Einleitung
17. Kirchenordnung 1. Mai 1598 (Text S. 644)
18. Kirchenzuchtordnung 15. Mai 1598 (Text S. 670)
Nach der Regierungsübernahme in Ysenburg-Birstein 1596 hatte Wolfgang Ernst sich intensiv dafür einge-
setzt, das calvinistische Bekenntnis einzuführen, indem er die Pfarrstellen mit reformierten Geistlichen
besetzte. Mit der Kirchenordnung vom 1. Mai 1598 suchte er die Veränderungen schriftlich zu fixieren und
den Bekenntniswechsel in seinem Birsteiner Landesteil zu konsolidieren. In der Vorrede bezog er sich auf die
1588 von seinem Vater Philipp II. erlassene Kirchenordnung. Basierend auf dieser Vorlage regelte auch die
neue Ordnung die Gottesdienste und Kasualien, wobei die Kapitel gegenüber der älteren Ordnung in den
meisten Punkten ausführlicher ausfielen. Daneben bot das jüngere Regelwerk zusätzliche Abschnitte zu
Schulen, Synoden, Ältesten, Kirchenrügern, Almosen, Kirchenbüchern sowie zur Visitation.
Wolfgang Ernsts reformierte Glaubenshaltung zeigt sich in der Ordnung am deutlichsten beim Abend-
mahl, das mit einfachem Brot an einem Tisch gefeiert werden sollte. Bei der Taufe waren der Exorzismus
und die Abrenuntiation gefallen. Auch die Anzahl der Heiligenfesttage wurde gegenüber 1588 zugunsten der
Christfeste verringert. Für die Leitung seiner Landeskirche sah Wolfgang Ernst General- und Spezialkon-
vente vor, die regelmäßig zusammenkommen sollten.
Ebenso wie die Kirchenordnung von 1588 ist auch diejenige von 1598 aufgrund zahlreicher Formulare
als Gottesdienstordnung anzusprechen, wobei die agendarischen Teile auf die kurpfälzische Kirchenordnung
von 1563 zurückgehen.88 Demgegenüber sind die nichtagendarischen Abschnitte eigenständig formu-
liert.89 Neben der Reinschrift ist auch ein Konzept der Kirchenordnung überliefert.90
Mit der 1598 erlassenen Kirchenordnung wollte Wolfgang Ernst nicht nur die Maßgaben des reformier-
ten Kirchenwesens für seinen Landesteil festhalten, er demonstrierte auch seine Bündnispolitik mit der
Kurpfalz als Vorreiter des Calvinismus, indem er in der Vorrede erklärte, die Ordnung sei entstanden, damit
benachbarter chur- und fürsten, auch graff- undt herschafften reformirter und unserer evangelischer kirchen eine
christliche conformitet undt gleichheitt gestifftet und gehandthabt wurde.
In Ergänzung zu der am 1. Mai 1598 erschienenen Kirchenordnung (Nr. 17), die sich im wesentlichen mit
den Gottesdiensten beschäftigte, erließ Wolfgang Ernst zwei Wochen später eine Kirchenzuchtordnung. In
der Vorrede bezog er sich auf die gleichnamige Ordnung, die sein Vater, Philipp II., 1588 erlassen hatte
(Nr. 14), und die er nun erneuert habe. Die Ordnung führt zwölf Artikel aus, die Regelungen für Predigt
und Sakramentenspendung, Gotteslästerung, elterliche Kinderzucht, Ehrbar- und Friedfertigkeit, Trunk-
sucht, Ehebruch, Hochzeits- und Tauffeiern, Tanz und Spiel, Zauberei, Bettelei sowie Dienstboten und
Gesinde enthalten.91 Gegenüber der Kirchenzuchtordnung von 1588 waren die drei Abschnitte zur elterli-
chen Kinderzucht, zur Ehrbar- und Friedfertigkeit sowie zu Dienstboten und Gesinde hinzugefügt worden.
In den übrigen Kapiteln weist die Ordnung nur wenige Veränderungen auf, sie bezogen sich größtenteils auf
die Verschärfung des Strafmaßes.92
88 So wurden die Kapitel „Form zue tauffen“, „Form der
vorbereittung zum heiligen abentmal“, „Form, das hei-
lige abentmal zu halten“, „Form der einleittung“,
„Form, die krancken zu underrichten und mit ihnen zu
beten“, „Gebet bey den krancken“, „Gebet bey den ster-
benden“, „Gebet bey der begräbnüß“ sowie „Vom kir-
chen gebet“ wörtlich aus der kurpfälzischen Ordnung
übernommen. Vgl. Cuno, Wolfgang Ernst I., S. 74;
Meyer, Geschichte, S. 120.
89 Die Kapitel „Von der lehre“, „Von administration der
heyligen sacrament“, „Von festen und feiertagen“, „Wie
sich die pfarrhern in ihren predigten verhalten sollen“,
„Von kirchengesänge“ etc.
90 FYBA Büdingen Kulturwesen Fasz. 18/110. Ferner ist
ein Gutachten erhalten, das jedoch weder einen Verfasser
noch eine Datierung aufweist, FYBA Büdingen Kultur-
wesen Fasz. 15/87.
