Hanau-Münzenberg
12g. Instruktion zur Katechisationsordnunga
30. November 1609
Instructio inspectorum et ministrorum, zue der underweißungsordnung1 gehörig
Der wolgeborne grave und herr, herr Philipß Lud-
wig2, grave zue Hanaw und Rhieneck, herr zue
Münzenbergk etc., röm. kay. mayt. rhat etc., unser
genediger regirender landsherr, hat genedig anbefo-
len, nachdem i. g. die hochnotwendige underwei-
sungsordnung dero lieben underthanen zum besten
zue papier bringen und vollents publicirn laßen und
dabei sich genedig erinnert, daß bei berhatschla-
gung3 erwehnter ordnung solche erinnerungen ange-
regt, so nutzlich und nötig, daß dero inspectores,
pfarrher und kirchendiener darvon berichtet wor-
den, daß solche gleichfals doch nur in forma instruc-
tionis zuesammen gefast und dero inspectoribus den
fratribus classicis fürters habend mitzuetheilen, zue-
gestelt werden solten. Deme nun zue schuldigem un-
derthenigem gehorsamb seint nachfolgende puncten
in acht genommen und werden inspectores und
samptliche kirchendiener demselben fleißig nach-
zuesetzen nicht underlaßen.
Erstlich, dieweill diese formul der underweisung der
alten biß da4 in i. g. herrschafft unbreuchlich gewe-
sen und deswegen, 182v | umb daviel weniger zwei-
fel zue machen, daß nit viel wißende leuth zuefin-
den, so wollen i. g., daß die theologi mit solchen
ignoranten bescheidentlich, sanftmütig und gedultig
umbgehen sollen, damit die blöden5 nicht irre noch
schamroth gemacht, die widerspenstige auch nicht
gar fur den kopf gestoßen werden, daß dan gesche-
hen würde, da die theologi hart und bitter gegen
solche verfahren solten.
a Textvorlage (Handschrift): SUB Göttingen 2° Cod. Ms.
Jurid. 8, Bd. II, fol. 182r-184r.
1 Ordnung der Katechisation 1609, siehe oben, Nr. 12f.
2 Philipp Ludwig II. von Hanau-Münzenberg (1596-
1612).
3 Siehe oben, S. 487 Anm. 7.
Derowegen, zum andern, vonnothen, wan der
kirchendiener (an welchem die underweisung alsdan
ist) an der leuth geberden und gesichtern mercken
und sehen wirt, daß sie wenig lusten zue solcher un-
derweisung tragen, so kan er solche einmal oder zwei
ungefragt, doch unvermerckt6, hinziehen laßen, biß
sich solche bitterkeit, so in die harre7 nicht wehren
kan, gelegt.
Zum dritten, da sich auch [personen] finden sol-
ten, so etwan starck widerbefzen8 oder -reden moch-
ten, so soll der kirchendiener daran sich nicht keren,
auch wol zuesehen, daß er sich nicht zum zorn deß-
halben bewegen laße, sondern vielmehr dagegen sich
aller freundlicheit befleißen. Und kan er solche wi-
derspenstigen mit dergleichen worten anreden: Wol-
an, mein 183r | bruder, ich halte euch ewere wider-
spenstigkeit oder gebrauchte wort wol zue guet, dan
leider ihr es noch nicht verstehet, wie ihr ewers ei-
genen bestens halben anhero erfordert seit, aber, ge-
liebts Gott, ihr werdet es hernacher, wie andere
auch gethan, erfahren, beides, Gott dem allmechti-
gen und dem wolgebornen unserm genedigen herrn
wie auch mir für diese underweisung danck sagen
etc.; und sie also fur das mal abziehen laßen.
Zum vierten soll der kirchendiener daheim die
fragen, mit welchen er die zuehörer tentirn will, wol
ruminirn, damit er geschickt erscheinen und diesel-
bige den leuten gleichsam vorgekawet in den mund
legen könne, dabei sich auch fur lecherliche, höni-
sche und dergleichen fragen, so ihm hiernegst ver-
4 Heute, jetzt.
5 Schwachen, Unwissenden.
6 Gemeint ist wohl das Gegenteil: vermerkt, aufgezeich-
net.
7 Verzug. Hier: auf Dauer.
8 Widersprechen, murren, Grimm, DWb 29, Sp. 910.
494
12g. Instruktion zur Katechisationsordnunga
30. November 1609
Instructio inspectorum et ministrorum, zue der underweißungsordnung1 gehörig
Der wolgeborne grave und herr, herr Philipß Lud-
wig2, grave zue Hanaw und Rhieneck, herr zue
Münzenbergk etc., röm. kay. mayt. rhat etc., unser
genediger regirender landsherr, hat genedig anbefo-
len, nachdem i. g. die hochnotwendige underwei-
sungsordnung dero lieben underthanen zum besten
zue papier bringen und vollents publicirn laßen und
dabei sich genedig erinnert, daß bei berhatschla-
gung3 erwehnter ordnung solche erinnerungen ange-
regt, so nutzlich und nötig, daß dero inspectores,
pfarrher und kirchendiener darvon berichtet wor-
den, daß solche gleichfals doch nur in forma instruc-
tionis zuesammen gefast und dero inspectoribus den
fratribus classicis fürters habend mitzuetheilen, zue-
gestelt werden solten. Deme nun zue schuldigem un-
derthenigem gehorsamb seint nachfolgende puncten
in acht genommen und werden inspectores und
samptliche kirchendiener demselben fleißig nach-
zuesetzen nicht underlaßen.
Erstlich, dieweill diese formul der underweisung der
alten biß da4 in i. g. herrschafft unbreuchlich gewe-
sen und deswegen, 182v | umb daviel weniger zwei-
fel zue machen, daß nit viel wißende leuth zuefin-
den, so wollen i. g., daß die theologi mit solchen
ignoranten bescheidentlich, sanftmütig und gedultig
umbgehen sollen, damit die blöden5 nicht irre noch
schamroth gemacht, die widerspenstige auch nicht
gar fur den kopf gestoßen werden, daß dan gesche-
hen würde, da die theologi hart und bitter gegen
solche verfahren solten.
a Textvorlage (Handschrift): SUB Göttingen 2° Cod. Ms.
Jurid. 8, Bd. II, fol. 182r-184r.
1 Ordnung der Katechisation 1609, siehe oben, Nr. 12f.
2 Philipp Ludwig II. von Hanau-Münzenberg (1596-
1612).
3 Siehe oben, S. 487 Anm. 7.
Derowegen, zum andern, vonnothen, wan der
kirchendiener (an welchem die underweisung alsdan
ist) an der leuth geberden und gesichtern mercken
und sehen wirt, daß sie wenig lusten zue solcher un-
derweisung tragen, so kan er solche einmal oder zwei
ungefragt, doch unvermerckt6, hinziehen laßen, biß
sich solche bitterkeit, so in die harre7 nicht wehren
kan, gelegt.
Zum dritten, da sich auch [personen] finden sol-
ten, so etwan starck widerbefzen8 oder -reden moch-
ten, so soll der kirchendiener daran sich nicht keren,
auch wol zuesehen, daß er sich nicht zum zorn deß-
halben bewegen laße, sondern vielmehr dagegen sich
aller freundlicheit befleißen. Und kan er solche wi-
derspenstigen mit dergleichen worten anreden: Wol-
an, mein 183r | bruder, ich halte euch ewere wider-
spenstigkeit oder gebrauchte wort wol zue guet, dan
leider ihr es noch nicht verstehet, wie ihr ewers ei-
genen bestens halben anhero erfordert seit, aber, ge-
liebts Gott, ihr werdet es hernacher, wie andere
auch gethan, erfahren, beides, Gott dem allmechti-
gen und dem wolgebornen unserm genedigen herrn
wie auch mir für diese underweisung danck sagen
etc.; und sie also fur das mal abziehen laßen.
Zum vierten soll der kirchendiener daheim die
fragen, mit welchen er die zuehörer tentirn will, wol
ruminirn, damit er geschickt erscheinen und diesel-
bige den leuten gleichsam vorgekawet in den mund
legen könne, dabei sich auch fur lecherliche, höni-
sche und dergleichen fragen, so ihm hiernegst ver-
4 Heute, jetzt.
5 Schwachen, Unwissenden.
6 Gemeint ist wohl das Gegenteil: vermerkt, aufgezeich-
net.
7 Verzug. Hier: auf Dauer.
8 Widersprechen, murren, Grimm, DWb 29, Sp. 910.
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