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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]; Arend, Sabine [Bearb.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (10. Band = Hessen, 3): Die Grafschaften Nassau, Hanau-Münzenberg und Ysenburg — Tübingen: Mohr Siebeck, 2012

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https://doi.org/10.11588/diglit.30290#0087
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2. Kirchenordnung [1537]

stendiger christenmentschs solich ubungen in der
kirchen nymmermher, wan ers selbs hort unnd sicht,
mit warheit schelten noch straffen, ja er muß sie
vilmeher loben und weit uber die winckelmessen set-
zen unnd achten, dweil sie vil meher andacht auf
ir31 tragen weder32 dye besonder messen. I 8v |
Das furnemste stuck, so der gemain, ainfaltig
man von solichen heimlichen messen hat, ist, das er
das sacrament, wen der priester auffhept, mit einer
fliegenden, kurtzwerenden andacht ansieht unnd
wieder davon leufft, wiewol es doch von Christo
nicht umb sehens, sonder essens und drinckens wil-
len, wie die wort lauten33, ingesetzt ist. So wirt auch
fur ein gereisch und thon der stymmen, alda gehort,
[3.] Von
Man soll auch niemantz zum hailigen sacrament ge-
hen lassen, wie oben im zweitten artickel gesagt,
dan er hab furhin sein beicht g[e]than unnd sey von
seinem pharhern oder prediger, dem das bevolen ist,
verhort, ob er zum hailigen sacrament zugeen ge-
schickt sey, auff das nit durch verseumbnis etlich
unwirdig unnd zur verdambnis I 9r | zum sacrament
gehen, dan Paulus spricht, 1. Cor. xi [27], das die
schuldig seint an dem leib unnd bluet Christi, die es
unwirdig nemen. Nun uneren das sacrament nit al-
lein die, die es unwirdig nemen, sonnder auch, die es
mit unfleis unwirdigen geben. Unnd damit sich das
volck solichs anzeigens unnd beichtens nit be-
schweren, sollen sie die pharher unnd prediger von
der beicht wol underrichten unnd inen anzaigen,
wievil nutzes, trostes, stercke unnd nottiges kost-
lichs dings darin sey, das man irer deshalb in der
kirchen nit entraten konne, ob sie gleich durch got-
lich gesetz von uns nit erzwungen wirt.
Erstlich umb der absolution willen, das sie der prie-
ster alda in der beicht frey spricht unnd an Gottes
stat loeßsagt von allen iren sunden, welchs so vil ist,
als wan sie Gott von iren sunden selbs loeßsagte,
dan Gott redt nit selbs vom hymel herab mit unns.
31 Sich.
32 Als.
33 Lk 22,19-20; 1Kor 11,23-25.

weiter kein gotlich wort noch gebet verstanden, dan
es get alles haimlich oder in lateinischer sprachen
zu, der der gemein, unglert man nit verstet. Dar-
umb kan es ime auch nicht fruchtbarlich, besserlich
noch trostlich sein. Aber hie (wens wie oben gesagt
gehalten wirt) kan es nicht on frucht abgeen, da
hort man psalmen und lobseng, lection und evan-
gelion, predigen und gemein gebet fur die oberkeit
und gantz christenhait, dancksagung unnd Gottes
segen, und das alles in seiner angeborn muterlichen
sprach, das ers verstehen, sich darvon bessern, freu-
wen, trosten unnd, wie Paulus spricht34, darzu amen
sagen kann.

der beicht
Darumb hadt er die schlussel zum hymel unnd den
gewalt, die sunde zuvergeben, der kirchen und
christlichen gemein verlassen35, unnd die kirch das
iren dienern bevolhen. Damit aber niemant zweivel
an dem gewalt der schlussel, so stet geschrieben im
Joanne36: Der her Jhesus bließ sein jungern an unnd
sprach zu inen: Nemet hyn den hailigen gaist. Wel-
chem ir die sunde vergebt, dem seint sie vergeben,
unnd welchem ir sie behaltett, dem seint sie behal-
ten. Auß diesen worten kan man je wol versteen, das
alle kirchendiener, so in der aposteln ambt steen,
von dem herren Christo volligen gewalt haben, die
sunde zuvergeben, auch, wie ein hoch, kostlich unnd
trostlich ding es ist umb die absolution, nemblich
das sie nit des gegenwertigen mentschen stym oder
wort, sonnder Gottes, der die sunde vergibt, selbs
wort sey, dan sie wirt an Gottes stat unnd auß Got-
tes bevelche gesprochen.
Darumb sollen die prediger das volck mit fleis
underrichten, I 9v | wan sie ein erschrocken gewissen
haben unnd ir sunde druckt, das sie dan zu den geen,
die von Christo bevelch haben, den leuten ir sunde
zuvergeben, unnd derselbigen ainem ir sunde unnd
anliegen bekennen unnd klagen, unnd in bitten, das
er nach dem bevele Christi inen vergebung der sun-
34 1Kor 14,16.
35 Überlassen.
36 Joh 20,22-23.

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