Metadaten

Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]; Arend, Sabine [Bearb.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (10. Band = Hessen, 3): Die Grafschaften Nassau, Hanau-Münzenberg und Ysenburg — Tübingen: Mohr Siebeck, 2012

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.30290#0367
Lizenz: Freier Zugang - alle Rechte vorbehalten
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
36. Erläuterungspunkte zur Kirchenordnung 1617

innert werden, sich darbei ebensowol alß bey den
predigten ohnnachleßig einzuestellen unnd umb die
gab des heil. geistes Gott zuegleich mitt anzueruef-
fen unnd mit dem gesango loben unnd zue preyßen.
3. Die christliche alte lobgesenge, so nur uf wey-
nechten, ostern, pfingsten pflegen gesungen zue wer-
den, bevorab, wen der kirchendiener schon uf die
cantzell gestiegen, sollen hienfüero umb beßerer
conformitet willen über 14 tag nach vollendetem
fest nicht continuirt oder lenger erstrecket werden.
4. Wo die alternation und abwechßelung der
schüeler und übrigen gemeine im singen herkom-
men, laßen wir es noch zur zeit darbei verbleiben.
5. Umb beßerer nachrichtung willen wollen wir,
das hienfüero ahn den kirchenthürn, sonderlich in
stätten, taffeln |3v | gehenget, daran die gewöhnlich-
ste kirchengeseng angeschrieben, unnd was mann
singen will, gezeichnet werde.
6. Vor der predigt soll allwegen nur das vatter
unßer11, wie herkommen, gesprochen werden, nach
der predigt aber das gebett, wie es in den erleute-
rungspuncten12 begriffen, auch unßer kirchenord-
nung eingerücket werden soll, und wollen wir, das
mann dieselbige formalia ohne fernern zuesatz, so
etwa sonderlich in dem titul gebraucht wirdt, wann
für unß unnd die unßerige gebetten, behalte, eß seye
dann, das wegen sonderbarer anliegen der kirchen
mit unßer, unßer inspectorn befelch, wißen und ge-
heisch ein ander gebett ad tempus zue gebrauchen
verordnet werde.
7. Wann fur die kirch unnd ihre diener gebetten
wirdt, soll addirt werden unnd (zuehöerernp) damit
dieselbige zuegleich mit eingeschlossen, wie auch in
forma absolutionis die kirchendiener sich seibst
nicht auß sondern mitt einzueschliessen haben.
8. Die collect oder form der beicht unnd abso-
lution, wie solche in der letzt edirter agenda fol. 72
etc.13 s. g. begriffen, sollen hienfüero unßere pfarrer
unnd kirchendiener nicht mehr übergehen, wie man
ahn etlichen ohrten gespüeret oder anderst ahn der

o B: gesang zu.
p B: zuegehören.
q B: stätten.
11 Mt 6,9-13.

statt substituiren, sondern uf alle hohe fest-, sonn-
unndt gantze feiertag beneben der gewöhnlichen
epistel ohnfelbarlich verleßen. In übrigen | 4r | ge-
meinen kirchenversamlungen uf halbe feyer-, bett-
und wercktage aber soll die collecta sambt der epi-
stel und fernerm gesang eingestellet sein.
Von mittagspredigten undt catechismo
1. Sontags soll zue mittag allwegen umb 12 oder, wo
es dienlicher ist, umb ein uhr, sonderlich, wo der
pfarrer keine underschiedliche kirchen oder filialn zu
versehen hat, der kirchengang geschehen.
2. In solcher versamlung sollen nach verrichtem
kurtzem gesange und beschehener lauterer erzeh-
lung der blosen hauptstück unsers christlichen klei-
nen catechismi14 von der canzel, wo volckreiche ge-
meinde sein, eine kurtze catechismuspredigt und
vermahnung von einer halben stundten gehalten
werden. Extraordinarie mag man je zue zeiten einen
andern text und materien vornehmen und ercleren,
je nachdem es zue erbauwung der kirchen nutz undt
nötig.
3. Hierauff das examen des catechismi folgen,
welches nach weiterer anleitung unser kirchenord-
nung und dero erleuterungspuncten unser kirchen-
diener also zu verrichten, das zwei aus den kindern,
sonderlich knaben, die fragstück sambt vorhaben-
dem hauptstück aus dem catechismo Lutheri uf
zweyen hierzu sonderlich geordneten stühlen, so et-
was erhaben und gegeneinander stehen sollen, zu-
vorderst lauth und verstendlich erzehlen. Übriges
examen solle bei jungen undt alten leuten in dorffen,
flecken und geringen stättleinq zuegleich geschehen,
in andern stätten aber, wo das examen der alten in
der kirchen nicht füglich anzuestellen, an statt de-
ßen bei der vorbereitung des h. abentmals und son-
sten zue ander |4v| gelegenheit das einfaltige alte
volck informirt werden.
4. Eß ist auch vor guet angesehen, das die cate-
12 Siehe die Erläuterungspunkte von 1609, oben, S. 335.
13 Kirchenordnung von 1576 in der letzten Fassung von
1609, siehe oben, S. 229.
14 Siehe den Katechismus in der Kirchenordnung von 1576,
oben, S. 254-259.

349
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften