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Wolgast, Eike [Editor]; Seebaß, Gottfried [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Editor]; Arend, Sabine [Oth.]; Sehling, Emil [Bibliogr. antecedent]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (10. Band = Hessen, 3): Die Grafschaften Nassau, Hanau-Münzenberg und Ysenburg — Tübingen: Mohr Siebeck, 2012

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https://doi.org/10.11588/diglit.30290#0064
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Nassau

Landesteilen nicht unterband. Die liberale Haltung Johanns III. lässt den Schluss zu, dass die neue Lehre
auch in Nassau-Saarbrücken immer mehr Anhänger fand, die vermutlich ebenfalls die Pfalz-Zweibrücker
Kirchenordnung von 1557 verwendeten.227
Johanns III. offene Haltung gegenüber den Evangelischen in seinem Land wird auch durch das Fehlen
legitimer Nachkommen bestimmt gewesen sein, denn der Erbfall des Territoriums an die evangelischen
Vettern in Weilburg zeichnete sich bereits früh ab und 1563 wurde er testamentarisch festgelegt: Johann III.
übergab die Verwaltung Saarwerdens sowie des Kondominats Lahr-Mahlberg schon 1571, also drei Jahre
vor seinem Tod, seinen Vettern von Nassau-Weilburg.228
Johann III. von Nassau-Saarbrücken starb am 23. November 1574 - sein Landesteil fiel an die Grafen
Albrecht II.229 (1537-1593) und Philipp IV.230 (1542-1602) von Nassau-Weilburg, die ihn unter sich auf-
teilten: Albrecht II. erhielt Weilburg, Löhnberg, Philippstein und Hausen, Ottweiler, Homburg, Kirchheim,
Lahr und Mahlberg. Philipp IV. bekam rechtsrheinisch Schloss und Amt Weilnau, Kleen und Kleeberg,
linksrheinisch die Grafschaft Saarbrücken mit der Vogtei Herbitzheim und die Grafschaft Saarwerden.
Weitere rechtsrheinische Besitzungen blieben im Besitz beider Grafen.231 Sie führten nun im gesamten
linksrheinischen Teil ihres Landes die neue Lehre ein, die hier ja bereits seit dem Augsburger Religionsfrie-
den - von Graf Johann III. geduldet - zahlreiche Anhänger gefunden hatte.
Am 1. Januar 1575 untersagte Philipp IV. in der Grafschaft Nassau-Saarbrücken die Messfeiern und
ordnete evangelische Predigtgottesdienste an.232 Er beauftragte außerdem seinen Hofprediger und Superin-
tendenten Gebhard Beilstein233 mit der ersten Visitation. In Ottweiler hatte Albrecht II. Laurentius Ste-
phani234 als leitenden Theologen angestellt, den er im Juni 1575 ebenfalls anwies, eine Visitation durchzu-
führen.235

32. Kirchenordnung 1574/1576 (Text S. 208)
Mitte der 1570er Jahre wurde für die Grafschaft Nassau-Saarbrücken eine umfassende Kirchenordnung
erlassen, deren Entstehung auf die Reformation im Weilburger Landesteil, genauer in dem von Nassau-
Weilburg und Hessen gemeinsam verwalteten Hüttenberger Land, zurückgeht. Für dieses Kondominat
hatten Philipp I. von Hessen und Philipp III. von Nassau-Weilburg am 3. September 1555 gemeinsam eine
Kirchenordnung erlassen.236 Nach der Teilung der hessischen Landgrafschaft 1567 ließen Ludwig IV. von
Hessen-Marburg und Albrecht II. von Nassau-Weilburg eine neue Kirchenordnung erarbeiten, die schließ-
lich 1574 im Kondominat Hüttenberg eingeführt wurde.237 Diese Ordnung wurde mit einigen Veränderun-

stadt Weißenburg, Adam, Kirchengeschichte, S. 388.
227 Herrmann, Reformation, S. 55, 62, 64, 69; Pfeiffer,
Reformatorische Bewegung, S. 1-11; Bonkhoff, Pro-
testantismus, S. 105-118; Conrad, Umstrukturierung,
S. 49-51; Schmitz, Das kirchliche Leben, S. 19-28, 40,
50-59.
228 Adam, Kirchengeschichte, S. 233f„ 237f.; Cuny, Refor-
mation, S. 62-64; Herrmann, Reformation, S. 48-59;
Pfeiffer, Reformatorische Bewegung, S. 4; Schlie-
phake/Menzel, Geschichte 6, S. 350. Zu Johanns III.
Testament von 1563 siehe Pfeiffer, Bedeutung,
S. 93-99; Bergholz, Sendbrief, S. 176f.
229 Zu Albrecht II. von Nassau-Weilburg siehe Ruppers-
berg, Geschichte I, S. 25-38; Schliephake/Menzel,
Geschichte 6, S. 340-396; Schmitz, Das kirchliche
Leben, S. 60-74.
230 Zu Philipp IV. von Nassau-Weilburg siehe Ruppers-
berg, Geschichte I, S. 1-25; Schliephake/Menzel,

Geschichte 6, S. 340-396; Schmitz, Das kirchliche
Leben, S. 60-74.
231 Herrmann, Reformation, S. 61.
232 RICHTER, Saargebiet, S. 70.
233 Zu Gebhard Beilstein (☨1613) siehe Börst, Die evan-
gelischen Geistlichen, S. 43f.
234 Zu Laurentius Stephani (um 1535-1616) siehe Klein,
Stephani, S. 96-113; Diehl, Reformationsbuch,
S. 306f.; Eichhoff, Kirchen-Reformation, S. 110, 116f.;
RICHTER, Saargebiet, S. 45.
235 Klein, Stephani, S. 103f„ 113; Schliephake/Men-
zel, Geschichte 6, S. 355. Ein Visitationsprotokoll
druckt Zillessen, Zur Geschichte, S. 68-77.
236 Abicht, Wetzlar 3, S. 200; Jacobson, Geschichte,
S. 636. Die 15 Punkte dieser Ordnung paraphrasieren
RICHTER, Kirchenordnungen II, S. 162f. und Abicht,
Wetzlar 3, S. 200f.
237 Der Text dieser Ordnung ist nicht erhalten, Jacobson,

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