Evangelische Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts

Nassau-Weilburg

Darumb auch von unsern Superintendenteno die
Synodi eines jeden jarsp gehalten, und auff densel-
ben Synodis wie auch auff den järlichenq Visitatio-
nen neben verrichtung anderer je bißweilen nach ge-
legenheit vorfallender Kirchen Sachen fürnemlichen
von ermeldten unsern Superintendentenr dahin mit
treuwem fleiß gesehen werden sol, daß der Consens
und Einhelligkeit | A4v | in der Lahr under allen Pre-
dicantens dieser unser Lande und Gebiete hinfüro
weniger nicht, als bißhero beschehen, nach aller
müglichheit erhalten werde.
Wofern aber unsere Superintendentent befünden,
daß ein oder mehr Predicantenu von diesem einhel-

ligen Consens abwichen, sich in unnötigs Gezänck,
diser unserer Verordnung zu entgegen, eynliessen
oder sonst besondere neuwe Opinionen oder unreine,
ärgerliche Lehr vorgeben, den oder die sollen sie,
vdie Superintendentesv, erstlich privatim und, da
solches vergebens, folgends vor dem Synodo hiervon
abzustehen treuwlich vermahnen.
Endtlichw, da diese Vermahnung nicht früchten
wil, so sol dasselbige uns fürbracht werden, da-
rinn ferrner nach befindung entweder mit beurlau-
bung oder sonst gebürender weiß zu statuiren ha-
ben. i B1r |

xVon der Predicanten Leben und Wandel

Dieweil auch von nöten unnd einem Christlichen
Lehrer anstehet, daß er eines erbarlichen, auffrich-
tigen und unsträfflichen Lebens, Wesens und Wan-
dels sey und seinen Pfarrkindern mit gutem Exem-
pel vorgehe, damit er nicht mit bösem, ärgerlichen
Leben dasjenige wider zerstöre, was er mit guter
Lehr erbauwet hat, So setzen, ordnen unnd wöllen
wir, daß unsere Superintendenten auff alle unnd
jede Pfarrherrn ein fleissige inspection und auff-
merckens sowol in den järlichen Visitationen als
sonst haben sol[len], wie sie sich in irem Ampt hal-
ten unnd was sie für ein Leben führen. Da dann bey
einem oder mehr einiger straffbarer fehl oder mangel
erfunden würde, Als wann sie ire gewöhnliche Pre-
| B1v | digten, Administration der Sacramenten, Vi-
sitation der Krancken oder Kinderlehr verseump-
ten, in neidt, hassz, geitz, hurerey oder füllerey leb-
ten, unzüchtige wort oder geberde führten, mit
leichtfertigen Leuten sich behiengen9 oder solches
iren Weib, Kindern und Gesinde verstatteten und
nachsehen, Sich in Politische Gezänck und Hader-
sachen mengten unnd was der dingen mehr seyn, die
einem Predicanten seines Beruffs und Ampts halber
o KO 1618: Superintendenten und Inspectorn.
p KO 1618: jars unnachlässig.
q Fehlt KO 1618.
r KO 1618: Superintendenten und Inspectorn.
s KO 1618: Predigern unnd Kirchendienern.
t KO 1618: Superintendenten und Inspectorn.
u KO 1618: Prediger.

nicht anstehen und zu öffentlichem ärgernuß der
Gemein gereichen, So sollen unsere Superintenden-
tes dieselben erstlich privatim, folgends auff den
Synodis in gegenwertigkeit etlicher anderer Predi-
canten deßhalben zur besserung adhortiren und ver-
mahnen unnd, da ein solche vermahnung nicht helf-
fen will, denselben an iren Jarbesoldungen etwas, es
sey an Frucht oder Gelt, nach gelegenheit der uber-
fahrung abziehen und es armen Leuten außtheilen
lassen, Deßgleichen nach gelegenheit der uberfah-
rung sie in die Kirchen oder andere | B2r | örter zu-
bestricken10, Auch endtlichen, woferrn dieselbige
Straff nicht frucht schaffen wolt, solche incorrigibi-
les entweder ad tempus suspendiren oder auch nach
gelegenen sachen und mit raht und approbation deß
Synodi gantz ab officio removiren.
Was aber delicta graviora, als criminal Sachen,
die ein Leibstraff auff sich hetten, betrifft, die wöl-
len wir uns von Obrigkeit wegen zustraffen hiermit
fürbehalten haben. Darumb auch unsere Beampten
eines jeden orts macht haben sollen, nach denen
Predicanten, die dergleichen Laster, so, wie obste-
het, straff deß Lebens auff sich trügen, wircklich
v-v Fehlt KO 1618.
w KO 1618: Endtlich aber.
x-x Fehlt KO 1618.

9 Einließen.
10 Ihnen die Mobilität nehmen, sie an einem Ort fixieren,
vgl. Grimm, DWb 1, Sp. 1685.

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