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Wolgast, Eike [Editor]; Seebaß, Gottfried [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Editor]; Sehling, Emil [Bibliogr. antecedent]; Arend, Sabine [Oth.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (10. Band = Hessen, 3): Die Grafschaften Nassau, Hanau-Münzenberg und Ysenburg — Tübingen: Mohr Siebeck, 2012

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https://doi.org/10.11588/diglit.30290#0364
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Nassau-Weilburg

35. Mandat zu Dispensen für Verwandtschaftsehen3
2. August 1613

Dieweill das ansuchens umb dispensation in ehefäl-
len, da der blutfreundschaft oder schwagerschaft
halben vermög deß hochwolgebornen unseres gnä-
digen hern1 etc. erneuwerter kirchenordnung2 be-
denckens oder hinderung vorfället, fast gemeyn wer-
den und zum mißbrauch gereychen will, so ist fur
rahtsamb angesehen worden, i[hre] gfnaden] volgen-
den underthänigen vorschlag darunder zu thun.
Erstlich. Da sich sölche personen angeben und
umb dispensation bitten, aber sonsten noch aller-
dings uf freiem fus gegeneinander stehen, das den-
selben die dispensation in näherem gradu als tertio
lineae aequalis, inmasen i. g. albereyt verordnet,
gäntzlich nicht, auch in bemeldetem tertio gradu li-
neae aequalis nicht, es sei dann, das sie beneben den
erheblichen bewegenden und wahr befundenen ur-
sachen beyderseits jedes nach seinem vermögen zu-
vor etwaß an gelt erlegen, welchs anderst nicht als |
zu christmilten wercken und notfällen verwendet,
auch in beschienener außgab darzu verrechnet wer-
den soll.
Furs ander. Da aber sölche ansuchende sich in
eheliche verpflichtung gegeneinander eingelassen
hetten und, wie zugeschehen pfleget, allein die ohn-
wissenheyt ihrer verwant- oder schwagerschaft vor-
wenden wolten, aber eines andern überzeuget wer-
den möchten, söllen sie nach befundenen sachen,
auch ihres vermögens gelegenheyt i. g. zu einer gelt-
straf angenommen und über das auch gefänglich
hingeleget oder sonsten schärpffer angesehen wer-
den, da sölche verlöbnus fur eine ohnedas verbotte-
ne winckelehe erkennet werden mag.

a Textvorlage (Handschrift): HHStaatsA Wiesbaden Abt.
133, Nr. Xa la.
1 Ludwig II. von Nassau-Weilburg(1565-1627).

Furs dritte. Da sie sich aber vor ansuchung oder
erlangung der dispensation zu fleyschlicher ohnge-
bür miteinander eingelassen haben solten und sich
allein mit der ohnwissenheyt zube- schönen gedäch-
ten, aber ein anders erfunden würde, söllen sie be-
neben der öffentlichen kirchenpoenitentz zu desto
härterer turn- oder geltstraf, auch nach befindung
der umbständen zu beyden angehalten werden und
der dispensation halben hernach von i. g. der reso-
lution zu gewarten haben. Solten sie aber die dis-
pensation, zuvor und ehe dann diese verbrechung
von ihnen kundbar worden were, von i. g. erlanget
haben, söllen sie, da sie sölchs uf befragung ihres
seelsorgers oder der oberkeyt verheelet3 hetten,
nichts da weniger zu vorberüreten oder auch nach
bewanten umbständen zu schwerern straffen ange-
halten werden.
Die verwantnus der angebenen blutfreund- oder
schwagerschaft halben soll zuvor an unsere cantz-
leien berichtet und, ob sich dieselb also oder in nä-
herem grad verhalte, auch waß fur motiven ihrer
zusammen- | heuratung halben vorfallen, in glei-
chem, waß beeder theyl vermögen sei, in gewißheyt
erkundiget und beneben der supplication umb dis-
pensation umbständig4 an i. g. überschrieben und
biß zu erlangung der resolution den ansuchenden
sich inmittelst nicht weiter gegeneinander inzulas-
sen, mit ernst uferleget werden.
Signatum Itzstein, den 2. Augusti anno 1613
Ludwig mp.

2 Die Kirchenordnung von 1576 in ihrer letzten Fassung
von 1609, siehe oben, S. 218-224.
3 Verheimlicht.
4 Ausführlich, Grimm, DWb 23, Sp. 1178.

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