Metadaten

Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Arend, Sabine [Bearb.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (10. Band = Hessen, 3): Die Grafschaften Nassau, Hanau-Münzenberg und Ysenburg — Tübingen: Mohr Siebeck, 2012

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.30290#0310
Lizenz: Freier Zugang - alle Rechte vorbehalten
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Nassau-Weilburg

als ein Haußhalter Gottes, nicht eigensinnig, nit
zornig, nicht ein Weinsäuffer, nicht pochen, nicht
unehrliche handthierung treiben, sondern Gastfrey,
gütig, züchtig, heilig, keusch und halte[n] ob dem
wort, daß gewiß ist, derd lehren kan, auff das er
mäch-I k1v | tig sey zu ermanen durch die heylsame
Lehr und zu straffen die Widersprecher. Derselbige
Apostel sagt widerumb, 2. Tim. 3 [14-17]: Du aber
bleibe in dem, das du gelehrnet hast und dir ver-
trauwt ist, sintemal du weissest, von wem du gelehr-
net hast, und weil du von kind auff die heylige
Schrifft weissest, kan dich dieselbige unterweisen
zur seligkeit durch den Glauben an Christo Jhesu.
Denn alle Schrifft, von Gott eyngegeben, ist nütz
zur Lehr, zur Straff, zur Besserung, zur Züchtigung
in der Gerechigkeit, das ein Mensch Gottes sey voll-
kommen, zu eallem guten wercke geschickt. So be-
zeuge ich nun vor Gott und dem Herrn Jhesu Chri-
sto, der da zukünfftig istf, zu richten die Lebendigen
unnd die Todten mit seiner Erscheinung unndg sei-
nem Reich, predige das Wort, halt an, es sey zu
rechter zeit oder zur unzeit, straffe, trauwe, ermah-
ne mit aller gedult und lehre, denn es wirdt ein zeit
seyn, da sie die heylsame Lehre nicht leiden werden,
sondern nach iren eigenen lüsten werden sie ihnen
selbßt Lehrer | k2r | auffladen, nach dem inen die Oh-
ren jucken, und werden die Ohren von der warheit
wenden und sich zu den Fabeln kehren. Du aber sey
nüchtern allenthalben, leid dich246, thu das werck
eines Evangelischen Predigers, richte dein Ampt
redlich auß247.
4. Nach diesem allen sol der Superintendens oder
sein Substitut den Ordinanten also anreden: Gelie-
ber Bruder im Herrn, ihr habt nun gehöret, was eu-
wer Ampt sey, und daß nicht auß Menschenge-
dancken, sonder auß dem befelch und verordenung
unsers Herren Jesu Christi und seiner heyligen
Apostel, wie denn solchs alles in der heiligen

d Agende 1618: und.
Agende 1618: allen guten Wercken.
f Fehlt KO 1576, KO/Agende 1609, ergänzt aus Agende
1618.
g Agende 1618: unnd mit.

Schrifft, bevorauß aber in den Episteln deß Apostels
Pauli an Timotheum unnd Titum, weiter und mit
mehren worten dargethan und erkläret wirdt. Da-
mit aber jederman dieses so viel desto besser ver-
stehe, ihr es auch selbßt fleissiger betrachtet unnd
jederzeit in gu- |k2v| tem, frischen gedächtnuß be-
haltet, wil ichs in kurtze, gewisse stück fassen:
1. Welcher zu einem Pfarrherrn oder Lehrer der
Kirchen Gottes verordnet wird, der sol die gantze
Lehr der Christlichen Religion, welche in den Büch-
ern deß alten unnd neuwen Testaments, der Pro-
pheten und Apostel Schrifften tradirt wirt und in
den dreyen Symbolis Apostolico, Niceno und Atha-
nasiano248, desgleichen in der Augspurgischen Con-
fession sampt ihrer Apologia249 kürtzlich verfasset
und erkläret ist, rein und unverfälschet, treuwlich
unnd fleissig der Gemeine Gottes fürtragen, nach
derselben form und Richtschnur alle seine Predig-
ten, Lehr, Trost, Vermahnung etc. richten und an-
stellen, und sol sich hiervon keine gunst der Men-
schen, kein forcht noch gefahr abwenden oder ab-
schrecken lassen. Aber deß ungeistlichen, losen Ge-
schwetzes, Wortgezänck und der närrischen, unnüt-
zen Fragen sol er sich gäntzlich entschlagen, und da
etliche selbß er-I k3r | dachte oder von andern auff-
brachte falsche Lehr außzubreiten und zuvertheidi-
gen understünden, die sol er auß grundt Göttlicher
Schrifft mit klarem unnd unfehlbarem beweiß refu-
tiren und widerlegen, den irrthumb deutlich zeigen
unnd mit aller sanfftmütigkeit alle irrige widerumb
auff den rechten weg bringen. Er sol einen jedern in
seinem Stande, Ampt unnd Beruff fleissig unnd
treuw zu seyn mit fleiß erinnern und ermahnen, alle
heimliche und offentliche Sünde, Schand und Laster
straffen, allen eynreissenden ärgernissen mit gebür-
lichem ernst in besonderen und offentlichen verma-
nungen auß Gottes Wort begegenen, alle krancke,
bekümmerte, betrübte und geängstigte Hertzen und
Gewissen auffrichten, stercken und trösten.

246 Bleibe ruhig.
247 Vgl. 1Tim 4,12-16; Apg 20,28.
248 Apostolisches, nizänisches und athanasianisches Glau-
bensbekenntnis, BSLK S. 21-30.
249 Confessio Augustana von 1530 und deren Apologie von
1531, BSLK S. 37-404.

292
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften