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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Arend, Sabine [Bearb.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (10. Band = Hessen, 3): Die Grafschaften Nassau, Hanau-Münzenberg und Ysenburg — Tübingen: Mohr Siebeck, 2012

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https://doi.org/10.11588/diglit.30290#0513
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12g. Instruktion zur Katechisationsordnung 1609

kehrt und ubel gedeutet werden möchten, mit son-
derm fleiß hüten.
Zum fünften soll er den leuten in der antwort
ufhelfen, auch, da sie etwa nicht allerdings9 apte re-
spondirn, ihnen die antwort aus dem mund abneh-
men, sagent: Recht, so vermeinet ihr; oder: Also
habt ihr wollen sagen; damit sie nicht schamrot,
sondern in antworten hiernegst kecker10 gemacht
und doch dardurch zum rechten verstandt gebracht
werden.
Zum sechsten soll der kirchendiener offt mit
gottsförchtigen vermahnungen zue wahrer bueß, zue
183v | einem ersten kindtlichen vertrawen zue Gott,
zue einem eiferigem und fewerigem gebet und gotts-
förchtigem leben den leuten das herze rühren, dan
solche erinnerungen bey einem so christlichen und
Gott wolgefelligen werck ohne stacheln der gottsee-
ligkeit nimmer abgehen können.
Zum siebenden so soll der kirchendiener sonder-
lich im anfang darauf achtung geben, daß er die je-
nigen frage, so ihm bekant sein, daß sie es wißen, biß
die andere erst etwas in die gewonheit kommen und
sich im mittelst11 zue hauß mit der antwort gefast
machen können.
Dannenhero, zum achten, soll er in die ubelhö-
rende und gar einfeltige nicht tringen, sonderlich uf
die erzelung der funf hauptstücken und angehenck-
ten fragen, sondern ihnen dagegen den gecreuzigten
Christum predigen und dahin sich bemühen, daß er
ihnen das fundament und rechten verstandt zur see-

9 In allen Dingen, auf alle Fragen.
10 Mutiger.
11 Inzwischen, unterdessen.
12 Vgl. hierzu die kurpfälzische Ankündigung der Visitation
vom 13. November 1593, den Visitationsabschied vom
12. Dezember 1593 und den Visitationsbericht [1594],
Sehling, EKO XIX, S. 800, 818, 847.

ligkeit beibringen möge, welches er beedes in der ac-
tion der unterweisung und dan auch sonsten priva-
tim verrichten soll12.
Zum neunten, weill auch leider allerhandt strit-
tige religionspuncten, als von der ewigen wahl Got-
tes und der person Christi und dem heiligen nacht-
mal durch den leidigen sathan in die kirchen geseet,
dahero dan grose zerrüttungen 184r | entstanden, so
verbieten i. g. zuemahl, dergleichen strittigkeiten
bey diesem underweisungswerck im geringsten zue
gedencken und wollen dagegen, achten es auch ge-
nug zuesein, daß nur den armen, einfeltigen leuten
der weg zur seeligkeit in thesi schlecht und recht
ohne inführung einiger antitheseos gezeigt
werde13.
Letzlich soll der kirchendiener in dieser ganzen
action dahin sehen und sich bearbeiten, daß er seine
zuehörer nimmer, nisi cum singulari aliquo aculeo
pietatis von sich laße, darzue dan ihme ein kurz,
nervos, eiferig gebeth, davon in der ordnung mel-
dung beschicht14, mercklich dienen kan.
Das haben wolgedachte i. g. dero inspectori und
kirchendienern gleichsamb ad partem zur nachrich-
tung anbefelen wollen und werden dieselbe, solchem
also nachzuekommen, unvergeßen sein, wie i. g. zue
ihnen, denen sie mit gnaden gewogen, sampt und
sonders genedig versehen.
Decretum Hanaw, den 30. Novembris anno 1609

13 Vgl. hierzu die kurpfälzische Ankündigung der Visitation
vom 13. November 1593, und den Visitationsbericht
[1594], Sehling, EKO XIX, S. 799, 849.
14 Siehe S. 488.

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