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Wolgast, Eike [Editor]; Seebaß, Gottfried [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Editor]; Sehling, Emil [Bibliogr. antecedent]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (1. Band = 1. Abtheilung, 1. Hälfte): Die Ordnungen Luthers, die Ernestinischen und Albertinischen Gebiete — Leipzig: O.R. Reisland, 1902

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https://doi.org/10.11588/diglit.26586#0729
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162. Wittenberg. Kirchen-Ordnung für die Stadt Wittenberg. 1533.

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des catechismi und den befelch Christi von beden
sacramenten, darnach zu gebete vermanen.
Zur messen predigt der pfarrer das evan-
gelium von dem tage, darnach vermant er, zu
bitten fur alle stende und not ufs vleissigst.
Zur vesper predigt ein priester, was für guet
wirt angesehen aus der heiligen schrift oder die
epistel vom tage, darnach vermant er zum gebet.
i Alle heilige tage nach der hohen messen
reitet der vierte diacon, der sunderlichen zun
bauren und baurenkinder catechismo verordent ist,
auf die dorfer und predigt den leuten ausm cate-
chismo und sagt uf die feste die schlechte historien
oder evangelion vom feste. Und soll der catechis-
mus mit dem befelch Christi von der taufe und
sacrament stets nach der predigt ganz nach den
worten den leuten furgesagt werden. Darnach
soll man zum gebet vermanen etc. Aber fur und
nach solcher predigt soll der diacon mit den pauren
einen deutschen psalmen singen, so sollen die
paurn mit iren kindern und gesinde vleissig und
recht singen lernen, darzu kan sie der diacon auf
gelegen zeit wol vermanen.
Auch sollen die predigten aus der heiligen schrift
je vleissig gethan werden nach gelegenheit und
notturft der leute, das die lere christlich gehe,
wie im buch „unterricht der visitatorn“ be-
schriben ist.
An den werktagen des montags, dienstags,
donnerstags und freitags vor mittage auf gelegene
stunde soll ein priester predigen aus der heiligen
schrift, was den pfarrer guet dunket zu besserung
des volks. Darnach kurz zum gebet vermanen.
Zuletzt soll er anheben einen deutschen psalmen
oder lied zusingen mit den leuten bis zum ende.
So soll der custer darunden bei den leuten auch
helfen singen.
Am mittwoch auf solche stunde vor mittentage
soll der pfarrer predigen den evangelisten Mat-
theum nach einander bis auf die historien des
leidens Christi. Darnach zum gebet vermanen etc.
Darnach singen die schuler mitten in der kirchen
mit der gemein die deutschen letanien. Darauf
liset man ein collect sambt dem versikel, und die
kinder singen benedicamus domino etc.
Des sonabents unter der vesper soll der pfarrer
predigen den evangelisten Joannem nach einander
bis uf die historien des leidens Christi, er mag
auch wol sparn die historien vom Lazaro, vom
einzug Jesu zu Jerusalem, vom fusswaschen, bis
auf die marterwochen, wie auch im evangelisten
Matheo. Nach der predigt vermane man zum gebet.
Darnach singen die schuler im chor die latinisch
litanien und wirt beschlossen mit einem lateini-
schen versikel, collecten und benedicamus
domino etc.
Auf heilige fest abent soll es auch mit der

predigt dermassen gehalten werden, oder man mag
dann etwas vom fest predigen, vom gesang aber
soll hernach meldung geschehen.
Und wiewol aus furfallenden sachen man mag
ein zeit lang des mittwochs und sonabents andere
text der schrift furnehmen, das volk in sonder-
lichen notigen sachen zu unterrichten, so sollen
doch dise beide evangelisten ordinarie verordent
sein uf dise beiden predigten, wie berurt, und
also stets bleiben.
Uber das soll der catechismus sonderlich
viermalen des jars gepredigt werden, ein mal von
dem pfarrer und die ander drei mal von denen
dreien priestern. Darzue soll der pfarrer am vor-
gehenden sontag das volk vermanen, nemlich das
sie schuldig sein und verpflicht, ire kinder und
gesinde darzue zu senden, zum ersten in den ersten
zweien wochen des advents, zum andern in denen
ersten zweien wochen quadragesime, zum dritten
in der creuz- und nachvolgenden wochen.
Zum vierten in den negsten zweien wochen
nach der ernte, ehe man den hopfen abnimbt, als
am sontag vor Bartholomei mit den zwo volgenden
wochen, jedes mal acht tag predigen, nemlich des
montags, dinstags, donnerstags und freitags, in
beiden wochen nach mittentag zu gelegner stund
unter der vesper. Die vesper aber wirt dan ge-
teilt , fur der predigt gehet ein psalm, antiphon,
vier lection, wie gewonlich. Darnach gehen die
knaben mit dem lied dis sind die heiligen
zehen gebot in der schuler stul zur predigt,
wie sie am mittwoch und sonabent pflegen zuthun.
Nach der predigt singt man mensch, wiltu
leben seliglich etc., und mit dem letzten vers
gehet man in den chor. Darauf volget das magni-
ficat, latinisch antiphon, versikel, collect und bene-
dicamus domino. Konnen in solchen wochen des
catechismi die beiden gewonlichen predigten des
mittwochs und sonnabents durch den pfarrer oder
caplan geschehen, guet, wo nicht, so mugen sie
alsdan nach bleiben, bis des catechismi wochen
aus sind.
Weil auch unser gnedigster herr, der chur-
furst zuSachsen etc., auf dem schlos die zwen
prediger besoldet, die alle tage predigen oder
lection lesen, soll der pfarrer zusehen, dass die-
selben nichts anders denn was christlich aus gottes
wort leren. Ire predigten sollen des feiertags fur
unser messen, auf andere tag aber fur unser pre-
digt oder lection geschehen, so es nicht zufellige
not erfordert, umb unsers oder anderer fürsten
willen anders zumachen.
Unsere feste ane die sontag sind weinachten
drei tag, pfingsten drei tag, darüber neuen jahrs-
tag, epiphanie, purificationis, anunciationis, ascen-
sionis domini, Joannis Baptiste, visitationis und
Michaelis, in welchen man auch in der predigt
 
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