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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Arend, Sabine [Bearb.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (10. Band = Hessen, 3): Die Grafschaften Nassau, Hanau-Münzenberg und Ysenburg — Tübingen: Mohr Siebeck, 2012

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https://doi.org/10.11588/diglit.30290#0346
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Nassau-Weilburg

§ „Da auch die predicanten etc.“18 gesetzte kirchen-
straf undt dieselbige eingefordert soll werden, belan-
gent, haben wier darvon zu mehrer erleuterung und
der richtigern handhabung unserer kirchenordnung,
wie es in einem oder anderm der gemeinesten teglich
sich begebenten fellen soll gehalten werden, sonder-
bare specialverordnung gethan, wie solche hier-
nechst folgen wirdt.
Es soll in den stetten sontags zu mittag das ca-
techistisch examen mitt vorgehenter kurtzer predigt
und gesang, so uber ein halb stund nicht wehren,
mitt der jugent getrieben werden, darbey dan den
alten auch zu bleiben und mitt gutem exempel der
jugent auch hierinnen furzugehen geburet, in den
dorfen aber unndt uf dem land, damit der catechis-
muslehr nichts abgehe, sondern dieselbige in desto
vollerm schwang gebracht werde und ihre geburli-
che zeit habe, sollen die mittagspredigt ahnfahen,
bleiben (darmitt 1150v| gleichwohl der sonderbahre
casus nicht gemeinet, da ein pfarher zugleich einen
tag zwo predigten, eine morgens, die ander zu mit-
tag, in seiner pfar und den eine im zugeordneten fi-
lial oder sonsten underschiedenen ortern zuverrich-
ten) alte und junge, sonderlich, die es am meisten
bedorffen (wie dan dem pfarher solches in allewege
wohl ufzumercken und verzeignet beyhanden zu ha-
ben geburet), befragt und examiniret, dergleichen
examen auch nicht allein sontags uf dem landt, son-
dern auch ahn den ordern, da er nach unserer visi-
tatoren und superintendenten (so hierinnen nach er-
kundigter gelegenheit verordnung zu thun) bester
discretion und gutachten geschehen kan, uf den
gantzen und halben feyertagen oder also alßpaltig
allwegen ahngestellet und verrichtet, allenthalben
aber sowohl in stetten alß dorfern die hauptstuck
christlicher lehr laut, langsam und verstendlich bey
diesem actu vermog unserer kirchenordnung dispo-
sition dem volck vom kirchendiener furgelesen wer-
den.

18 Kirchenordnung von 1576 in der letzten Fassung von
1609, siehe oben, S. 214.
19 Kirchenordnung von 1576 in der letzten Fassung von
1609, siehe oben, S. 231.

Darbey aber in acht zu nehmen, das uf solchen
fall und wo der catechismusundericht uf die halbe
oder gantze feyertag also eingefuhret wird, die pre-
digten auch darnach angestelt, abgekurtzt und ohne
gewonliche praeambel mit furgehendem kurtzem ge-
sang oder furhabentem text nur sumarischer weiß
mitt ahnregung der furnemsten, erbawlichsten doc-
trinalien und lehrpuncten durchgangen werden.
Wier erfahrens auch offtmalß und werden von
den unserigen berichtet, das etliche unsere kirchen-
diener sich in predigten der zeit halber nicht zu mo-
deriren oder ihnen abzubrechen wissen, sondern die
leut etwa mitt mehrerm und großerm verdruß alß
lust oder nutzen durch lange, weitleufftige predigten
ufhalten, in denen sie wiesentlich, mehrertheils mitt
geringer erbawung ihrer pfarkinder, unserer kir-
chenordnung zugegen handeln, welche in der rubric
„Von predigten, verkundigung und erklerung des
h. gotlichen worts“19 sontags zu morgens und wan
die grosen, gemeinen versamlung sind, drey vierteil
einer stund, sonsten aber nuhr ein halb stund zu-
gibt, darinnen sich forders die kirchendiener besser
ersehen und deren mitt mehrem gehorsam nachset-
zen sollen.
In gleichem sollen sich etliche prediger in ge-
dachter rubric § „Ahn den gemeinen etc.“20, fleisiger
ersehen, wie sie ihre predigten uf ihre zuhorer zu
derselbigen erbawung also ahnstellen undt richten,
das auch die allereinfaltigsten etwas darauß verneh-
men und behalten mogen und hierinnen nicht so
sehr sich dahin befleisigen, wie ihre memoriam und
kunst ahn tag geben, alß wie sie die uhnverstendigen
ahm besten underweisen mogen, welches diejenige,
so in diesem stuck schuldig, ihnen hiermitt wollen
gesagt sein lassen und gewiß darfur halten, das hin-
furo bey kunfftigen visitationen und sonsten uf be-
gebende gelegenheit darauf fleisig ufmerckens ge-
schehen und sie deswegen, da es nicht abstellen21
wird, sollen der gebur zur rede gesetzt und ahnge-
fahen22 werden.

20 Kirchenordnung von 1576 in der letzten Fassung von
1609, siehe oben, S. 231.
21 Abgestellt.
22 Ansprechen, vgl. FWb 1, Sp. 1095-1097.

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