91 Zum Inhalt vgl. Otto, Kirchenzucht, S. 8-48.
92 Vgl. Hanle, Graf Wolfgang, S. 56.
561
17. Kirchenordnung 1. Mai 1598 (Text S. 644)
18. Kirchenzuchtordnung 15. Mai 1598 (Text S. 670)
Nach der Regierungsübernahme in Ysenburg-Birstein 1596 hatte Wolfgang Ernst sich intensiv dafür einge-
setzt, das calvinistische Bekenntnis einzuführen, indem er die Pfarrstellen mit reformierten Geistlichen
besetzte. Mit der Kirchenordnung vom 1. Mai 1598 suchte er die Veränderungen schriftlich zu fixieren und
den Bekenntniswechsel in seinem Birsteiner Landesteil zu konsolidieren. In der Vorrede bezog er sich auf die
1588 von seinem Vater Philipp II. erlassene Kirchenordnung. Basierend auf dieser Vorlage regelte auch die
neue Ordnung die Gottesdienste und Kasualien, wobei die Kapitel gegenüber der älteren Ordnung in den
meisten Punkten ausführlicher ausfielen. Daneben bot das jüngere Regelwerk zusätzliche Abschnitte zu
Schulen, Synoden, Ältesten, Kirchenrügern, Almosen, Kirchenbüchern sowie zur Visitation.
Wolfgang Ernsts reformierte Glaubenshaltung zeigt sich in der Ordnung am deutlichsten beim Abend-
mahl, das mit einfachem Brot an einem Tisch gefeiert werden sollte. Bei der Taufe waren der Exorzismus
und die Abrenuntiation gefallen. Auch die Anzahl der Heiligenfesttage wurde gegenüber 1588 zugunsten der
Christfeste verringert. Für die Leitung seiner Landeskirche sah Wolfgang Ernst General- und Spezialkon-
vente vor, die regelmäßig zusammenkommen sollten.
Ebenso wie die Kirchenordnung von 1588 ist auch diejenige von 1598 aufgrund zahlreicher Formulare
als Gottesdienstordnung anzusprechen, wobei die agendarischen Teile auf die kurpfälzische Kirchenordnung
von 1563 zurückgehen.88 Demgegenüber sind die nichtagendarischen Abschnitte eigenständig formu-
liert.89 Neben der Reinschrift ist auch ein Konzept der Kirchenordnung überliefert.90
Mit der 1598 erlassenen Kirchenordnung wollte Wolfgang Ernst nicht nur die Maßgaben des reformier-
ten Kirchenwesens für seinen Landesteil festhalten, er demonstrierte auch seine Bündnispolitik mit der
Kurpfalz als Vorreiter des Calvinismus, indem er in der Vorrede erklärte, die Ordnung sei entstanden, damit
benachbarter chur- und fürsten, auch graff- undt herschafften reformirter und unserer evangelischer kirchen eine
christliche conformitet undt gleichheitt gestifftet und gehandthabt wurde.
In Ergänzung zu der am 1. Mai 1598 erschienenen Kirchenordnung (Nr. 17), die sich im wesentlichen mit
den Gottesdiensten beschäftigte, erließ Wolfgang Ernst zwei Wochen später eine Kirchenzuchtordnung. In
der Vorrede bezog er sich auf die gleichnamige Ordnung, die sein Vater, Philipp II., 1588 erlassen hatte
(Nr. 14), und die er nun erneuert habe. Die Ordnung führt zwölf Artikel aus, die Regelungen für Predigt
und Sakramentenspendung, Gotteslästerung, elterliche Kinderzucht, Ehrbar- und Friedfertigkeit, Trunk-
sucht, Ehebruch, Hochzeits- und Tauffeiern, Tanz und Spiel, Zauberei, Bettelei sowie Dienstboten und
Gesinde enthalten.91 Gegenüber der Kirchenzuchtordnung von 1588 waren die drei Abschnitte zur elterli-
chen Kinderzucht, zur Ehrbar- und Friedfertigkeit sowie zu Dienstboten und Gesinde hinzugefügt worden.
In den übrigen Kapiteln weist die Ordnung nur wenige Veränderungen auf, sie bezogen sich größtenteils auf
die Verschärfung des Strafmaßes.92
88 So wurden die Kapitel „Form zue tauffen“, „Form der
vorbereittung zum heiligen abentmal“, „Form, das hei-
lige abentmal zu halten“, „Form der einleittung“,
„Form, die krancken zu underrichten und mit ihnen zu
beten“, „Gebet bey den krancken“, „Gebet bey den ster-
benden“, „Gebet bey der begräbnüß“ sowie „Vom kir-
chen gebet“ wörtlich aus der kurpfälzischen Ordnung
übernommen. Vgl. Cuno, Wolfgang Ernst I., S. 74;
Meyer, Geschichte, S. 120.
89 Die Kapitel „Von der lehre“, „Von administration der
heyligen sacrament“, „Von festen und feiertagen“, „Wie
sich die pfarrhern in ihren predigten verhalten sollen“,
„Von kirchengesänge“ etc.
90 FYBA Büdingen Kulturwesen Fasz. 18/110. Ferner ist
ein Gutachten erhalten, das jedoch weder einen Verfasser
noch eine Datierung aufweist, FYBA Büdingen Kultur-
wesen Fasz. 15/87.
91 Zum Inhalt vgl. Otto, Kirchenzucht, S. 8-48.
92 Vgl. Hanle, Graf Wolfgang, S. 56.
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