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Wolgast, Eike [Editor]; Seebaß, Gottfried [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Editor]; Arend, Sabine [Oth.]; Sehling, Emil [Bibliogr. antecedent]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (10. Band = Hessen, 3): Die Grafschaften Nassau, Hanau-Münzenberg und Ysenburg — Tübingen: Mohr Siebeck, 2012

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https://doi.org/10.11588/diglit.30290#0302
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Nassau-Weilburg

verzagen, denn Gott hat nicht lust an der sünder
todt, er wil sünde vergeben unnd ewig selig ma-
chen222. Darumb hat er seinen einigen Son Jesum
Christum mensch werden und sterben lassen, auff
das er für uns leide und wir durch sein leiden unnd
sterben vergebung der sfinde und ewiges leben het-
ten.
So dich nun dein mißhandelung anfichtet unnd
dein gewissen bekummert ist, sihe hieher, was Chri-
stus für dich gethan hat, denn also heißt der spruch:
Christus ist das Lemblein Gottes, welchs der Welt
sünde tregt223. Bistu ein mensch, so bistu ja auch ein
stück der Welt. Bistu denn ein stück der Welt, wo
hat Gott deine sünde hingelegt? Für der Welt liegen
sie auff dir, darumb mustu sterben, das ist der Welt
urtheil. Was ist aber Gottes urtheil? Nemlich, daß
Jesus Christus deine sünde[n] von dir genommen
und auff sich geladen, dieselbigen getragen und dar-
für bezalet hab, auff das du für Gottes urtheil, so du
dich solchs leidens Christi annimpst, von sünden
frey und ein kind Gottes in ewigkeit bleiben mögest.
Den also spricht Christus selbst, Joan. am 3.
[16]: Gott hat die Welt also geliebt, das er seinen
einigen Son hat hingeben, auff das alle, die an ihn
glauben, nicht verloren werden, sonder das ewig le-
ben haben. Hie hörestu, wo Christus nicht were ge-
storben, müsten | g2r | wir alle der sünden halben
verloren sein. Nuhn aber Christus gestorben ist, sol-
len wir alle, ich alsc wol als du, du alsd wol als ich,
ahn Christum glauben, das ist, sein leiden dermas-
sen annemen, das es umb unsertwillen und uns zu
gut geschehen und wir dardurch von sünde und todt
erlöset sein, so söllen wir nicht verloren werden, son-
der das ewig leben haben.
Hie lerne widerumb, das du solche wolthat Chri-
sti dir wol einbildest. Der Welt wirstu durch deinen
todt gnugthun darumb, daß du wider die Oberkeit
und deinen nechsten gesündiget hast. Gott aber wir-
stu durch deinen todt nicht gnugthun. Christus aber
hat dafür gnug gethan, desselbigen solt du dich an-

c KO/Agende 1609, Agende 1618: so.
d Agende 1618: so.
e Agende 1618: Kompt her.
f KO/Agende 1609, Agende 1618: man sie.

nemen, dein gewissen damit trösten und frölich auff
solchen trost sterben, weil Christus für dich gestor-
ben ist, auff das du also gantz gerecht werdest. Für
der Welt bistu gerecht, denn was du verdienet hast,
das widerfehret dir, und du leidest darumb. Für
Gott bistu auch gerecht, denn Christus ist für dich
und umb deiner sünde willen gestorben und hat für
dich gelitten. Ahn solchen todt Christi soltu mehr
dann ahn deinen eigen todt gedencken, denn der
todt Christi hilfft dir zum ewigen leben, dein eigener
todt beraubet dich nur dieses zeitlichen lebens.
Was kan dich den weiter bekümmern, weil224 du
hörest, Gott wil umb Christus willen dir gnedig sein,
weil | g2v | Christus dein sünde auff sich genommen,
dieselbige getragen unnd dafür seinem Vatter hat
gnuggethan.
Man mag hie noch einen spruch oder zwen nemen,
dem armen zu trost, Als das Christus spricht: Wer
an mich glaubt, ob er schon stirbet, sol er doch le-
ben225. Item: Christus ist nicht gestorben allein für
unser sünde, sondern für der gantzen Welt sünde,
1. Joan. 2 [2]. Item: Kompte zu mir alle, die ihr müh-
selig unnd beladen seidt, ich wil euch erquicken.
Nemet auff euch mein joch und lehrnet von mir,
denn ich bin sanfftmütig und von hertzen demütig,
so werdet ir ruhe finden für euwer Seelen etc.,
Matth. am 11. [28-29]. Bey solchen und dergleichen
wenig sprüchen sol man es bleiben lassen unnd sie
den armen leuten wol einbilden und offt fürsagen,
sonst macht man sie irre, wenn mansf immer von
einem spruch zum andern führet.
Wenn nun dem armen das gewissen dermassen
gereiniget ist, wie es denn folgen muß, weil Gott
durch seinen Geist bey dem wort sein und wircken
wil, mag man denn auch zum andern troststück
greiffen und dem armen beyde, die schandt, so er für
der Welt tragen, und den todt, so er offentlich leiden
muß, nicht außreden, sonder mit Gottes wort linde
unnd leicht machen auff diese weise: | g3r |

222 Vgl. Ez 33,11.
223 Joh 1,29.
224 Während, Grimm, DWb 28, Sp. 776.
225 Joh 11,25.

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