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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Arend, Sabine [Bearb.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (10. Band = Hessen, 3): Die Grafschaften Nassau, Hanau-Münzenberg und Ysenburg — Tübingen: Mohr Siebeck, 2012

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https://doi.org/10.11588/diglit.30290#0307
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32. Kirchenordnung 1574/1576

Diese formb der Christlichen begrebnuß wirdt ge-
braucht mit allen verstorbenen Christen, beyde,
jungen und alten, sofern sie snur getaufft unds
Christlich und Gottselig nach Gottes wort in gehor-
sam gegen die Christliche Kirche und das heilige
Predigampt ir leben geführet und vollendet ha-
benb Da aber etwa junge Kindlein ohn die Tauff
abgiengen, befehlen wir sie dem Herrn, lassen sie ire
Eltern unnd Freunde ohn zuthun eines Kirchendie-
ners an den orth, da andere Christgleubige ruhen,
zur Erden bestatten. Nicht daß wir an irer seligkeit,
wenn sie von Christlichen Eltern mit ernstlichem,
gleubigen Gebet Gott fürgetragen und befohlen wer-
denu, zweiffel tragen, Sondern, dieweil sie durch das

eusserlich Ampt241 der Kirchen nicht eingel[e]ibt
worden, achten wirs für unnötig, daß der Kirchen-
diener sich ihrer undernemen242 sol. | i1v |
vDa aber etliche alte werenv, so ihr lebelang in
irthumb oder ergerlicher handlung gesteckt und auff
vielfaltige beschehene Christliche erinnerung und
vermanung sich nicht bessern wöllen und also das
Ampt der Christlichen Kirchen beharlich biß zum
ende ires lebens verachtet unnd verworffen hetten,
die achten wir nicht wehrt sein, das ein Diener der
Kirchen, nachdem sie abgestorben, sich irer anneme
oder daß sie an den orth, da andere fromme Chri-
sten schlaffen, solten begraben werden.

Forma der Ordination eines Pfarrherrn oder Kirchendieners

Wann uff eine durch absterben oder abforderung ih-
res Pfarrherrn entledigete Pfar einen neuwen Pfar-
herrn zuerwehlen unnd zubestellen die notturfft er-
fordern wil, wsol derw nechstgesessene xPfarrherr
(welchem1 die Vacirende Pfar, ybiß so lang sie wi-
derumb ordentlich bestellet wiry, mit verkündigung
Göttlichs worts, Sacrament reichen und anderen
nothwendigen zdiensten zuversorgen gebüret)z al-
wegen zu ende aseiner Predigta in erzelung der anli-
gen, darfür man bitten sol, auch die Gemeine Gott
umb einen andern Christlichen und |i2r| treuwen
Seelsorger mit ernst anzuruffen erinnern und die
Pfarleut dahin weisen und anhalten, das sie es zum
allerforderlichsten irem ordentlichen Superinten-
dentenb zu erkennen geben und bey ihm raht su-
chen, wie sie die sachen angreiffen müssen, das inen

s-s Agende 1618: zum Heyligen Abendmahl gangen, auch.
t Agende 1618: haben. Im Fall aber, Eltern begeren wür-
den bey den Leichbegängnussen irer Kinder, so noch
nicht zum Tisch deß Herren kommen, daß eine Predigt
oder kurtze Vermahnung geschehe, sollen die Kirchen-
diener den Eltern ihren guten Willen unnd Dienst diß-
falls nicht versagen, sondern willfährig sich erweisen.
u Agende 1618: worden.
v-v Agende 1618: Weren aber solche Personen.
w-w Agende 1618: sollen die.
x-x Agende 1618: Pfarrer, als welchen.
Fehlt Agende 1618.
Agende 1618: Kirchendiensten ein viertheil Jahr lang zu

widerumb ein Gottseliger, gelerter Mann zum Pfarr-
hern fürgestellet und verordnet werden möge. Da
nun die Collatur der erledigten Pfarc dem Land-
herrn zustehet, sol der Superintendens nach einem
frommen, gelerten Mann trachten, welcher entwe-
der zuvor im Predigampt gewesen oder an denen ör-
tern studieret, da man Gottes Wort rein und lauter
zu tractirend unnd zu lehren pflegt, und gute Ge-
zeugnuß habe und aufflegen kündte nicht allein sei-
ner erudition und geschicklichkeit, sonder auch sei-
nes biß daher geführten lebens und wandels. Den-
selbigen sole er, der Superintendens, in gegenwertig-
keit fder Pfarrherrn, die er zu raht zu ziehen pflegtf,
examiniren und ein Predigt von im hören und, da er
zum Predigampt gnugsam befunden, der Gemeine,
so eines Pfarrherrn bedürfftig, zuschicken und da-

versorgen und der Wittib also und ihren Kindern zum
besten nach zu dienen gebüret.
a-a Agende 1618: ihrer Predigten.
b Agende 1618: Superintendenten oder Inspectorn.
c Agende 1618: Pfar uns.
d Im Text: tradiren. Agende 1618: vorzutragen.
e Agende 1618: sol unser Geistlich Consistorium oder.
f-f Agende 1618: deren, so vermög unserer Ordnung darbey
zu seyn pflegen.

241 Gemeint ist die Taufe.
242 Annehmen.

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