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Wolgast, Eike [Editor]; Seebaß, Gottfried [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Editor]; Arend, Sabine [Oth.]; Sehling, Emil [Bibliogr. antecedent]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (10. Band = Hessen, 3): Die Grafschaften Nassau, Hanau-Münzenberg und Ysenburg — Tübingen: Mohr Siebeck, 2012

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https://doi.org/10.11588/diglit.30290#0255
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32. Kirchenordnung 1574/1576

Christi wacker seyen und betten, uns mit stetiger
betrachtung Göttliches worts und ernstlicher anruf-
fung Göttlicher gnade und beystandt des heiligen
Geistes vor allem ergernus und offentlichen sünden
hüten und vorsehen und, da wir etwa, durch unsere
schwachheit und des Teuffels betrug übereilet105, in
sünde und ergernus gerahten weren, uns zu warer
buß und bekerung zu Gott begeben, umb verzeihung
unserer sünden und abwendung oder milterung der
verdienten straff unsern treuwen, gnedigen Gott
von hertzen bitten, αderhalben werden nicht allein
in allen vorbemelten versamblungen die Christen zu
warer bußfertigkeit vermanet und Gottx umb ver-
gebung der sünden und abwendung alles jamers ge-
betten, sondern es seind auch gewisse tag darzu al-
lein bestimpt und verordnet, das die gantze gemeine
in Stedten und Dorffen zusammenkomme, sich ihrer
sünden und Göttliches zorns errinnere, zu Gott mit
bußfertigem, gleubigen hertzen sich kehre und in
umb alles, das uns angelegen ist, beyde, die seel und
deny leib betreffendt, anruffe und bitte.
Dieses geschicht auff zweyerley weise: Erstlich
seind ordentliche Bettage, die stetiges durchs gantze
jar uber gleich gehalten werden, da dann alle vier
wochenß z die gantze gemeine in Stedten und Dörf-
fen ades Mitwochens oder Freitagsα zusammen-
kompt, Gottes wort anhöret und betrachtet und
Gott umb alles, das | M2r | zu seiner lieben kirchen
wolfart notwendig seyn will, bittetb. Diese versam-
blungen zum gebet söllen nimmer underlassen, son-
dern jederzeit gleich und auff einen tagc an allen or-
ten ohn einige hinderung und verzug gehalten wer-
dend. Darnach seind besondere Bettage, so ausser-
halb jetzt gemeldter Ordenung, wann etwa ein son-

α 1609: Ad poenitentiam.
ß 1609: Vier wochen.

x Fehlt Agende 1618.
y Fehlt Agende 1618.
z Agende 1618: wochen uff vorgehende Verkündigung, so
der Pfarrer den Sontag zuvor von der Cantzeln thun
solle.
a-α Fehlt Agende 1618.
b Agende 1618: bittet. Von Monatlichen Bettagen.
c Agende 1618: tag, nemblich Freytags in der Wochen,
wann das newe Liecht [=Neumond] oder wenn ein Fey-
ertag in solcher Wochen einfället, alsdann.

derliche gemeine noth oder anligens vorhanden, ent-
weder in gemein durchs gantze landt oder aber ahn
einem besondern orth angestellet werden. Diesee sol-
len nicht jederzeit, auch nit von einem jeden Pfarr-
herrn nach seinem gutdüncken, sondern allein, wann
ein gemeine straff und ungemach, als Pestilentz,
Krieg, Tewrung etc., vorhanden, auff bevelch der
Superintendenten, die sich dißfals mit irer Christli-
chen Obrigkeit zu besprechen und zu vergleichen
haben, angesetzt unnd fürgenommen werden.
An solchen gemeinen, ordentlichenf und besondern
Bettagen wirdt alles in Christlichen versamblungen
verhandlet wie folgt:
I. Erstlich wirdt gein Psalm oder zwen gesungen,
biß solang die gantze gemeine zusammenkomptg
Das soll aber sein ein Bußpsalm oder Bettpsalm,
und soll in sonderheit der 51. Psalm undh das Vatter
unser, wie die in gesangsweise verfasset106, hierzu
offtmals und gemeinlich gebraucht werden.
II. Darnach soll die Predigt volgen. Darzu mö-
gen | M2v | die Pfarrherrn einen Busse- oder Bet-
psalmen, einen Propheten oder sonst einen gewissen
Text oder ein eigens kurtzes Buch auß dem alten
oder neuwen Testament erwehlen, darauß sie, für-
nemlich zur Christlichen Busse und Bekehrung zu
Gott, on welche unser Gebet nicht erhöret wirdt,
ernstliche unnd treuwe erinnerung unnd vermah-
nung zu thun ursach haben kündten. Und sollen alle
diese Predigten dahin gerichtet seyn, daß die Ge-
meine zu warer 'ihrer Sünden erkanntnußi, zu rech-
ter bekehrung, glauben unnd gehorsam gegen Gott
fleissig angehalten und, wie sie recht betten sollen,
nottürfftiglich berichtet und underweiset werden

d Agende 1618: werden. Von extraordinari Bettagen.
e Agende 1618: Diese aber.
f Agende 1618: ordentlichen Monatlichen.
g-g Agende 1618: ein Christlicher Gesang oder Psalm gesun-
gen.
h Agende 1618: oder.
i-i Agende 1618: Erkantnus irer sünden.
105 Überfallen.
106 Zur Vertonung von Ps 51 vgl. Benedict Thaurer: Gott
sey mir gnedig, Wackernagel, Kirchenlied IV,
S. 550; Luther: Vater unser im Himmelreich, AWA 4,
Nr. 35.

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