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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (1. Band = 1. Abtheilung, 1. Hälfte): Die Ordnungen Luthers, die Ernestinischen und Albertinischen Gebiete — Leipzig: O.R. Reisland, 1902

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https://doi.org/10.11588/diglit.26586#0706
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678 Die Kirchenordnungen. Die Städte und Ortschaften der ernestinischen und albertinischen Länder.

niren und conjugiren üben, und sich je die arbeit,
nachdem es hohe von nöten, nit vordriessen lassen.
Nachdem auch vil daran gelegen, das die
jugent nicht übermüd und überdrüssig werde, soll
die stund von zweien bis auf drei hore ganz frei
sein und mag der schulmeister, nachdem es gelegen
und bequem sein will, die knaben in der schuel
lassen sitzen oder heim erlöben, kurz vor dreien
in die schuel zu kommen. Auch mag er inen in
acht tagen oder vierzehen ein mal erleuben und
remissionem laboris geben.
Umb drei hor sollen die lection wider an-
gehen und dem prime classi oder ersten haufen
buccolica Vergilii, colloquia Erasmi oder pedologia
Mosellani, wie bis anher, gelesen werden durch
den schulmeister oder pedagogen supremum.
Under derselbigen stunde umb drei hore soll
der pedagog einer secunde classi den Catonen
exponiren.
Dem dritten classi under derselbigen stund
sollen etlich latinisch sentenz oder ein kurz latein
fürgeben und exponirt werden, das sie solch latein
ihren eldern aufsagen.
Under derselbigen stunde umb drei und auch
under der ersten sollen die alphabetarii geleret
und underweiset werden, dass sie a b c lernen
und aufsagen, sunderlich soll vleis fürgewendet
werden, das keiner die knaben das alphabet sylla-
biciren und ersten buchstaben lere, der ein lispend
oder sunst bose aussprechen habe, damit die
knaben, welche bald fahen, nicht ersts anfangs do-
mit inficirt werden.
Die predigt am werketag umb drei ist ab-
gethan, sollen derwegen forthin die knaben umb
vier aus der schuel anheime gelassen werden.
Unter zeit sollen die knaben nicht gezwungen
werden die ganz predig zu bleiben, sundern wenn
sie vor der predig die deutschen lieder gesungen,
sollen sie in die schuel gen und nach der predigt
soll der kirchner, altaristen und der hauf des
volks mit deutschen liedern beschliessen.
Entlich soll und mag der schulmeister diese
für beschribne büchlein gegen andere nützliche,
nach der knaben geschicklickeit, doch nach an-
leitung der visitator büchleins zu wechseln macht
haben, in dem im und sein nachkommen irer treu
und pflicht, die sie der jugent gegen irer be-
soldung und angenomen ambt schuldig, erinnert
und ire gewissen beschwert haben wollen, so das
ir vleis in alleweg dohin gericht werde, domit die
eldern an iren kindern recht gefellige zucht zu
gottes furchten und erlichen guten sitten zu freuden
und gefallen vormerken und gemeiner nutz und
regiment in hoffnung gestellt, dass dieselben mit
der zeit zu erlichen embtern gebraucht werden
mögen.

Vorordnung des gemeines kastens.
So soll von nun an in Torgau der gemeine
kasten, den ein rat aus gutem bedenken für uns
geordnet, bleiben und erhalten werden, daraus der
kirchen bau, derselben und der schul diener, auch
die gebeude der pfarre, caplan, schulheuser er-
halten werden. Dohin orden und schlahen wir
alle der kirchen güter, sambt dem einkommen
aller vorfallen lehen comenden und stiftung
hospitals und was sich der lehen altar oder
comende durch der besitzer absterben vorledigen,
oder auch sich sunst der ding zukünftig mochten
erfinden, die von stiftung oder testament in gottes
seiner lieben heiligen ehre und zu milden sachen
gewidemt, gegeben, vorordent oder gemeint sein.
Auch aller vorrat an silber, ornaten, barschaft an
gelde und schulden der kirchen und brüderschaften,
auch verfallenen lehen und in summa, was geist-
licher güter sunst mehr genannt werden.
Vorsteher des gemeinen kasten und ir
ambt.
Der pfarrer und der rat sollen sechs tugliche
und vleissige vorsteher erwelen und dem gemeinen
kasten treulich vorzustehen voreiden.
Mit denselben vorstehern, so also vorordent,
soll über den zugestalten vorrat und stuck, klein
und gross, ein ordentlich inventarium gestellt, das
soll gedreifacht und jedem teil eines vorpitschirt
übergeben werden, sich mit der rechnung darnach
zu richten haben.
Es soll auch ein jeder vorsteher ein eigen
schlüssel haben, das keiner an den andern in den
gemeinen kasten komen mege.
Derselben ambt soll sein sich denjenigen, die
des kasten hülf begern, lebens oder wandels und
unvermogens zu vorstehen oder je vleissig zu er-
kunden , domit der kirchen güter nicht müssig-
gengern und willig armen, sondern denjenigen
ausgeteilt werde, die recht arm sein, den soll von
dem beutelgelt, so in der kirchen gefellt und von
schulden eingemanet wirdet, jede wochen zu irem
enthalt ein groschen oder zwen gegeben, sunst
aber denjenigen, die sich gerne mit einem hand-
werk nereten und doch darzu kein anlag haben,
ungeverlich zu einem, zwei bis vier schocken,
doch das über vier schock an vorwissen des rats
und pfarrers nimands geliehen und dasselb auf
tagzeit zu bezalen gesetzt werde.
Die schuld und ander einkommen treulich
einmanen und doch in dem der unvermogenden,
domit die über vorige ir not nicht beschwerlichen
übereilt, acht nemen.
Auf ergernus und untugent, heimlich und
offenbare, achtung geben und die zu weiter ab-
vormanung dem pfarrer oder diacon angeben.
 
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