Metadaten

Wolgast, Eike [Editor]; Seebaß, Gottfried [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Editor]; Sehling, Emil [Bibliogr. antecedent]; Arend, Sabine [Oth.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (10. Band = Hessen, 3): Die Grafschaften Nassau, Hanau-Münzenberg und Ysenburg — Tübingen: Mohr Siebeck, 2012

DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.30290#0384
License: Free access  - all rights reserved
Overview
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
Nassau-Wiesbaden

derumb aufgericht, die nachleßige erweckt, die ro-
hen, sichern14 geschreckt, die blöden unnd erschro-
ckenen getröst, | unnd also die kirche Gottes erbawet
unnd gebeßert werde.
Derhalbenn wir gemelten allen unnsern predi-
gern unnd kirchendienern hiemit genediglichen be-
velhen unnd ernstlich gebieten, sich inn allen iren
predigten deß stumpfierens, lesterns, schmehens
unnd verdammens, auch dern biß anhero vonn etli-
chen der unnsern gebrauchten vilen odios unnd ver-
haßter schimpflichenn tittuln unnd nachna-
men15, sowol gegen den papisten als den calvinisten,
so zur hauptsachen nichtswirdig (unnd vil mehr zur
unruhe unnd zerruttung dann der kirchen unnd
christlicher brüderlicher lieb erbäwlich unnd fürder-
lich) zumaßen unnd gentzlich zuenteußern, auch
sich der christlichen gedult, sanfftmuth, mittleidens
unnd möglicher bescheidenheit (hierdurch der ver-
leidet unnd irrendt mensch vil leichter und bäldter
gewonnen, bekeret unnd zu recht gebracht werden
kann, unnd also die ehre Gottes unnd christliche kir-
chen reichlicher unnd löblicher zu viler armen seelen
ewigem heil unnd wollfart erweittert und gemehret
wirdt) mit sondern andacht bevleißigen unnd dahin
bearbeiten, etc.
Dieweil auch sonders hierzu vonnöthen unnd einem
christlichen lehrer wol anstehet, daß er eines erbarn,
aufrichtigen unnd unsträfflichen lebens, wesens
unnd wandels sey unnd seinen pfarrkindern unnd |
menniglichen mit gutem exempel vorgehe, damit er
nicht mit böesem, ergerlichem leben dasjehnige wi-
der zerstöre, was er mit guter lähr erbawet hat, wer-
den unnd söllen sie selbst ihrem stand unnd beruff,
auch dem göttlichen bevelch gemes ihr liecht unnd
gute werck dermaßen laßen leuchten, auch ir leben
unnd wandell dahin anstellen, daß sowoll unsere ge-
genparth als ihre pfarrkinder sich dardurch gebe-
ßernn unnd gespigeln unnd unser himlischer vatter
dardurch gelobt unnd gepriesen werden möge, etc.
Es soll auch diese unnsere hochnothwendige er-
innerung, anmanung, abgeschaffte unbescheidenheit
ß Praeoccupatio.
y Declaratio.

unnd unordnung, auch hergegen anbevolhene sanfft-
und demuth, niemandt dahin anreitzen, den
wahn16 unnd gedancken zu machen, alls wollten
unnd begerten wir, unsere christliche religion, glau-
ben unnd bekandtnus allgemachsam hierdurch zu-
verwechselen, zu reformiren unnd zuendern, jha
gentzlich innskönfftig zu unterdrücken unnd abzu-
schaffen, oder aber wir nitt dulden, zugeben unnd
verstatten wöllten, daß unnsere gegenpartheyen
opinionen, meynung unnd lähr uff den cantzeln
unnd inn offentlichen christlichen versamlungen
unnd predigten geandet unnd widerfochtenß, auch
die christliche kirchen unnd gemein hiervor verwar-
net unnd dem allten sprichwort nach, der wolff, vor
welchen mann sich zu hueten etc., nitt genandt oder
das liecht von der finsternus nit sepa- | rirt unnd
abgesondert werdenn sollt etc., sondernn sollen hie-
mit unnsere pfarrhern unnd kirchendiener, ja, men-
niglichen vilmehr unns darfur ansehen, hallten unnd
wißen, daß solches nitt allein unnser will, intent
unnd meinung nie gewesen, vilmehr aber wir die
sorg unnd zuneigung getragen, auch noch deß
christlichen gemuts endtlichen sein unnd vermittelst
göttlicher gnadenn unnd beystandts bestendigli-
chenn darbey biß zu unnserm ableiben zu verharren
vhestiglichen bedachty, daß das heylige gotteswort
zu mehrung Gottes forcht unnd andacht, auch
christlicher lieb, fried unnd einigkeit vortgepflan-
tzet unnd inn christlichem wesen erhalten, jedoch,
das es nitt, wie bey vilen zwar ein böeser gebrauch,
die nach ihres eigen willens privat eyfers, neidts
unnd hoffart oder ehrgeitz zu sonderbarer der
christlichen kirchen unnd der gemeinen Gottes ab-
bruch etc. entstanden unnd vor ein vohrnehmen
rhum angesehen werden will, gelehret unnd gepre-
diget werde.
Mögen auch wol leiden unnd ist unns gantz
nicht zu entgegen, daß unnsere prediger inn iren
vorhabenden predigten unserer gegenlehrer unnd
-partt opinionen, fundamenta, lehren unnd meinun-
gen allegiren unnd anzihen, auch solche ihre be-
kandtnußen gegen unnserer wahren, seeligmachen-
14 Sorglosen, Unbekümmerten, Grimm, DWb 16, Sp. 727.
15 Spottnamen.
16 Eindruck.

366
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften