Metadaten

Wolgast, Eike [Editor]; Seebaß, Gottfried [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Editor]; Arend, Sabine [Oth.]; Sehling, Emil [Bibliogr. antecedent]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (10. Band = Hessen, 3): Die Grafschaften Nassau, Hanau-Münzenberg und Ysenburg — Tübingen: Mohr Siebeck, 2012

DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.30290#0439
License: Free access  - all rights reserved
Overview
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
7. Kirchenzuchtordnung 1599/1602

leut bey gutem wetter gern etwaß auß dem feldt
bringen wollen, soll daßelb mit erlaubnus deß pfar-
herrß und schultheißen geschehen oder, in verplei-
bung dessen, gepurliche straff gegen den verpre-
chern furgenommen werden.
f10. Nachdem auch die gottslesterung undt daß
leichtfertigeg fluchen und schwehren bey dem nah-
men, krafft und macht Gotteß, bey den wunden und
marter Christi und waß dergleichen greuliche fluche
mehr seindt, hin Gottes wort und bey allen rechten
bey hoher straff verbotten und, gleichwol bey jun-
gen undt alten so gar gemein seindh, daß, wann wir
sonst keine sunde dann diese auff unß hetten, kein
wunder wehre, daß Gott beide1, flucher und lesterer
selbst und auch die obrigkeit, so solcher boßheit zue-
siehet, sehr greulich auch mit leiblichen straffen,
wiej ungezweiffelt geschicht, deßhalben heimsuche.
So befehlen wir ernstlich und ordenen, daß ein jeder,
er sey, wer er wolle, der mitk gotts-| 221r | lesterung
und obgemelten greulichen fluchen begriffen21,
nachdem er zum ersten undt andern mahl durch sei-
nen pfarherr, amptsverweser eines jeden ortß oder
die eltisten treulich darvon abgemahnt und verwar-
net ist und zum dritten mahl strafflich erfunden
wirt, soll er fur jedeß mahl, jedoch altzeit mit er-
steigerung der straff, dem gottßcasten mit etwaß
verfallen sein. Da er aber auchl leichtfertiger gewon-
heit oder muhtwilliger verachtung dießer unßer ord-
nung vom fluchen und gottlestern nicht wolte ab-
stehen, soll er nicht allein an gelt, sondern auch
nach gelegenheit der verwirckung harter gestrafft
werden.

f 1602: Art. 6: Von gotteslestern.
g 1602: leichtfertige, freimutliche.
h-h Fehlt 1602.
i 1602: beide, die.
j 1602: wie dan.
k 1602:in.
l 1602: aus.
m 1602: ubertretter davon.
n 1602: vermahnet.
o-o 1602: Daß hinfuro die eltern ihren kindern ... [siehe oben,
S. 418 Anm. f].

Welcher auch solch fluchen und schwehren in
seinem hauß wissentlich dulden, darzu stillschwei-
gen, nachdem er dem ubertretterm abzustehen, aber
ohne frucht, vernimptn, und daßelbe an gepurliche
ort nicht anzeigen wurde, der soll deßwegen, so offt
eß kundlich wirt, nicht weniger alß der verprechere
gestrafft werden.
Die kinder, so fluchen oder schwehren, sollen die
eltern darumb zuchtigen. Wo sie aber solches |221v |
nicht thun werden, wann sie darumb gut wissens
haben, sollen sie der kinder bueß erlegen.
11. oDie eltern und vormunder sollen ihren kindern
und pupilln22 oder pflegkindern wohl furstehen, sie
in der zucht und ermahnung zum herrn auferziehen
und, da sie deß alterß undt verstandtß, entweder
zur schueln oder sonst eherlichen arbeit und han-
dtirung halten und anweisen. Wo sie sich aber an-
derst hierin erzeigen wurden, alß ihnen gepurt, sol-
len sie deßhalben von unß angesehen und nach be-
findung gestrafft werdeno.
p12. Dieweil auch durch drunckenheit und vollsauf-
fen Gott der almechtig zum hochsten wirdt erzurnt
und darneben auch, wie die tagliche erfahrung gnug-
sam bezeugt, viel unrahts und unheilß darauß ent-
stehet, soll sich pillich ein jeder nuchtern und ver-
nunfftig wissen zuehalten und nicht allein fur sich
selbst daß ubermessige zutrincken gentzlich meiden,
sondern auch andern kein ursach darzu geben. Wel-
cher aber in fullerey erfunden und sich darin unge-
schickt halten wurdte, |222r| der soll entweder an
gelt oder, da erß ubermachen23, mit dem thurn ge-
strafft werdenq

p 1602: Art. 7: Von vollsauffen.
q 1602: werden. Die wirth, so solches in ihren heusern wi-
ßentlich gestatten und daßelb verschweigen würden, sol-
len denselbigen gleich gestrafft werden. Welche gantze
tage und nacht in wirtsheusern und in zechen sietzen
bleiben, sollen auch zue gebürlicher gelt- oder thurn-
straff gezogen werden.

21 Ertappt, angetroffen.
22 Mündeln.
23 Übertrieben hätte, Grimm, DWb 23, Sp. 401.

421
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften