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Wolgast, Eike [Editor]; Seebaß, Gottfried [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Editor]; Sehling, Emil [Bibliogr. antecedent]; Arend, Sabine [Oth.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (10. Band = Hessen, 3): Die Grafschaften Nassau, Hanau-Münzenberg und Ysenburg — Tübingen: Mohr Siebeck, 2012

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https://doi.org/10.11588/diglit.30290#0325
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32. Kirchenordnung 1574/1576

in Würtshäussern wie auch offentliche und Winckelspiel mit
Karten, Würffeln, Kugeln und dergleichen vorgehe.
13. Ob Hadersachen, Gezänck oder gemeine Versammlungen
auff die Sonn- und Feyertag vor und nach dem verrichten
Gottesdienst gehalten unnd ungestrafft gestattet werden.
14. Ob er die krancken und sterbenden Leuth (auch wol un-
angesprochen) besuche, tröste, ihnen das Abendmahl reiche,
die verstorbene zum Grab beleite unnd der Gebür nach die
Leichpredigten verrichte.
15. Ob auch er, der Pfarrer, ein Buch halte, darinnen alle
diejenige durch ihn verzeichnet werden, welche von ihme ge-
taufft, confirmirt und ehelichen zusammengeben seyn, und
sollen die Visitatores solches Buch ersehen.
16. Ob Widertäuffer oder andere Leuth, die verdampten Sec-
ten, irrigen unnd der Augspurgischen Confession wiederigen
Opinionen unnd Meynungen anhengig oder dessen zum we-
nigsten verdächtig, in seiner Gemeine vorhanden seyen.
17. Ob Wahrsager, Zauberer, Segensprecher, Crystallengü-
cker oder die sonsten mit verbottenen aberglaubischen Kün-
sten umbgehen Oder auch die bey jetzgedachten Leuten
Rath suchen unnd ihrer aberglaubischen Künsten gebrau-
chen, unter der Gemeine zu finden.
18. Ob in andern Puncten, nemblich das fluchen, schweren,
vollsauffen, ubermässigen Wucher, Hurerey, Ehebruch, un-
ordenlicher weise die Ehe anzufahen und dergleichen Exceß
belangend, die Kirchenordnung gehalten werde.
19. Item, Ob Eheleuthe vorhanden, die uneinig oder nicht
beyeinander wohnen wolten, welches Theil daran schuldig.
20. Ob ungehorsame, halßstarrige Kinder vorhanden, so iren
Eltern fluchen, sie schlagen oder in ihrem Alter sonst ubel
halten, auch in andere Wege mit Worten, Wercken oder Ge-
bärden sich inen widerwertig oder widerspenstig erzeigen.
21. Ob unzüchtige, schändliche Lieder offentlich gesungen
werden.
22. Ob Spinstuben, sonderlich, da Knaben unnd Mägde bey
nächtlicher weil unordentlicher weise zusammenkommen,
und dergleichen leichtfertige Gesellschafften seyen und ge-
duldet werden.
23. Ob unter inen seyen böse Haußhalter, die Weib und Kin-
dern in der Haußhaltung ubel vorstehen.
24. An den Orten, da Schulen seyn, soll mit fleiß nach den
Schulmeistern und irer Schulverwaltung, was sie für Ord-
nung in der Institution halten, was sie für Bücher inen vor-
lesen, und sonderlich, ob sie andere als Lutheri Catechismum
oder auch andere Fragstück als der Kirchenordnung einver-
leibt, gebrauchen, und wie sie sich gegen die Kinder erzeigen,
gefraget, Auch die Schul von dem Superintendenten und des-
sen zugeordneten selbst besichtiget und, was bey den Kin-
dern guts oder nutz geschafft, explorirt werden.
25. Ob die Eltern ire Kinder zur Schulen schicken oder ob sie
auß Karckheit [=Geiz] unnd andern untauglichen Ursachen
sie darvon abhalten. Denn unser Will und Meynung ist, das
solche unartige [= zuchtlose] Eltern eben sowohl das Schul-
gelt als andere zu entrichten schuldig seyn sollen unnd dessen
erinnert werden, auch die Beampte und Officianten hierin
gebürliche Handbietung leysten.
26. Dergleichen soll auch der Kasten, Hospital unnd Sie-
chenhäusser halber Nachforschung und Erkundigung ge-
schehen, in was Ordnung sie erhalten werden.
27. Ob die Armen, so darin ire Unterhaltung haben, sich
auch Christlich und der gebür nach in irem Leben erzeigen.

