Metadaten

Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (1. Band = 1. Abtheilung, 1. Hälfte): Die Ordnungen Luthers, die Ernestinischen und Albertinischen Gebiete — Leipzig: O.R. Reisland, 1902

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.26586#0734
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
706 Die Kirchenordnungen. Die Städte und Ortschaften der ernestinischen und albertinischen Länder.

lere, und demselben seine behausung uf dem kirch-
hof erbauet.
Die junkfrauen sollen in die schule kommen
allein an werktagen morgens, so man zur predigt
leutt, so lang bis man zu tisch bleset ungeferlich.
Und soll der schulmeister oder gehulfe dabei sein
und die junkfreulen, so lesen konnen und sich
uben sollen, verhoren und die andern hernach
auch lesen lernen und sie auch widerumb ver-
horen.
So1) soll der custer, der dem schulmeister
zum gehulf verordent, so er in der kirchen sein
ambt ausgericht hat, auch in die schul komen und
dem schulmeister helfen, dieweil einer so vil
junkfraulein nicht wol allein kan verhoren.
Nach 1) mittentag sollen die junkfrauen, so es
zwelf schiegt, in die schul kommen. Da sollen
erstlich die jenigen, so lesen konnen, zuschreiben
angehalten werden bis schir zu zweien. Darnach
sollen sie alle mit einander lernen singen psalmen
und andere geistliche gesenge. Es soll auch den
jenigen, so lesen konnen, die scola musicalis fur-
gemalt werden, dass sie etlicher mass lernen so-
lemnisiern.
Mit der zeit soll man sie auch lernen die
ciffern und etwas von der arithmetica.
Mittwochs und sonabents sollen die junk-
frauen nach mittentag frei sein, und allein morgens
in die schul komen, da beten zulernen catechis-
mum und andere nutzliche spruche oder kurz
psalmen.
Des heiligen tags sollen die junkfrauen ganz
frei sein von der schule.
Und in welchen buchern die junkfrauen lesen
und geubt sein sollen, davon soll der schulmeister
den herrn pfarrer, als den superattendenten der
schulen, rat fragen.
Es soll auch sonder achtung darauf gegeben
werden, dass der schulmeister und sein gehulfe
zuchtiglich und sittiglich handeln. und so es die
not fordert, die junkfrauen ane zorn und sine
sevicia messiglich und sanft strafen. Und so es
nach gelegenheit der zeit furfallen wird, was zu
jeder zeit zu thun von noten sein wurde und hie
in Stellung diser ordnung nicht gedacht ist, dar-
umb soll der schulmeister alle zeit den herrn
pastor rat fragen und onen seinen rath nichts
furnehmen.
Lateinisch knaben schul.
Die lateinisch knaben schul ist und soll be-
stallt werden mit einem magister, dreien coadju-
vanten nach erheischung und anzal der schuler.
Derselben person befelch soll sein, sich der

1) Diese beiden Absätze fehlen in M. offenbar durch
Schuld des Schreibers; der Platz ist offen gelassen.

schueler mit vleissiger sorge anzunehmen, ihre
unterweisung und erudirens nach der knaben ge-
schicklickeit die unterscheid und ordnung, wie
hernach volget, zuhalten.
Am werktage morgens sollen die knaben im
sommer in medio sextä so man leut, winter in
medio septimä, auch so man leut, in die schul
komen, darinnen, bis man zu tisch blest, bleiben,
allein in die kirchen sollen sie gehen und her-
nach wider in die schul laut der ordnung der
cerimonien in der kirchen, wie obberurt.
Und dieweil drei classes sind, soll es also
gehalten werden.
Zuvor ehe man in die kirchen gehet, sollen
erstlich vor der lection die knaben mit einander
orationem matutinam sprechen und darnach veni
creator spiritus singen. Darnach soll der
supremus in summa classe Terentium auf einen
tag exponiren und negsten tag hernach reposciren,
und alsdan constructiones und declinationes horen.
So Terentius aus ist, mag man etlich Plauti fabu-
las oder de amicitia Ciceronis nemen.
In secunda classe soll der schulmeister den
Cato auf einen tag exponiren und den andern tag
reposciren und alsdann auch declinationes horen.
Wen Cato einmal aus ist, soll man fabulas Esopi
furnehmen, und sollen also dise zwei puchlein in
secunda classe bleiben, so eins ganz aus ist, dass
man das ander furnehme.
Auch sollen alsdann die elementarii verhort
werden durch den cantorem.
So man wider aus der kirchen kombt, sollen
summa und secunda classes conjungirt werden,
und sollen die knaben in summa classe etymolo-
giam memoriter recitiren. Darnach soll der schul-
meister solchs declarieren mit exempeln, dass bede
classes zuhoren, obwol die secunda classis solchs
nicht aussen recitirt.
Die elementarii, so man aus der kirchen
kombt, sollen abermal durch den tertium verhort
werden.
Nach mittentag hora 12, sobald man in die
schul kombt, sol man erstlich singen veni
sancte spiritus. Darnach soll die musica
durch den cantor mit der summa und secunda
classe geubet werden, also dass man gegen den
festen die gesenge ubersinge, aber sonst in der
wochen, wenn es muglich, dass man nicht mit
dem kirchen gesang zuthun hat, soll man artem
lernen.
Dieweil dise singen, sollen die elementarii
durch den schulmeister verhort werden.
Hora prima sollen die knaben in summa
classe zwen tag syntaxim memoriter recitirn dem
supremo, welcher dann die regeln declarieren
soll etc. Die andern zwen tage bucolica Virgili
vel Mantuani vel Heroides Eobani horen.
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften