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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Arend, Sabine [Bearb.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (10. Band = Hessen, 3): Die Grafschaften Nassau, Hanau-Münzenberg und Ysenburg — Tübingen: Mohr Siebeck, 2012

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https://doi.org/10.11588/diglit.30290#0450
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Hanau-Münzenberg

9b. Entwurf von Visitationsfragena
6. März 1599

Visitation[i]s art[iculi] special[es]

I. De personis: Inquirendum a presbyteris
vel eius auditoribus de ecclesiae ministris:
1. Ob des orts pfarher oder caplan seine ordentliche
sontagliche und wochentliche predigten und ca-
techisation so woll in der mutterkirchen als auch
dem filial etc. vleißig haltte.
2. Ob der diener am wort Gotts auch mit nutz unnd
fruchten seinen zuhorern das heilsame wort Gotts
der zerschlagenen hertzen1, Gotts gnade undt den
gecreutzigten Christum, den unbueßferttigen aber
Gotts zorn und das gesetze furtrage und einbilde.
3. Wie sich ein pfarher unnd sein gesinde under sich
selbst und gegen die weldtliche obrigkeit und die
nachparn in leben unnd wandell verhaltt und was an
ihnen zustraffen.
4. Item wie sich der minister mit seinem collegae,
dem schulmeister und glockner vergleiche und ver-
haltte.
5. Ob sie auch in den weinhaußern, spielpletzen oder
andern verdechtigen ortten sich finden laßen unnd
mit wucherlichen oder andern unzimblichen hend-
lern umbgehen etc. [ 123v |
6. Ob sie sich auch in weldtliche handel immiscirn
unnd gleichsam den fues uff den predigstuel und
rhathauß2 etc. aus ehrgeitz unnd furwitz haben wol-
len.
7. Ob sie sich in besuchung und trostung der armen
und krancken auch vleisig annemen unnd wie sie
mit den kirchenguttern und den almosen umbgehen
etc.

[8.] Item, wie sich des orts weldtliche obrigkeit ver-
haltte, ob sie auch dem predigampt die handt biet-
ten und der religion zugethan. 124r |
2. Inquirendum a ministris ipsis:
1. Unnd anfanglichen, weil sich offt zutregt, das
man nit eigentlich wißen kan, ob ein minister unßer
wahre, christliche religion recht verstehet, soll man
ihn deßwegen befragen, an satis intelligat unnd uff
was formb er das seligmachende wortt Gotts seinen
zuhorern furtrage, und also ursach nemen, etwas
mit ihm zu conferirn.
2. Ob er seine predigt zuvor beschreibe und in ain
richtige disposition brenge oder memoriter ex tem-
pore haltte.
3. Was er uff die beettag- oder wochenpredigt fur
einen text neme.
4. Was fur authores oder interpreten er habe und
leße und wie er dieselbe recht accomodiere ad cap-
tum auditorum et statum rerum etc.
5. Ob er auch mit den elttern unndt gevattern, wan
sie die kinder tauffen laßen wollen, von dem nutz
undt frucht der h. dauffe conferire undt die jenigen,
so auch verbotenus die funff hauptstuck3 unßer
wahren christlichen religion nit zuerzehlen wißen,
admittire. 124v |
6. Ob er auch seine bucher habe undt furzeigen kon-
ne, darin er beschrieben hab, was und wie viel kin-
der gedaufft, wie viel dern, so sich bei der kinder-
lehr4 einstellen, wie viel communicanten er habe,
was und wie viel junge eheleut sich einsegnen laßen

a Textvorlage (Handschrift): HStaatsA Marburg Best. 83,
Nr. 356, fol. 123r-128v.

1 Ez 6,9.

2 Anteil an der weltlichen und geistlichen Gewalt.
3 Zu den fünf Hauptstücken des Katechismus siehe oben,
S. 214 Anm. 17.
4 Katechismusunterricht.

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