11. Almosenordnung [1600]
ihrer christlichen mitglidern sich mit allem fleiß und
ernst annehmen18, so sollen ihnen aus der zahl der
gewehlten eltesten jedes orts etliche gewiße perso-
nen, welche erbare, aufrichtige, auch fromme, gott-
seelige und unverdroßene leuth sindt, nachdeme es
die größe eines jeden orts erfordert, zuegeordnet und
einem jeglichen sein besonder quartier deßelben orts
zuegetheilet werden, welche dan allwegen auf den
newen jarstag der gemeindt verkündiget werden
und das ampt und nahmen der almusenpfleger tra-
gen sollen, also daß, so viel müglich und thunlich,
ein jeder solcher almusenpfleger fur jetz angeregt
quartier sorg tragen und der armen halben Gott und
der obrigkeit rechnung zue geben sich schüldig zue
sein wißen soll.
3. Und soll keinem, der zue solchem ampt er-
wehlet, auch leibs, verstands und guten ge-
rüchts19 halben dazue thüchtig ist (er sei sonsten in
derselben gemeindt stants und ampts halben, wer er
immer wolle), einige entschüldigung gestattet oder
sich davon zue entziehen zuegelaßen werden, die-
weill diese verordnung der almusenpfleger nicht ei-
nes menschen, sondern Gottes und also 326v | eine
immerwehrende ordnung in seiner christlichen ge-
meind ist, deren sich keiner entschütten20 kan, der
nicht zuegleich damit auch von der christlichen ge-
meine sich absondere und, daß er kein glid an leib
Christi seie, offentlich dardurch bezeuge.
4. Dahero auch ein jeder solches ampt von Got-
tes wegen und ohne einige belohnung und zeche-
rei21 zue tragen schuldig und desto trewlicher und
fleißiger darin handlen solle, dieweill er Gott fur-
nemblich, der ein hertzkündiger22 ist, davon rech-
nung23 thun muß, wie dan auch die entwendung des
almusen eben der ursach wegen ein sacrilegium und
als ein kirchenraub in allen rechten zue strafen ist.
5. Nachdeme aber auch dieß ampt viel mühe,
sorg und arbeit auf sich trägt, so sollen die darzue
verordnete almusenpflegere jerlichen auf obbe-
stimbte zeit abgewechselt, doch allewegen dero al-
ten der halbige theil nach jedes orts gelegenheit das
folgende jar bei den new ankommenden umb beße-
rer nachrichtung willen im ampt gelasen werden.
II. Cap.: Wie die almusenpflegere die rechte haußarmen, alte und junge, erfahren und von den angemasten
armen underscheiden, auch den gottseeligen reichlicher dan den gottlosen mittheilen sollen 327r |
Damit nun in der gemeinde Gottes niemand dürftigs
ubergangen, versaumpt und also zum seuftzen und
reitzen des zorns Gottes oder durch solches versau-
men ursach zue unordentlichem betteln (da rechte
und falsche armen nicht underscheiden werden kön-
nen) gegeben werde, so sollen jetz gemelte almusen-
pflegere und pfarrherr jedes orts mit allem fleiß und
fürsichtigkeit erkündigen, auch den augenschein
selbst einnehmen, was fur hausarmen, mangel- und
bresthafte personen, die ihr brot alters, jugent, un-
verstands oder andere mängel und fehl halben nicht
erwerben können, in der gemeind und pfarren seien,
dazue ihnen dan der schulthes, rhat, gericht und ge-
meind daselbst, so oft sie ersucht, mit gutem bericht
und beistandt die hülfliche hand bieten und sich fur-
18 Vgl. Apg 4,32-37; 6,1-7; Gal 6,10.
19 Leumunds.
20 Entäußern, entziehen.
21 Gastmahl, hier im Sinne einer Unkostenerstattung.
sehen sollen, daß nicht ins gemein hinein und auf
eines jeden anzeige, sondern mit gutem gewißen die
recht armen erkündiget werden, deren nahmen,
stand und vermügen sampt allen umbständen sie
aufrichtig ohne einige gunst oder andere affecten,
sondern in warheit und, wie es der augenschein
selbst gibt, durch den pfarrer oder einen aus ihrem
mittell, so schreiben kan, verzeichnen und bei den
eltesten anbringen, welche als dan samptlich mit ih-
nen bedencken sollen, 327v | wie eine jede deren an-
brachten personen beschaffen, was ihr verhalten
und thun seie oder auch zuevor gewesen, item, wa-
rumb sie mangel oder noth leiden, und darauf er-
kennen, wieviel einem jeden seiner notturft nach je-
hands24 mittzuetheilen seie, darin sie dan nach der
22 Lk 16,15.
23 Rechenschaft.
24 Je einmal, Grimm, DWb 10, Sp. 2298.
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ihrer christlichen mitglidern sich mit allem fleiß und
ernst annehmen18, so sollen ihnen aus der zahl der
gewehlten eltesten jedes orts etliche gewiße perso-
nen, welche erbare, aufrichtige, auch fromme, gott-
seelige und unverdroßene leuth sindt, nachdeme es
die größe eines jeden orts erfordert, zuegeordnet und
einem jeglichen sein besonder quartier deßelben orts
zuegetheilet werden, welche dan allwegen auf den
newen jarstag der gemeindt verkündiget werden
und das ampt und nahmen der almusenpfleger tra-
gen sollen, also daß, so viel müglich und thunlich,
ein jeder solcher almusenpfleger fur jetz angeregt
quartier sorg tragen und der armen halben Gott und
der obrigkeit rechnung zue geben sich schüldig zue
sein wißen soll.
3. Und soll keinem, der zue solchem ampt er-
wehlet, auch leibs, verstands und guten ge-
rüchts19 halben dazue thüchtig ist (er sei sonsten in
derselben gemeindt stants und ampts halben, wer er
immer wolle), einige entschüldigung gestattet oder
sich davon zue entziehen zuegelaßen werden, die-
weill diese verordnung der almusenpfleger nicht ei-
nes menschen, sondern Gottes und also 326v | eine
immerwehrende ordnung in seiner christlichen ge-
meind ist, deren sich keiner entschütten20 kan, der
nicht zuegleich damit auch von der christlichen ge-
meine sich absondere und, daß er kein glid an leib
Christi seie, offentlich dardurch bezeuge.
4. Dahero auch ein jeder solches ampt von Got-
tes wegen und ohne einige belohnung und zeche-
rei21 zue tragen schuldig und desto trewlicher und
fleißiger darin handlen solle, dieweill er Gott fur-
nemblich, der ein hertzkündiger22 ist, davon rech-
nung23 thun muß, wie dan auch die entwendung des
almusen eben der ursach wegen ein sacrilegium und
als ein kirchenraub in allen rechten zue strafen ist.
5. Nachdeme aber auch dieß ampt viel mühe,
sorg und arbeit auf sich trägt, so sollen die darzue
verordnete almusenpflegere jerlichen auf obbe-
stimbte zeit abgewechselt, doch allewegen dero al-
ten der halbige theil nach jedes orts gelegenheit das
folgende jar bei den new ankommenden umb beße-
rer nachrichtung willen im ampt gelasen werden.
II. Cap.: Wie die almusenpflegere die rechte haußarmen, alte und junge, erfahren und von den angemasten
armen underscheiden, auch den gottseeligen reichlicher dan den gottlosen mittheilen sollen 327r |
Damit nun in der gemeinde Gottes niemand dürftigs
ubergangen, versaumpt und also zum seuftzen und
reitzen des zorns Gottes oder durch solches versau-
men ursach zue unordentlichem betteln (da rechte
und falsche armen nicht underscheiden werden kön-
nen) gegeben werde, so sollen jetz gemelte almusen-
pflegere und pfarrherr jedes orts mit allem fleiß und
fürsichtigkeit erkündigen, auch den augenschein
selbst einnehmen, was fur hausarmen, mangel- und
bresthafte personen, die ihr brot alters, jugent, un-
verstands oder andere mängel und fehl halben nicht
erwerben können, in der gemeind und pfarren seien,
dazue ihnen dan der schulthes, rhat, gericht und ge-
meind daselbst, so oft sie ersucht, mit gutem bericht
und beistandt die hülfliche hand bieten und sich fur-
18 Vgl. Apg 4,32-37; 6,1-7; Gal 6,10.
19 Leumunds.
20 Entäußern, entziehen.
21 Gastmahl, hier im Sinne einer Unkostenerstattung.
sehen sollen, daß nicht ins gemein hinein und auf
eines jeden anzeige, sondern mit gutem gewißen die
recht armen erkündiget werden, deren nahmen,
stand und vermügen sampt allen umbständen sie
aufrichtig ohne einige gunst oder andere affecten,
sondern in warheit und, wie es der augenschein
selbst gibt, durch den pfarrer oder einen aus ihrem
mittell, so schreiben kan, verzeichnen und bei den
eltesten anbringen, welche als dan samptlich mit ih-
nen bedencken sollen, 327v | wie eine jede deren an-
brachten personen beschaffen, was ihr verhalten
und thun seie oder auch zuevor gewesen, item, wa-
rumb sie mangel oder noth leiden, und darauf er-
kennen, wieviel einem jeden seiner notturft nach je-
hands24 mittzuetheilen seie, darin sie dan nach der
22 Lk 16,15.
23 Rechenschaft.
24 Je einmal, Grimm, DWb 10, Sp. 2298.
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