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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]; Arend, Sabine [Bearb.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (10. Band = Hessen, 3): Die Grafschaften Nassau, Hanau-Münzenberg und Ysenburg — Tübingen: Mohr Siebeck, 2012

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https://doi.org/10.11588/diglit.30290#0399
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Einleitung

inhaltlich weist die Ordnung Gemeinsamkeiten mit dem Mandat auf. In ihrem Umfang geht sie jedoch weit
darüber hinaus, indem sie einige Artikel erweitert und zusätzliche Abschnitte einführt. Zu diesen Addenda
gehören die Mahnung an die Gläubigen, bis zum Schluss der Gottesdienste in der Kirche zu bleiben, die
Sonn- und Feiertagsheiligung zu beachten, Bestimmungen gegen Abendmahlsverweigerer, Gotteslästerer,
Zauberer und Wahrsager, Maßnahmen gegen Zutrinken sowie ausufernde Hochzeits- und Tauffeierlichkei-
ten. Zur Überwachung sollten in jeder Pfarrei zwei Presbyter bestellt werden, die als kirchenruger auf alle
Irregularitäten zu achten und diese nach dem Sonntagsgottesdienst vor den Schultheiß zu bringen hat-
ten.69
Die Einführung der Zuchtordnung verlief nicht an allen Orten reibungslos. Bei der am 17. Mai 1602 in
Sterbfritz gehalten Visitation kam zutage, dass die Untertanen sich der ihnen zum drittenmale vorgelesenen
Disciplin-Ordnung allerdings entziehen.70 Auch in Neuengronau wurde der Herrschaft Ordnung ... nicht nach-
gelebt.71 Möglicherweise auch aufgrund dieser Visitationsergebnisse wurde die Zuchtordnung 1602 erneuert.
Philipp Ludwig II. war nun alleiniger Aussteller, denn nach dem 1599 eskalierten Streit um die Mitherr-
schaft Albrechts, wurden keine gemeinsamen Ordnungen mehr erlassen.72 Die Fassung von 1602 war zwar
erweitert worden, die Inhalte der ursprünglich 19 Abschnitte verteilten sich nun jedoch auf nur noch
16 Kapitel. Auch die Reihenfolge der einzelnen Passagen weicht voneinander ab. Da die Anordnung in der
Edition aus Gründen der Übersichtlichkeit nicht detailliert wiedergegeben werden kann, soll folgendes
Schema die Abfolge der Kapitel in beiden Fassungen verdeutlichen:

1599

1602

Vorrede
1. Predigtbesuch
2. Vorbildlichkeit der Prediger in
Lehre und Leben
3. Katechismusunterricht
4. Bis zum Ende der Predigt
in der Kirche bleiben
5. Abendmahlsteilnahme und
Religionsverächter
6. Anlegen von Kirchenbüchern
7. Jahrmärkte
8. Jahrmärkte
9. Erntearbeiten an Sonn- und
Feiertagen
10. Gotteslästerung
11. Erziehung der Mündel
12. Trunksucht

Vorrede
1. Predigtbesuch
[innerhalb von 1. Predigtbesuch]
3. Katechismusunterricht
4. Unterweisung der Dienstboten
[innerhalb von 1. Predigtbesuch]
2. Abendmahlsteilnahme / 5. Religionsverächter
[innerhalb von 15. Amt der Kirchensenioren]
11. Jahrmärkte
[innerhalb von 11. Jahrmärkte]
[innerhalb von 1. Predigtbesuch]
6. Gotteslästerung
[innerhalb von 3. Katechismusunterricht]
7. Trunksucht

69 Zum Inhalt siehe auch Müller-Ludolph, Philipp
Ludwig II., S. 207f. Vgl. Grimm, Rügegerichte,
S. 25-31.
70 Rullmann, Kirchenvisitationsprotokoll, S. 198.

71 Ebd., S. 190. Zum Protokoll der Visitation von 1602
ebd., S. 175-207.
72 Siehe oben, S. 379 Anm. 62. Vgl. Cuno, Philipp Ludwig
II., S. 67; ders., Adam Hertzog, S. 134; Müller-Lu-
dolph, Philipp Ludwig II., S. 208.

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