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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]; Arend, Sabine [Bearb.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (10. Band = Hessen, 3): Die Grafschaften Nassau, Hanau-Münzenberg und Ysenburg — Tübingen: Mohr Siebeck, 2012

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https://doi.org/10.11588/diglit.30290#0061
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Einleitung

In den 1520er Jahren lässt sich in Nassau-Weilburg eine reformatorische Bewegung erkennen, und seit
dieser Zeit war auch Graf Philipp III. der neuen Lehre zugetan. Gemeinsam mit seinem Hofprediger Hein-
rich Stroß197 begann er 1526, die Reformation in Nassau-Weilburgeinzuführen.198 Im gleichen Jahr berief er
den evangelischen Prediger Erhard Schnepf (1495-1558) aus der Reichsstadt Wimpfen nach Weilburg, der
hier zwei Jahre lang als leitender Theologe tätig war, bevor er an die Universität Marburg ging.199 Heinrich
Stroß wurde nun der führende Kopf der Nassau-Weilburger Reformation, und Philipp III. beauftragte ihn
1536 mit der ersten Visitation des Landes.200 Stroß blieb bis zu seinem Tod 1543 Superintendent des Landes,
sein Nachfolger sollte Kaspar Goltwurm201 werden. Goltwurm kam 1546 als Hofprediger nach Weilburg,
zwei Jahre später erhielt er das Superintendentenamt, das er mit Unterbrechung durch das Interim bis zu
seinem Tod 1559 innehatte.202
1546 erarbeitete Kaspar Goltwurm gemeinsam mit dem Dillenburger Superintendenten Erasmus Sar-
cerius Entwürfe für eine Kirchen- und eine Stipendiatenordnung aus, die jedoch beide nicht in Geltung
traten.203
30. Ordnung des Almosenkastens 17. Januar 1533 / 27. April 1554 (Text S. 204)
Zu den wenigen bekannten Quellen, die die Einführung der Reformation in Nassau-Weilburg dokumentie-
ren, gehört eine Ordnung des Almosenkastens, die für das Kondominat des Hüttenbergs, für Kirchberg und
Großenlinden bestimmt war.
Die Ordnung, die 1533 erstmals erlassen und 1554 erneuert wurde, hält in knappen Sätzen fest, welche
Einnahmen in den Kasten fließen und welche Ausgaben die Kastenmeister daraus bestreiten sollten.204
Der Text ist nicht im Original überliefert, sondern lediglich in Kaspar Goltwurms Tagebuchaufzeich-
nungen. Aber auch dieses Tagebuch, das Max Ziemer in den ersten Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts noch
vorlag, ist heute nicht mehr erhalten. Ausgehend von Ziemers Veröffentlichung in einem Periodikum,205
nahm Winfried Frey 2011 einen weitgehend unveränderten Nachdruck vor, der unserer Edition als Text-
vorlage dient.206
In der Forschung zur Nassau-Weilburger Reformationsgeschichte wird immer wieder erwähnt, dass
Graf Philipp III. am Freitag nach dem Antoniustage 1533 eine Kirchenordnung veröffentlicht habe, die
jedoch nicht erhalten sei.207 Für die vorliegende Ordnung des Almosenkastens gab Goltwurm Anno 1533

197 Zu Heinrich Stroß siehe May/Schmidt, Reformations-
Büchlein, S. 20; Eichhoff, Kirchen-Reformation,
S. 23, 50; Schliephake/Menzel, Geschichte 6, S. 211.
198 Hatzfeld, Reformation, S. 92; Weiss, Einführung,
S. 11; Reu, Quellen, III, 1, S. 1223*f.; Nebe, Zur
Geschichte 1863, S. 24f.; Schliephake/Menzel,
Geschichte 6, S. 211.
199 Peters, Sarcerius, S. 26; Hartmann, Schnepf,
S. 11-18; Schmidt, Reformator, S. 31-37; KNODT, Die
von den Grafen, S. 13; May/Schmidt, Reformations-
Büchlein, S. 13-22; Eichhoff, Kirchen-Reformation,
S. 28-50; Nebe, Zur Geschichte 1863, S. 26-31; Schlie-
phake/Menzel, Geschichte 6, S. 212.
200 Der Visitationsauftrag an Heinrich Stroß ist abgedruckt
bei Eichhoff, Kirchen-Reformation, S. 52-55; die Visi-
tationsprotokolle ebd., S. 55-58; vgl. auch Nebe, Zur
Geschichte 1863, S. 32f.; May/Schmidt, Reformations-
Büchlein, S. 22f.; Reu, Quellen III, 1, S. 1224*; Rein-
hardt/Schnabel-Schüle, Repertorium, S. 148
(WEIL 1); Fritzemeyer, Ausbildung, S. 96f.
201 Zu Kaspar Goltwurm siehe Fuchs, Goltwurm, in:

BBKL 23 (2004), Sp. 542-543; Siller, Goldwurm;
Nebe, Zur Geschichte 1863, S. 35f.; Eichhoff, Kir-
chen-Reformation, S. 69-90, 100-103, 113-116; May/
Sciimidt, Reformations-Büchlein, S. 27f.
202 KNODT, Die von den Grafen, S. 15, 18; Schliephake/
Menzel, Geschichte 6, S. 340f.
203 Peters, Sarcerius, S. 40; Reu, Quellen III, 1, S. 1224*;
Nebe, Zur Geschichte 1863, S. 36f.; Fritzemeyer,
Ausbildung, S. 100; Eichhoff, Kirchen-Reformation,
S. 75-80; Grün, Zur Geschichte, S. 256f.
204 Abicht, Wetzlar 3, S. 190; Jacobson, Geschichte,
S. 634; Schliephake/Menzel, Geschichte 6, S. 230f.
205 Nassovia. Zeitschrift für nassauische Geschichte und
Heimatkunde 29-31 (1929-1931), siehe Frey, Tage-
buch.
206 Frey, Tagebuch, S. 233-321.
207 KNODT, Die von den Grafen, S. 13; Schnell, Kirchen-
ordnungen 1930, S. 55; Nebe, Zur Geschichte 1863,
S. 32 und Anm. 4; Eichhoff, Kirchen-Reformation,
S. 52; Reu, Quellen, III, 1, S. 1224*; Schmitz, Das
kirchliche Leben, S. 79.

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