weiss zu den leuten ziehen und
in des richters haus die leut vorsamlen, doselbst
kurz vormanung inen aus dem catecismo vorhalden,
und sie gleich fragen, ob sie die zehen gebot
konnen. Die predigt ufn dorfern soll allzeit uf die
zeit und tage gelegt und gehalten werden, es sei
winter oder somer, wenn die ernte, saat zeit und
ander bauerarbeit und ackerbau nicht daran vor-
hinderung thut.
Die zwei nechsten dorfer als Berge und
Werchelau sollen allzeit gein Slieben zur predigt
gehn; doch wenn der probst weil hat, soll er sie
auch besuchen und erforschung haben, was sich
jung und alt der predig bessern.
So communicanten vorhanden, soll allzeit ufn
suntag und die fest ein mess gehalten werden und
der pfarrer mit allen ceremonien und kirchen-
dinsten sich des buchleins intitulirt underricht der
visitator allenthalben an vorenderung halden und
darnach richten.
Nachdem das dorf Olsick der probstei alle
jar vierzig groschen gezinset, darumb vier messen
gehalten, soll der probst an stat der messen inen
dermass wie oben angezeigt predigen und sie im
die vierzig groschen reichen wievor.
Prediger.
Den prediger soll der probst aufzunemen
haben, doch also, wenn man ein neuen annimbt,
das der selb zuvor gein Wittemberg geschickt
werde und von den professoribus theologie facul-
tatis, doctore Martino und anderem vorhort.
Sein ambt soll sein, vleissig zuleren und zu
predigen und das volk uf tag, wie im der pfarrer
anzeigt, in der kirchen mit dem gotlichen wort
zuvorsorgen und die stuck, so in dem buchlein der
visitator vormeldet, ofte zuvormanen, als von beten,
von werken der liebe, von schulen etc.
Schuele.
Des schulmeisters ambt soll sein, sich vormuge
obgemelts buchlein der visitator zu halden, und

nachdem itziger schulmeister nit gnugsam im latein
geleit befunden, soll er (dieweil noch kein ander
knaben dann alphabetarii vorhanden) noch ein jar
geduldelt werden, doch also, das er ein geschickten
locaten oder under pedagogen mitler zeit halde
und besolde. Ausgang des jars soll ein neuer schul-
meister aufgenomen werden. Denselben soll der
probst mit dem richter und vorstehern des ge-
meinen kasten zusetzen und zuentsetzen haben.
Und ist dem probst bevolen, gut aufsehen
zuthun domit die schul und jugent nit vorseumet
werden, das er zu thun sich vleissig erboten.
Locat.
Unter pedagog, welcher custos mit ist, sol
dem schulmeister in der schule, wie im dieser zeit
der probst bevelen wirdet, helfen, die knaben zu
seiner zeit ir latin und grammatik unterweissen,
desgleichen in der kirchen unter der messen,
wenn communicanten vorhanden sein, vor und
nach der predigt die christlichen deutschen lieder
und gesenge dem volk vorsingen und darin ufs
vleissigst uben.
Alles was weiter von noten und sich zu-
tragen als in eesachen und dergleichen fellen, soll
sich der probst nicht einlassen, sundern raths am
pfarer zu Wittemberg, welcher sein superattendent
sein soll, erholen.
Des probsts einkomen.
Sechs und achtzig gulden gelt, zins, opfer,
ein und vierzig malder vierdhalb scheffel korn.
Bestellung des gemeinen kastens.
Der ambtman und schosser, der pfarrer und
vier aus der gemein zu Schlieben sollen drei tug-
liche und vleissige vorsteher erwelen und dem
gemeinen kasten treulich vorzustehen voreiden.
Mit denselben vorordenten vorstehern soll
uber den zugestelten forrat und stuck, klein und
gross, ein ordentlich inventarium gestelt, das soll
gedreifacht und jedem teil eines vorpetschaft
ubergeben werden, sich mit der rechnung darnach1 ).
Es soll ein jeder vorsteher ein eigen schlussel,
dem andern ungleich zu dem gemeinen casten
haben, also das keiner an den andern in den
kasten komen moge.
Der ambtman und schosser, der probst, vier
aus der gemeine sollen jerlich von den vorstehern
ire rechnung annemen und horen.Darzu sollen
aus jeden eingepfarten dorfern einer zu der rech-
nung gefordert werden.

1) Es ist wohl zu ergänzen: „zu richten“.
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften