36. Erläuterungspunkte zur Kirchenordnung 1617
36. Erläuterungspunkte zur Kirchenordnunga
16. September 1617
Etliche puncten undt articul, so zu unser, Ludwigs1, graven zu Naßaw, zue Sarbrücken und zue Sarwerden,
herrns zue Lahr, Wießbaden und Itzstein kirchenordtnung2 gehörig undtt bishero theils gar nicht, zum theil
aber ungleich gehalten oder auch in berürter ordnung nicht außtrücklich begriffen.
Nachdeme wir eine geraume zeit hero befunden, ob-
wol zue jederb kirchen vorlengst ein exemplar unse-
rer kirchenordnung eingeliefert, auch unsere erleu-
terungspuncten3 vor wenig jahren publicirt worden
unnd den kirchendienern mit allem ernst uferlegt,
solchen stracks fußes nachzuekommen, daß jedoch
in unsern grave- unndt herrschafften hin und wider
sichc allerhand mängel und verschiedene discrepan-
tien in adiaphoris spüeren laßen, so haben wir gne-
dige verordnung gethan, daß solche mängel zuesa-
mengetragen unndt folgendermaßen nothwendiglich
verbeßert würden.
Undt wollen hieruff, das nun hinfuro sowohl un-
serer kirchenordnung alß deren appendici unndt die-
sen specialn erclerungspuncten von allen und jeden
unsern kirchendienern diß- unnd jenseiths Rheins
ohne alles zueruckhalten stracks fueßes nachgangen,
dargegen bei vermeidung unserer ernstlichen straff
und ungnade nichts newes und widriges eingefüeret,
auch darüber sowol bey den visitationibus und syn-
odis alß sonsten jederzeit embsige nachfrag gesche-
hen und angestelt werden solle. | 1v |
Von den predigtversamblungen
undt waß dem anhängig
1. Erstlich sollen unsere pfarrer und kirchendiener
in stätten, flecken und dörffern die in der christli-
a Textvorlage A (Handschrift): LAV Saarbrücken
Best. 27, Nr. 4610, fol. lr-13v. Textvorlage B (Hand-
schrift): HHStaatsA Wiesbaden Abt. 150, Nr. 3835,
fol. 156r-165v. Abdruck: Herrmann, Konformitäts-
ordnung, S. 35-53.
b B: jeder zeitt.
c Fehlt B.
d Im Text: necessariam.
chen kirchen gewönliche evangeiia sontags in den
morgenpredigten allwegen verlesen undt ercleren.
2. In analysi textus diese moderation brauchen,
das solche beim gemeinen volck erbawlich sein mö-
ge, auch den underschiedt halten, wan der text an
worten und verstand clar ist, das nicht viel analy-
sirens (wie etwa bey hohen schuelen geschicht) ge-
macht werde. Wann aber der text etwas dunckel, so
soll derselbig per necessariumd paraphrasirt, doch
also erclert werden, damit die nothwendige lehren,
erinnerungen, trost unndt warnungen auch ihre
statt und die meiste zeit haben mögen.
3. Der zeit halben seindt die predigten also an-
zuestellen, das solche uf die son-, feyer- und bettage
drey viertel einer stunden weren oder zum höchsten
nicht uber eine stunde verlangert, aber die werck-
tagspredigten zum lengsten drei viertel einer stun-
den, die sontägliche catechistische mittags predig-
ten nicht über eine halbe stunde extendirt werden,
zue welchem ende, darmit der zeit desto baß war-
genommen werde, sollen kirchendiener allenthalben
ihr sandtuhr uf der cantzel haben.
4. Unsere kirchendiener sollen nicht an son-e,
feyer- und andern predigtagen die predigten zue un-
gleichen stunden nach ihrem bloßen gefallen anstel-
len, |2r| dardurch das volck verhindert würdt, daß
sie nit zue gewißer zeit sich können zur kirchen schi-
cken.
e B: son- und.
1 Ludwig II. von Nassau-Weilburg (1565-1627, reg. seit
1596).
2 Die Kirchenordnung von 1576 in der letzten Fassung
von 1609, siehe oben, Nr. 32.
3 Erläuterungspunkte zur Kirchenordnung von 1609, siehe
oben, Nr. 34.
