Einleitung
Schritt damit, dass man in der Mecklenburger Ordnung solche Sachverhalte nachschlagen könne, die in der
Neufassung der Ysenburger Kirchenordnung nur knapp oder gar nicht abgehandelt worden seien. Aufgrund
des Hinweises auf die Mecklenburger Kirchenordnung handelt es sich bei der Kirchenordnung von 1556
wahrscheinlich um die Kirchenzuchtordnung von 1557 (Nr. 10), die auf dem Titelblatt den Bezug zur
Mecklenburgischen Kirchenordnung nachweist.
Die zweite Ordnung, mit der Philipp II. 1588 das Kirchenwesen seines Landes konsolidierte, war eine
Kirchenzuchtordnung (Nr. 15). Sie ging auf den gleichnamigen Text Graf Reinhards zurück, den dieser
1557 erlassen hatte (Nr. 10). Die Vorrede sowie die Kapitel „Amt der Kirchenrüger“, „Vom Gotteslästern“
und „Vom Vollsauffen“ wurden nahezu wörtlich hieraus übernommen. Folgende Abschnitte kamen neu
hinzu: „Vom Gehör des göttlichen Worts“, „Von Hochzeiten“, „Vom Tanzen“, „Von Kind Tauffen“, „Von
Zaubereyen“, „Von Betlern“ und „Von Begrebnussen“.
Die beiden Drucke der Kirchen- und der Kirchenzuchtordnung sind mit separaten Titelblättern und
Vorreden versehen und weisen gesonderte Blattzählungen auf. Dennoch bilden beide Ordnungen eine Ein-
heit. So weisen sie inhaltliche Gemeinsamkeiten auf, die in gegenseitigen Verweisen auf die jeweils andere
Ordnung zum Ausdruck kommen. Die Ordnungen gehören jedoch nicht nur inhaltlich, sondern auch druck-
technisch zusammen: Im Fürstlich Ysenburgischen Archiv in Büdingen sind zwei Exemplare überliefert, in
denen beide Ordnungen jeweils hintereinander gebunden wurden. Am Schluss der Kirchenzuchtordnung
(Nr. 15) und damit am Schluss des ganzen Buches finden sich „Errata“, die sich auch auf die Kirchenord-
nung (Nr. 14) beziehen.
Zur Einführung der Kirchenordnung in seinem Landesteil erließ Philipp II. ein gesondertes Mandat
(Nr. 16), in dem er die Pfarrer in Birstein und Reichenbach zur Beachtung der Ordnung mahnte. Klagen
über die Nichtbefolgung der Kirchenordnung kamen auch aus Offenbach. Der dortige Pfarrer fasste in einer
Schrift vom 3. März 1589 zahlreiche Fälle zusammen, in denen die Punkte der Kirchenordnung in seiner
Pfarrei nicht eingehalten worden waren.75
5b. Wolfgang Ernst I. (1560-1633)
Philipps II. Erbe war sein Sohn Wolfgang Ernst,76 den er 1592 zum Mitregenten gemacht hatte und der
nach seinem Tod (1596) der alleinige Herrscher in Ysenburg-Birstein wurde. Wenige Jahre später fiel ihm
auch der gesamte Besitz der Ronneburger Linie zu, die mit dem Tod Heinrichs (1601) ausgestorben war.
Die beiden Ysenburger Landesteile Ronneburg und Birstein waren nach 1601 also wieder in einer Hand
vereinigt.77
Wolfgang Ernst hielt sich um 1573 zunächst einige Zeit am Hof seines Großvaters Philipp von Solms-
Braunfels auf, bevor er 1576 gemeinsam mit den jungen Grafen Johann Albrecht, Eberhard und Reinhard
von Solms-Braunfels an die Hohe Schule nach Straßburg ging. Vor dem Hintergrund der Auseinanderset-
zung um die Konkordienformel wandte sich Wolfgang Ernst der Lehre Calvins zu.78 Im Anschluss an seinen
fünfjährigen Aufenthalt in Straßburg ging er zur weiteren Ausbildung an den Hof Georg Ernsts von Hen-
neberg nach Schleusingen. Hier vertiefte sich seine Neigung zur reformierten Lehre. Neben seiner persön-
lichen Glaubensüberzeugung werden auch politische Gründe dafür verantwortlich gewesen sein, dass Wolf-
gang Ernst die Zweite Reformation in seinem Landesteil einführte. Als Mitglied des Wetterauer Grafen-
75 FYBA Büdingen Kulturwesen Fasz. 16/91; vgl. Meyer,
Geschichte, S. 120.
76 Zu Wolfgang Ernst von Ysenburg siehe Hanle, Graf
Wolfgang; Cuno, Wolfgang Ernst I., Calaminus, Ein-
führung, S. 46-57; Meyer, Geschichte, S. 27-31.
77 Eine Übersicht über die Besitzungen sämtlicher Ysen-
burger Linien Ende des 16. Jahrhunderts bietet Hanle,
Graf Wolfgang, S. 6f.
78 Ebd., S. lOf.
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Schritt damit, dass man in der Mecklenburger Ordnung solche Sachverhalte nachschlagen könne, die in der
Neufassung der Ysenburger Kirchenordnung nur knapp oder gar nicht abgehandelt worden seien. Aufgrund
des Hinweises auf die Mecklenburger Kirchenordnung handelt es sich bei der Kirchenordnung von 1556
wahrscheinlich um die Kirchenzuchtordnung von 1557 (Nr. 10), die auf dem Titelblatt den Bezug zur
Mecklenburgischen Kirchenordnung nachweist.
Die zweite Ordnung, mit der Philipp II. 1588 das Kirchenwesen seines Landes konsolidierte, war eine
Kirchenzuchtordnung (Nr. 15). Sie ging auf den gleichnamigen Text Graf Reinhards zurück, den dieser
1557 erlassen hatte (Nr. 10). Die Vorrede sowie die Kapitel „Amt der Kirchenrüger“, „Vom Gotteslästern“
und „Vom Vollsauffen“ wurden nahezu wörtlich hieraus übernommen. Folgende Abschnitte kamen neu
hinzu: „Vom Gehör des göttlichen Worts“, „Von Hochzeiten“, „Vom Tanzen“, „Von Kind Tauffen“, „Von
Zaubereyen“, „Von Betlern“ und „Von Begrebnussen“.
Die beiden Drucke der Kirchen- und der Kirchenzuchtordnung sind mit separaten Titelblättern und
Vorreden versehen und weisen gesonderte Blattzählungen auf. Dennoch bilden beide Ordnungen eine Ein-
heit. So weisen sie inhaltliche Gemeinsamkeiten auf, die in gegenseitigen Verweisen auf die jeweils andere
Ordnung zum Ausdruck kommen. Die Ordnungen gehören jedoch nicht nur inhaltlich, sondern auch druck-
technisch zusammen: Im Fürstlich Ysenburgischen Archiv in Büdingen sind zwei Exemplare überliefert, in
denen beide Ordnungen jeweils hintereinander gebunden wurden. Am Schluss der Kirchenzuchtordnung
(Nr. 15) und damit am Schluss des ganzen Buches finden sich „Errata“, die sich auch auf die Kirchenord-
nung (Nr. 14) beziehen.
Zur Einführung der Kirchenordnung in seinem Landesteil erließ Philipp II. ein gesondertes Mandat
(Nr. 16), in dem er die Pfarrer in Birstein und Reichenbach zur Beachtung der Ordnung mahnte. Klagen
über die Nichtbefolgung der Kirchenordnung kamen auch aus Offenbach. Der dortige Pfarrer fasste in einer
Schrift vom 3. März 1589 zahlreiche Fälle zusammen, in denen die Punkte der Kirchenordnung in seiner
Pfarrei nicht eingehalten worden waren.75
5b. Wolfgang Ernst I. (1560-1633)
Philipps II. Erbe war sein Sohn Wolfgang Ernst,76 den er 1592 zum Mitregenten gemacht hatte und der
nach seinem Tod (1596) der alleinige Herrscher in Ysenburg-Birstein wurde. Wenige Jahre später fiel ihm
auch der gesamte Besitz der Ronneburger Linie zu, die mit dem Tod Heinrichs (1601) ausgestorben war.
Die beiden Ysenburger Landesteile Ronneburg und Birstein waren nach 1601 also wieder in einer Hand
vereinigt.77
Wolfgang Ernst hielt sich um 1573 zunächst einige Zeit am Hof seines Großvaters Philipp von Solms-
Braunfels auf, bevor er 1576 gemeinsam mit den jungen Grafen Johann Albrecht, Eberhard und Reinhard
von Solms-Braunfels an die Hohe Schule nach Straßburg ging. Vor dem Hintergrund der Auseinanderset-
zung um die Konkordienformel wandte sich Wolfgang Ernst der Lehre Calvins zu.78 Im Anschluss an seinen
fünfjährigen Aufenthalt in Straßburg ging er zur weiteren Ausbildung an den Hof Georg Ernsts von Hen-
neberg nach Schleusingen. Hier vertiefte sich seine Neigung zur reformierten Lehre. Neben seiner persön-
lichen Glaubensüberzeugung werden auch politische Gründe dafür verantwortlich gewesen sein, dass Wolf-
gang Ernst die Zweite Reformation in seinem Landesteil einführte. Als Mitglied des Wetterauer Grafen-
75 FYBA Büdingen Kulturwesen Fasz. 16/91; vgl. Meyer,
Geschichte, S. 120.
76 Zu Wolfgang Ernst von Ysenburg siehe Hanle, Graf
Wolfgang; Cuno, Wolfgang Ernst I., Calaminus, Ein-
führung, S. 46-57; Meyer, Geschichte, S. 27-31.
77 Eine Übersicht über die Besitzungen sämtlicher Ysen-
burger Linien Ende des 16. Jahrhunderts bietet Hanle,
Graf Wolfgang, S. 6f.
78 Ebd., S. lOf.
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