Einleitung
Auch in Sprendlingen und Ginsheim war Landgraf Philipp I. die treibende Kraft der reformatorischen
Bewegung, da ihm in Sprendlingen das Patronatsrecht zustand und die Pfarrkirche Ginsheim eine auf
hessischem Territorium gelegene Filiale besaß. So berief er 1528 gegen den Willen der Ysenburger Grafen
den evangelischen Pfarrer Erasmus Alberus nach Sprendlingen.16
Die Grafen Anton von Ysenburg-Ronneburg und Johann III. von Ysenburg-Birstein standen der refor-
matorischen Bewegung der 1520er Jahre zunächst skeptisch gegenüber. Während sich Anton jedoch in den
1530er Jahren der neuen Lehre öffnete und in seinem Landesteil die Reformation einführte, blieb
Johann III. zeitlebens altgläubig. Nach seinem Tod 1533 führte sein Sohn Reinhard im Birsteiner Land
jedoch ebenfalls die evangelische Lehre ein.17 Die praktische Durchsetzung der neuen Lehre in allen Pfar-
reien des Landes nahm viele Jahre in Anspruch, über ein Jahrzehnt lang gab es sowohl alt- als auch
neugläubige Pfarrgemeinden. Erst um 1543 kann davon gesprochen werden, dass die Reformation in Ysen-
burg eingeführt war.18
Für die vorliegende Edition konnten lediglich die Materialien des Fürst von Ysenburgischen Archivs auf
Schloss Büdingen eingesehen werden, das die Archivalien der Ronneburger Linie aufbewahrt. Das Fürst-
liche Archiv in Birstein, das die Überlieferung dieses Familienzweigs enthält, konnte hingegen nicht ausge-
wertet werden, da es bis auf weiteres geschlossen ist.19 Das Archiv in Büdingen weist für die Reformati-
onsgeschichte sehr umfangreiche Bestände auf, die auch zahlreiche Birsteiner Archivalien enthalten. So war
es möglich - vorbehaltlich der unbekannten Bestände in Birstein - auch das Ordnungswesen dieser Linie des
Ysenburger Grafenhauses zumindest in Grundzügen abzubilden.
Durch die Teilung der Grafschaft Ysenburg in zwei Linien, in denen die Religionspolitik weitgehend
unabhängig voneinander betrieben wurde, ergibt sich für unsere Edition, dass die Ordnungen separat
behandelt werden. In einem vorangestellten Abschnitt werden die beiden ältesten Kirchenordnungen aus
Ysenburg zusammengefasst, die nicht eindeutig der einen oder anderen Linie des Grafenhauses zugeschrie-
ben werden können. Auch die Ordnungen zur Kirchen- und Sittenzucht, die gemeinsam von beiden Linien
erlassen wurden, werden separat behandelt und an den Schluss der Edition gestellt.
3. Die frühen Kirchenordnungen
1. Kirchenordnung 1544 (Text S. 569)
Die älteste Ysenburger Kirchenordnung von 1544 traf knappe Regelungen zur evangelischen Lehre und zu
verschiedenen Belangen des kirchlichen Lebens. So sollte der Katechismusunterricht anhand von Luthers
Enchiridion erfolgen. Auch die Taufen sollten nach Maßgabe von Luthers Taufbüchlein vollzogen werden.
Schließlich regelte die Ordnung die sonntäglichen Abendmahlsgottesdienste sowie die gültigen Feiertage.
Eine besondere Vorschrift wurde hinsichtlich der Amtskleidung der Geistlichen getroffen, die nämlich,
dieweil die sach new und die leutt leichtlich ergernuß ob newerung nhemen, beim gwonlichen ornat bleiben
sollten.20
16 Steitz, Geschichte I, S. 57; Diehl, Reformationsbuch,
S. 203; Michaelis, Grafschaft, S. 27-29; Reu, Quel-
len II, 1/2, S. 451.
17 Calaminus, Einführung, S. 19f.; Michaelis, Graf-
schaft, S. 75f. Zur Reformationseinführung in den ein-
zelnen Pfarreien und Klöstern ebd., S. 77-120.
18 Steitz, Geschichte I, S. 57; Michaelis, Grafschaft,
S. 75-77.
19 Auskunft von Peter Kauck von der Fürst von Isenbur-
gischen Rentkammer in Birstein, April 2010.
20 Zum Inhalt siehe Gramlich, Anfänge, S. 26f.
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Auch in Sprendlingen und Ginsheim war Landgraf Philipp I. die treibende Kraft der reformatorischen
Bewegung, da ihm in Sprendlingen das Patronatsrecht zustand und die Pfarrkirche Ginsheim eine auf
hessischem Territorium gelegene Filiale besaß. So berief er 1528 gegen den Willen der Ysenburger Grafen
den evangelischen Pfarrer Erasmus Alberus nach Sprendlingen.16
Die Grafen Anton von Ysenburg-Ronneburg und Johann III. von Ysenburg-Birstein standen der refor-
matorischen Bewegung der 1520er Jahre zunächst skeptisch gegenüber. Während sich Anton jedoch in den
1530er Jahren der neuen Lehre öffnete und in seinem Landesteil die Reformation einführte, blieb
Johann III. zeitlebens altgläubig. Nach seinem Tod 1533 führte sein Sohn Reinhard im Birsteiner Land
jedoch ebenfalls die evangelische Lehre ein.17 Die praktische Durchsetzung der neuen Lehre in allen Pfar-
reien des Landes nahm viele Jahre in Anspruch, über ein Jahrzehnt lang gab es sowohl alt- als auch
neugläubige Pfarrgemeinden. Erst um 1543 kann davon gesprochen werden, dass die Reformation in Ysen-
burg eingeführt war.18
Für die vorliegende Edition konnten lediglich die Materialien des Fürst von Ysenburgischen Archivs auf
Schloss Büdingen eingesehen werden, das die Archivalien der Ronneburger Linie aufbewahrt. Das Fürst-
liche Archiv in Birstein, das die Überlieferung dieses Familienzweigs enthält, konnte hingegen nicht ausge-
wertet werden, da es bis auf weiteres geschlossen ist.19 Das Archiv in Büdingen weist für die Reformati-
onsgeschichte sehr umfangreiche Bestände auf, die auch zahlreiche Birsteiner Archivalien enthalten. So war
es möglich - vorbehaltlich der unbekannten Bestände in Birstein - auch das Ordnungswesen dieser Linie des
Ysenburger Grafenhauses zumindest in Grundzügen abzubilden.
Durch die Teilung der Grafschaft Ysenburg in zwei Linien, in denen die Religionspolitik weitgehend
unabhängig voneinander betrieben wurde, ergibt sich für unsere Edition, dass die Ordnungen separat
behandelt werden. In einem vorangestellten Abschnitt werden die beiden ältesten Kirchenordnungen aus
Ysenburg zusammengefasst, die nicht eindeutig der einen oder anderen Linie des Grafenhauses zugeschrie-
ben werden können. Auch die Ordnungen zur Kirchen- und Sittenzucht, die gemeinsam von beiden Linien
erlassen wurden, werden separat behandelt und an den Schluss der Edition gestellt.
3. Die frühen Kirchenordnungen
1. Kirchenordnung 1544 (Text S. 569)
Die älteste Ysenburger Kirchenordnung von 1544 traf knappe Regelungen zur evangelischen Lehre und zu
verschiedenen Belangen des kirchlichen Lebens. So sollte der Katechismusunterricht anhand von Luthers
Enchiridion erfolgen. Auch die Taufen sollten nach Maßgabe von Luthers Taufbüchlein vollzogen werden.
Schließlich regelte die Ordnung die sonntäglichen Abendmahlsgottesdienste sowie die gültigen Feiertage.
Eine besondere Vorschrift wurde hinsichtlich der Amtskleidung der Geistlichen getroffen, die nämlich,
dieweil die sach new und die leutt leichtlich ergernuß ob newerung nhemen, beim gwonlichen ornat bleiben
sollten.20
16 Steitz, Geschichte I, S. 57; Diehl, Reformationsbuch,
S. 203; Michaelis, Grafschaft, S. 27-29; Reu, Quel-
len II, 1/2, S. 451.
17 Calaminus, Einführung, S. 19f.; Michaelis, Graf-
schaft, S. 75f. Zur Reformationseinführung in den ein-
zelnen Pfarreien und Klöstern ebd., S. 77-120.
18 Steitz, Geschichte I, S. 57; Michaelis, Grafschaft,
S. 75-77.
19 Auskunft von Peter Kauck von der Fürst von Isenbur-
gischen Rentkammer in Birstein, April 2010.
20 Zum Inhalt siehe Gramlich, Anfänge, S. 26f.
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