28. Item, ob dasjenige, so zu irer Unterhaltung verordnet ist,
inen trewlich gehandreichet und außgetheilet werde.
29. Wie es mit seinem Collega benachbarten Pfarrern be-
want, ob er an seinem oder irer Lehr und Wandel keinen Fehl
oder Mangel oder ein ärgerlich geschrey von ime gehöret ha-
be.
30. Zuletzt soll der Pfarrer erinnert unnd gefragt werden, Ob
die Obrigkeit unnd Amptspersonen eines jeden Orths in
handhabung dieser unserer Ordnung und Christlichen Kir-
chen Regiments ihme auch die Hand biete unnd gebürlichen
Beystand thue.
14. Was nun hierauff geantwortet und worinnen Besserung
von nöthen, sollen unsere Visitatores fleissig in acht nemen
und solche Emendation nach möglichen Dingen verfügen.
15. Darnach sollen sie den Pfarrer abtretten lassen und die
Schultheissen, Meyer oder andere Ampts Diener sampt etli-
chen auß den Zünfften unnd der Gemeine mit Erinnerung
irer Eyde und Pflichten, damit sie Gott und dem Landherrn
zugethan, gleichfals von nachfolgenden Puncten fragen und
abhören:
1. Erstlich von deß Pfarrers Lehr und Leben, Ob er auch
fleissig und ordentlich außgangener Kirchenordnung gemeß
zu gewisser Zeit und Stunde die Predigten versehe, wie lang
er zu predigen pflege.
2. Ob er die einfältige, Alten und Kinder unterweise und den
Catechismum treibe.
3. Die Bettage halte.
4. Die Sacramenta reiche.
5. Die krancken besuche, die Todten begrabe und was mehr
seines Ampts ist, ohne versaumnus verrichte.
6. Ob er neben gebürlichem Ernst mit Christlicher Sanfftmut
und Bescheidenheit sein Ampt mit unterweisen, lehren und
straffen bey Jungen und Alten verrichte.
7. Item, ob er auch ein vollsäuffer, Wucherer, Haderer, Lä-
sterer seye.
8. Wie sich sein Weib und kinder halten und wie er und die
seinen gegen männiglich sich erzeigen. Ob sie auch jemand
mit uberlast etwas thun [=zur Last fallen], beschwerlich oder
ärgerlich seyen oder einem Prediger ungemeß Leben unnd
Wandel führen, sich in weltliche Sachen und Händel einmi-
schen, die ihnen nicht geziemen.
9. Von unserer Ordnung, wie die gehalten werde.
10. Ob man fleissig zu Kirchen gehe.
11. Ob auch Widertauffer, Warsager, Segensprecher, Cry-
stallengücker oder andere, so solcher aberglaubischen Leuth
Rath gebrauchen, Vollsäuffer, Gottslästerer, Wucherer, Hu-
rer, Ehebrecher oder die sonsten ein unordenlich, ärgerlich
Leben führen, in der Gemein seyen. Und da hierin einige
Klag vorlieffe, an weme der Mangel seye, daß Gottes unnd
deß Lands Herrn Ordnung nicht trewlich nachgesetzt werde.
12. Von Schulen, Kasten und Hospitaln, in was Standt die
seyen und wie sich ire Diener und Vorsteher verhalten, sollen
obgemeldte Personen auch mit fleiß gefragt werden unnd die
Visitatorn diese Antwort, so darauß einiger Mangel gespü-
ret, gleich sowol als der vorigen, deß Pfarrern Bericht, auff-
zeichnen.
16. [Nr. 13-15 fehlen] Was dann für Gebrechen von den Pfar-
rern, Zuhörern und Beampten notirt und auffgezeichnet, sol-
len die Visitatores hernach mit denen, welche mangelhafft
unnd straffbar befunden, ernstlich reden, Censuram vorne-

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