347
36. Erläuterungspunkte zur Kirchenordnunga
16. September 1617
Etliche puncten undt articul, so zu unser, Ludwigs1, graven zu Naßaw, zue Sarbrücken und zue Sarwerden,
herrns zue Lahr, Wießbaden und Itzstein kirchenordtnung2 gehörig undtt bishero theils gar nicht, zum theil
aber ungleich gehalten oder auch in berürter ordnung nicht außtrücklich begriffen.
Nachdeme wir eine geraume zeit hero befunden, ob-
wol zue jederb kirchen vorlengst ein exemplar unse-
rer kirchenordnung eingeliefert, auch unsere erleu-
terungspuncten3 vor wenig jahren publicirt worden
unnd den kirchendienern mit allem ernst uferlegt,
solchen stracks fußes nachzuekommen, daß jedoch
in unsern grave- unndt herrschafften hin und wider
sichc allerhand mängel und verschiedene discrepan-
tien in adiaphoris spüeren laßen, so haben wir gne-
dige verordnung gethan, daß solche mängel zuesa-
mengetragen unndt folgendermaßen nothwendiglich
verbeßert würden.
Undt wollen hieruff, das nun hinfuro sowohl un-
serer kirchenordnung alß deren appendici unndt die-
sen specialn erclerungspuncten von allen und jeden
unsern kirchendienern diß- unnd jenseiths Rheins
ohne alles zueruckhalten stracks fueßes nachgangen,
dargegen bei vermeidung unserer ernstlichen straff
und ungnade nichts newes und widriges eingefüeret,
auch darüber sowol bey den visitationibus und syn-
odis alß sonsten jederzeit embsige nachfrag gesche-
hen und angestelt werden solle. | 1v |
Von den predigtversamblungen
undt waß dem anhängig
1. Erstlich sollen unsere pfarrer und kirchendiener
in stätten, flecken und dörffern die in der christli-
a Textvorlage A (Handschrift): LAV Saarbrücken
Best. 27, Nr. 4610, fol. lr-13v. Textvorlage B (Hand-
schrift): HHStaatsA Wiesbaden Abt. 150, Nr. 3835,
fol. 156r-165v. Abdruck: Herrmann, Konformitäts-
ordnung, S. 35-53.
b B: jeder zeitt.
c Fehlt B.
d Im Text: necessariam.
chen kirchen gewönliche evangeiia sontags in den
morgenpredigten allwegen verlesen undt ercleren.
2. In analysi textus diese moderation brauchen,
das solche beim gemeinen volck erbawlich sein mö-
ge, auch den underschiedt halten, wan der text an
worten und verstand clar ist, das nicht viel analy-
sirens (wie etwa bey hohen schuelen geschicht) ge-
macht werde. Wann aber der text etwas dunckel, so
soll derselbig per necessariumd paraphrasirt, doch
also erclert werden, damit die nothwendige lehren,
erinnerungen, trost unndt warnungen auch ihre
statt und die meiste zeit haben mögen.
3. Der zeit halben seindt die predigten also an-
zuestellen, das solche uf die son-, feyer- und bettage
drey viertel einer stunden weren oder zum höchsten
nicht uber eine stunde verlangert, aber die werck-
tagspredigten zum lengsten drei viertel einer stun-
den, die sontägliche catechistische mittags predig-
ten nicht über eine halbe stunde extendirt werden,
zue welchem ende, darmit der zeit desto baß war-
genommen werde, sollen kirchendiener allenthalben
ihr sandtuhr uf der cantzel haben.
4. Unsere kirchendiener sollen nicht an son-e,
feyer- und andern predigtagen die predigten zue un-
gleichen stunden nach ihrem bloßen gefallen anstel-
len, |2r| dardurch das volck verhindert würdt, daß
sie nit zue gewißer zeit sich können zur kirchen schi-
cken.
e B: son- und.
1 Ludwig II. von Nassau-Weilburg (1565-1627, reg. seit
1596).
2 Die Kirchenordnung von 1576 in der letzten Fassung
von 1609, siehe oben, Nr. 32.
3 Erläuterungspunkte zur Kirchenordnung von 1609, siehe
oben, Nr. 34.
347