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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (1. Band = 1. Abtheilung, 1. Hälfte): Die Ordnungen Luthers, die Ernestinischen und Albertinischen Gebiete — Leipzig: O.R. Reisland, 1902

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https://doi.org/10.11588/diglit.26586#0730
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702 Die Kirchenordnungen. Die Städte und Ortschaften der ernestinischen und albertinischen Länder.

soll sagen, was die historien antrifft, sovil dann
zu nutz und besserung wirt erkant. Auch soll
man am gueten mittwoch, gründonnerstag, kar-
freitag und osterabent zwei mal predigen, fur und
nach mittag, die historien aldo geschehen und das
leiden Christi als unter der messe und vesper.
Auch soll in diesen vier tagen, wenn communi-
canten vorhanden sein, mess gehalten werden. In
dise predigten mag sich der pfarrer mit seinen
priestern schicken, so ers allein nicht thun kan.
Alsdann soll man auch des morgens fur der messen
und des abents nach der vesper noch zeit, so vil
von noten, in der kirchen peicht sitzen. Doch
darf in diesen vier tagen niemand feiern; allein
vleissig zur predig gehen, das ist christlich.
Auf alle feierabend nach der vesper und des
andern morgens frue nach der frue predigt soll
man in der kirchen beicht sitzen. Do soll der
vierte diacon auch vleissig helfen peicht hören,
sonst hat er sie in der stat ambts halben nichts
zuthun. Und so jemant zur peichte kombt, der
etlicher sachen halben langen bericht begert oder
bedarf, den bescheide man auf ein sonderliche
zeit, dass seinthalben die andern nicht verhindert
werden, dass man auch aldo nicht dorfe jederman
ein sonderliche predigt thuen, dieweil von gottes
gnaden fur gelerte und ungelerte besondern aus
dem catechismo sovil gepredigt wirdet. So auch
gar unverstendige kommen, dieselbige vermane
man nach irer gelegenheit, dass sie erstlich den
catechismus lernen, den man alle sontag und sonst
vier malen des jars vleissig predigt. Wer solchs
verachtet, der verachte immerhin. Auch ist ein
iglicher schuldig, die seinen doheim zu unter-
richten. Dann solche ungeschickte leute haben
das wort gottes veracht und kommen nicht zu
peichten, sonderlich allein die priester unnutzlich
und vergeblich zu beladen. Wurd auch mit solcher
weis aus der christlichen peicht nicht anderst dan
ein priester marter, nue die andern leute von der
pfaffischen marterbeicht gefreiet sein.
Die priester wenn sie ein mal zu einem
kranken, beicht zu hören und sacrament zu reichen,
gefordert werden, sollen sie darnach ofte, nem-
lich alle tage oder umb den andern oder dritten
tag nach gelegenheit denselben kranken visitirn
und ihm mit dem gottlichen wort trostlich sein,
bis er sterbe oder wider zu lebens hoffnung kombt.
Es were den, dass der kranke jemant bei oder
umb sich hette, der ine trosten konte, alsdan were
solcher visitation nicht von noten. Man darf auch
nicht besuchen die, so stete krankeit haben oder
sie sein one far des todes, so man dohin nicht
sonderlich gefordert wird. Aber in die hospital
sollen sie zweimal in der wochen gehen, wen sie
wollen, und die leute, so nicht ausgehen konnen,
neben den andern zusamen unterrichten aus dem

catechismo, wie es solchen armen leuten und
kranken dienet.
Zu allen predigten auf den dorfern, wie ob-
bemeldt, soll der pfarrer dem vierten diacon ein
pfert bei ime oder anderswo bei einem burger
halten auf gewisse bestimbte zeit, wie hievor ge-
schrieben. An solcher gnad sollen sich die paurn
benugen lassen, welche inen vor zeiten nicht
widerfarn ist, wiewol auch hieher in die stat zur
predigt kommen sollen, welche konnen. Aber zu
iren kranken sollen die pauern unverseumlich
sein, einen caplan von den dreien mit einem
wagen aus der stat zu holen und alsdann bald
nach seinem gefallen wider heimfuren. Wenn
aber ein kranker bei einem kossaten oder einem
andern, der nicht pfert hat, were, soll ime ein
ander, der pferte hat, solchs bald ausrichten umb
gottes willen. Daruber soll sich der richter mit
den bauern vertragen, das hierinne kein ver-
seumbnus geschehe, oder sollen der richter mit
den baurn darumb gestraft werden. Dan der
pfarrer soll gar nicht schuldig sein, fur der baurn
kranken ein pfert zuhalten, weil es auch nicht
geschehen kan. Dan es kan sich zutragen, dass
uf einen morgen oder nach mittentag aus dreien
oder vier dorfern priester zu kranken gefordert
werden, alsdann must man wol vier pfert halten,
oder wurde das verseumbnus dem pfarrer zu-
gerechent. Darumb soll, wie obbemelt, der pfarrer
nicht schuldig sein zu der baurn kranken ein
pfert zu halten, sondern die baurn sollen, wie
gesagt, einen priester selbs holen mit iren eigen
wagen. Doch also, dass die drei priester bereit
sein, wenn sie in solchen noten mit den wagen
gefordert werden. Die kranken aber, denen es
darnach zu visitirn von noten ist, soll schuldig
sein der vierte diacon zu visitirn allein dann,
wenn er mit der predigt ins dorf kombt mit des
pfarrers pferde. Es were dan, dass dieselben
kranken auf ein ander mal einen priester mit iren
wagen holeten und forderten, so soll einer von
den andern drei priestern willig und bereit sein,
den kranken zutrosten.
Der vierte diacon soll die kranken bauern
noch peicht horen, noch sacrament reichen, das
ist, er soll darzu nicht verbunden sein, sondern
die andern drei diacon. So aber not furfiele,
mag er solchs wol thun. Wenn aber pestilenz in
ein oder mehr dorfer kombt, so soll der vierte
diacon do allein die kranken peicht hören und
sacrament geben, dass nicht die andern drei diacon
die pestilenz unters volk in die stat brengen.
Dann man ires dienstes in der stat nicht ent-
peren kann.
Die andern drei diacon, wenn sie zu kranken
baurn werden geholt, sollen vleissig fragen, wie
sich der vierte diacon mit seinem predigtampt bei
 
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