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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]; Arend, Sabine [Bearb.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (10. Band = Hessen, 3): Die Grafschaften Nassau, Hanau-Münzenberg und Ysenburg — Tübingen: Mohr Siebeck, 2012

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https://doi.org/10.11588/diglit.30290#0583
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Einleitung

6. Die gemeinsamen Ordnungen beider Linien
Obwohl die Religionspolitik beider Ysenburger Linien immer wieder von Akten erbitterter Feindschaft
gegeneinander gekennzeichnet war, gingen die Grafen in bestimmten Bereichen einträchtig vor. Dies galt
zum einen für die von beiden Linien gemeinsam verwaltete Stadt Büdingen. Zum anderen sind hinsichtlich
bestimmter Themen - der Kirchen- und Sittenzucht sowie des Eherechts - einige Mandate überliefert, die
sowohl von den Vertretern der Ysenburg-Ronneburger Linie (Ronneburg und Kelsterbach) als auch von
denen der Ysenburg-Birsteiner erlassen worden waren.
25. Kirchenordnung 10. Juli 1580 (Text S. 698)
Die ohne Aussteller und Vorrede abgefasste Kirchenordnung, in der Hochzeiten, Taufen, Beichte und
Abendmahlsfeier, Begräbnisse sowie die Vesper am Samstag geregelt wurden, stammt vermutlich von den
Büdinger Predigern.96 Es sind drei Fassungen dieser Ordnung überliefert, die alle unvollständig sind, sich
zwar an einigen Stellen ergänzen, aber den Text dennoch als Fragment belassen. Ein Vermerk in Fassung B
gibt an, dass die Ordnung voherig durch die herschafft approbiert und anschließend vom Büdinger Pfarrer
Josua Opitius am Sonntag, den 10. Juli 1580 von der Kanzel verkündet worden sei. Die Herkunft des Texts
und seine Verkündung in Büdingen legen nahe, dass die Kirchenordnung für die Stadt Geltung hatte. Sie
knüpfte dann an die Büdinger Kirchenordnung von 1553 (Nr. 2) an, fällt gegenüber dieser jedoch wesent-
lich ausführlicher aus.
26. Ehemandat [1580] (Text S. 701)
Philipp II. von Ysenburg-Birstein und sein Vetter Heinrich von Ysenburg-Ronneburg richteten sich in
diesem Mandat an sämtliche geistlichen und weltlichen Amtsinhaber der Grafschaft. Sie beklagten, dass
den im Solmser Landrecht von 1571 getroffenen Regelungen zum Eherecht keine Beachtung geschenkt
würde, und verfügten, dass stärker auf die Einhaltung der Bestimmungen geachtet werden sollte. Das
Solmser Landrecht, das sich vor allem mit eherechtlichen Belangen befasste, fand im gesamten hessischen
und mittelrheinischen Raum Verbreitung und war auch in der Grafschaft Ysenburg in Gebrauch. Neben der
undatierten Reinschrift des Ehemandats, die unserer Edition zugrunde liegt, ist ein Entwurf überliefert, der
auf 1580 datiert ist.97 Die Konzeption des Texts war also in diesem Jahr fertiggestellt; ob die Ordnung auch
in diesem oder erst in einem späteren Jahr in Kraft trat, muss offen bleiben.98
27. Kirchen- und Sittenzuchtordnung [18. Oktober 1581] / 12. Februar 1587 (Text S. 703)
Philipp II. von Ysenburg-Birstein und Heinrich von Ysenburg-Ronneburg vereinbarten weitere Maßgaben
zur Kirchen- und Sittenzucht. In dem mit Ordnung der kirchenhochzeitt unnd kindtauff, auch wuchers unnd
gottslesterung halben überschriebenen Regelwerk wurde die Sonn- und Feiertagsheiligung, das Verbot von
Gotteslästerung, Schwören, Fluchen und Wucher eingeschärft und der Aufwand bei Taufen, Hochzeiten und
Kindbettmählern beschränkt.
Bei der Fassung vom 12. Februar 1587 handelt es sich um die Wiederholung einer am 18. Oktober 1581
ebenfalls von beiden Grafen erlassenen Ordnung, die jedoch nicht vorliegt.99 In der Ordnung von 1587

96 Vgl. die Formulierung: 8. Das auff den hochzeittenn gebur-
liche mas gehalten unnd dieselbigen nit auff viell tage ange-
steltt unndtt unnöttiger unkostenn verhuttett werde, daß
wird unser gnedige herrschafftt unnserß verhoffenß auch on
unsere erinnerung woll zu ordenenn wissenn.

97 FYBA Büdingen Kulturwesen Fasz. 15/87.
98 Die Reinschrift ist von jüngerer Hand auf 1587 datiert.
99 Sie ist jedoch abgedruckt in Meyer, Geschichte,

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