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Wolgast, Eike [Editor]; Seebaß, Gottfried [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Editor]; Sehling, Emil [Bibliogr. antecedent]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (1. Band = 1. Abtheilung, 1. Hälfte): Die Ordnungen Luthers, die Ernestinischen und Albertinischen Gebiete — Leipzig: O.R. Reisland, 1902

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https://doi.org/10.11588/diglit.26586#0704
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676 Die Kirchenordnungen. Die Städte und Ortschaften der ernestinischen und albertinischen Länder.

Eben denselben suntag, zur hohe mess soll
der pfarrer das evangelion dominicale in der pfarr-
kirchen, nachmittag aber der andere caplan den
katecismum predigen.
Montags und dinstags.
Frue soll der eine caplan das evangelion
Mathei predigen und dieselbigen tage nichts mehr.
Mittwochs.
Frue soll der pfarrer predigen, Mosen oder
was er sunst will aus dem alden testament und
soll domit gnug sein.
Donnerstags und freitags.
Frue soll der ander caplan die episteln
Sancti Pauli predigen, welche er will oder am
nötigsten erkannt wird, und soll domit auch gnug sein.
Sonnabends.
Feiret und steht ledig.
In diesen allen sollen sie sich vleissigen, das
sie ja einfeltiglich leren, bei dem text bleiben
und dem volk die locos fidei, charitatis, crucis
heraus streichen und stetiglich einbilden, darzu
sich hüten, das sie es nicht zu lang machen, noch
weitleuftige kunst handeln, dann docere soll das
grossist und furnemist sein in der predigt.
Vom katecismo.
Der katecismus soll vier mal des jars ge-
predigt werden, nemlich in den vier quatember.
Ein itzliche quatember zwu oder drei wochen
dazu zu nemen und dieweil der catecismus weret,
die andern predigten ruhen lassen. Auch ein be-
quem stunde, es sei dieselbige predigtstund oder
eine andere, darzu nemen, darin das dinstvolk
und gesinde solcher predig kunde gewarten. Für
allen dingen sollen sie hirin vleis thun, einfeltig
und grob zu leren, sunderlich die guten und bosen
werk wol anzeigen in den zehen geboten.
Solchs sollen die ordentliche predig sein. Will
aber darüber der pfarrer oder caplan mehr pre-
digen, das soll bei irem guten willen stehn, doch
das domit kein recht oder bürde daraus werde
auf die zukünftigen, denn zu viel ist ungesund,
macht müde und überdrüssig, bede lerer und schüler.
Uber vorangezeigt fürgenomen mass
zu predigen und leren
Soll der pfarrer sich mit der weis und ord-
nung der lere und predig halten vermöge des
büchleins intitulirt underricht der visitator etc.
neulich im druck ausgegangen, und damit allent-
halben einikeit der cerimonien bleibe, die ceri-

monien nach anzeige desselbs buchleins nicht
übergehen noch vorendern.
Auf abgetretene von der einikeit des waren
christlichen glaubens und reinikeit des worts und
also, die so in irthumb und secten sich begeben,
in versamlung oder andern örtern von glauben
und sacramenten übel reden, vleissig inquiriren,
zur einikeit wider weisen und so sie sich an eine
oder zwu vermanung nicht keren, dem rat an-
zeigen, und dem soll in zeit zuvorkaufen und sich
von dannen zu wenden bestimbt werden.
Für gnedige erhaltung des gotlichen reinen
worts, auch frid und einikeit zuforderst unsers
landsfürsten auf der canzel bitten, zur beicht und
dem heiligen sacrament des leibs und bluts Christi
das volk oft vormanen, domit allweg des suntag
ein messe mag gehalten werden.
Auf die schul und alle gebrechlichkeit gut
achtung geben und die zur besserung vorfügen.
Auch die kranken im hospital und andere be-
suchen, im glauben und der gedult und diejenigen,
so von schwachheit ires leibs in die kirchen nicht
kommen konnen, mit gutem underricht gotlichs
worts unterrichten und sterken.
Weiter auch das volk nach iclichem sermon
treulich und mit ernst vormanen, das sie einander
hulfreiche hende reichen und dem gemeinen kasten
bei iren leben und mit testamenten wollen fordern
und enthalten, domit weiter aus demselben dem
armut geholfen und ander not der kirchen, gots
dienstes und wie die sunst an bestellung der
ehren gots zu gutem namen und rum des heiligen
evangelii fürfallen, mag gebessert werden und in
alle weg nimer vorgessen das volk treulich und
mit ernst zu vormanen, das sie kinder zur schulen
schicken und halden wollen, nit allein deutsch,
sunder auch im latein wol zu lernen mit vor-
meldung, was nicht allein gemeiner cristenheit,
sunder auch gemeinem nutz in steten und landen,
aus vorseumlickeit der jugent und mangel gelerter
leut, grosses schadens erwachse, und den eltern
derwegen gegen got beschwerung und last zu
vorrechen und antwurten uf ihre sele und gewissen
falle, widerumb aber zu was grossen ehren und
nutz sie ire kinder und sich selbst do durch
brengen mogen, mit erzelung etlicher exempel,
die weil für nemlich alle gute ordnung und regi-
ment geistlich und weltlich bestehn und fliessen
aus guter zucht der jugent. Und soll sich der
pfarrer ungebührlicher handlung mit bierschenken
und andern dergleichen unsaubern narungen ent-
halden domit soll im für sein haus nodturft zu
brauen unbenommen sein.
Letzlich für heimlich eegelübde, so hinter
wissen und willen der eldern gescheen, stete und
vleissige vorwarnung thun.
 
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