Evangelische Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts

32. Kirchenordnung 1574/1576

not dises kindlein seiner art und natur halben ste-
cket, Nemlich, das es sey ein kindt der sünden, des
zorns und ungnad, und das ime nit anderst geholffen
werden möge, denn das es durch den Tauff auß Gott
new geborn und von Gott an eins kinds stat von
wegen unsers Herrn Jesu Christi angenommen wer-
de.
Hierauff, so wöllet euch dises gegenwertigen ar-
men kindleins gegen Gott dem Herrn mit ernst an-
nemen, dasselb dem Herrn Christo fürtragen unnd
bitten, Er wölle es zu gnaden auffnemen, Im seine
| Q1r | sünde vergeben und zu einem Miterben der
ewigen Himlischen güter erkennen, auch nicht allein
von des Teuffels gewalt, dem es der sünden halb un-
terwürfflich ist, erledigen, sonder auch also durch
den heyligen Geyst stercken, daß es dem feind im
leben und sterben stattlich widerstandt thun und in
dem zum seligen sig erhalten werden mög.
Laßt uns also betten:
O Allmechtiger, ewiger Gott, Vatter unsers Herrn
Jesu Christi, Wir ruffen dich an uber zdisen deinen
diener oder dienerin N., der (oder die)z die gab dei-
ner tauff bittet und dein ewige gnad durch die
Geistliche Widergeburt begert, nimm ina auff, Herr,
und wie du gesagt hast: Bittet, so werdet ir nemen;
suchet, so werdet ir finden; klopffet an, so wird euch
auffgethan133, So reiche nun, ewiger Gott, deine güte
und gnad dem, der da bittet, unnd öffne die Thür
dem, der da anklopffet, daß | Q1v | erb den ewigen
segen dises himlischen Bades134 erlange und das ver-
heissen Reich deiner gaben empfahe, Durch Jhesum
Christum, unsern Herrn.
Ein ander Gebet:
Allmechtiger, ewiger Gott, der du durch die Sind-
fluß nach deinem strengen Gericht die unglaubige
welt verdampt und den glaubigen Noe selbacht
nach deiner grossen barmhertzigkeit erhalten, Den

z-z KO/Agende 1609, Agende 1618: diß gegenwertig Kind-
lein, welches.
a KO/Agende 1609, Agende 1618: es.
b Agende 1618: es.
c-c Agende 1618: dieses Kindlein.
d Agende 1618: es.

verstockten Pharao mit allen den seinen im roten
Meer erseuffet und dein volck Israel durch das tru-
cken hindurch gefuhrt, auch durch solches das Bad
deiner heyligen Tauffe zukünfftiglich bezeichnet
und bedeutet, Desgleichen durch die Tauff deines
lieben Kindes, unsers Herrn Jhesu Christi, den Jor-
dan und alle wasser zur seligen Sündfluß und reich-
licher abwaschung der sünden geheyliget und einge-
setzt hast, wir bitten | Q2r | dich durch dieselbig dein
grundlose barmhertzigkeit, du wöllest cdiesen N.c
gnedigklich ansehen und mit rechtem glauben im
Geist beseligen und stercken, daß durch dise heyl-
same Sindfluß an ime ertrincke und untergehe alles,
was im von Adam angeboren ist und was er selbs
dazu gethan hat, Das erd auch, auß der zal der un-
glaubigen gesondert, in der heiligen Archa der Chri-
stenheit trucken und sicher behalten werde, deinem
Namen allezeit brünstig im Geist und frölich in
hoffnung zu dienen, auff daß ere mit allen glaubigen
deiner verheissung ewiges leben erlangen möge,
durch Jesum Christum, unsern Herrn, Amen.
fLast uns auch sprechen das Gebet, so uns unser
Herr Christus selbs gelehret und befolhen hat zu be-
ten, und nicht allein alle unsere und des kindes not-
turfft darinn begriffen, sonder auch damit uns ge-
wißlich zuerhören verheissen hat. | Q2v |
Hie lege der Priester sein hand auff deß Kinds
Haupt und bette das Vatter unser sampt den Pat-
ten, kniendtf: Vater unser, der du bist etc.135
Nach dem gebet spreche der Kirchendiener gegen
dem Kind: Der Herr beware dein eingang unnd auß-
gang von nun an biß in ewigkeit.
Darauff spreche der Kirchendiener weiter gegen den
Gevattern also:

e Agende 1618: es.
f-f Fehlt Agende 1618.

133 Mt 7,7.
134 Vgl. Tit 3,5.
135 Mt 6,9-13.

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