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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]; Arend, Sabine [Bearb.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (10. Band = Hessen, 3): Die Grafschaften Nassau, Hanau-Münzenberg und Ysenburg — Tübingen: Mohr Siebeck, 2012

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https://doi.org/10.11588/diglit.30290#0639
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14. Kirchenordnung 1588

Vatter unser27 biß wider auff Weyhenachten. Da-
rauff list der Pfarrherr das Evangelium und erklärt
dasselbig. Nach der Predigt wirdt die offene Beicht
beneben der Absolution vorgesprochen, Ferrners in
gemeyn gebetet für allerley Noth der gantzen Chri-
stenheyt, wie hernacher ordentlich folget, und wirdt
endtlich, woferrn das heilige Nachtmal nicht gehal-
ten, mit einem Christlichen Gesang, Collecten28
j Illa | de Tempore unnd dem Segen dieser Actus be-
schlossen.
Beicht, Absolution unnd
gemeyn Gebett nach der Predigt
Nachdem wir Gottes Wort gehört und von Gott ern-
sten Befelch haben zu beten, so wöllen wir nun zum
Beschluß dieser Predigt dem lieben Gott in unserm
Gebett die Noth der gantzen Christenheyt vortra-
gen. Damit aber solch unser Gebett erhöret werde,
So laßt uns zuvor vor seinem Göttlichen Angesicht
demühtigen, unsere Sünden bekennen unnd sprech
ein jeder mit mir von grundt seines Hertzen also:
O Herr Gott, Himlischer Vatter, Ich armer, sündi-
ger Mensch Bekenne mich vor dir, daß ich leider
schwerlich und viel wider dich gesündiget hab mit
bösen Gedancken, Worten und Wercken in all mei-
nem Thun unnd Lassen, wie du es, O Gott, an mir
armen Sünder erkennest unnd ich es leider nicht er-
kennen kan; es reuhet mich aber unnd ist mir von
Hertzen leidt, Beger derhalben Gnad unnd Verge-
bung aller meiner Sünden durch Jesum Christum,
deinen lieben Sohn. | Illb |
Allen denjenigen, so ihre Sünden erkennen, ihnen
dieselbige von Hertzen lassen leidt seyn, sich vor
Gottes Zorn unnd dem ewigen Todt förchten, Be-
geren aber Gnade unnd glauben an Jesum Chri-
stum, Gedencken auch, ir sündtlichs Leben zu bes-
sern, Denselbigen verkündige ich auß Gottes Be-
felch, daß sich Gott ihrer erbarmen, inen die Sünden
vergeben und das ewig Leben umb Jesu Christi, sei-

27 Luther: Vater unser im Himmelreich, AWA 4, Nr. 1.
28 Kollektengebeten, siehe unten, S. 622 Anm. 31.

nes lieben Sohns, willen schencken wil. Die andern
aber, so ihre Sünden nicht erkennen, Gottes Zorn
nicht förchten, sondern in Sünden und Unbußfertig-
keyt verharren unnd fortfahren, Glauben auch nicht
an Jesum Christum, sondern verlassen sich auff ire
eygene Werck und Wirdigkeyt Oder suchen einen
andern Weg ausser Christo zur Seligkeyt, Uber den-
selbigen bleibt der Zorn Gottes unnd sindt ihnen ire
Sünde vorbehalten biß auff ihre Besserung, darzu
ihnen Gott gnädig verhelffen wölle, Amen.
Last uns beten:
Allmächtiger, Barmhertziger, Ewiger Gott und
Vatter, ein Herr Himmels und der Er-IVa | den, Wir
bitten dich hertziglich, du wöllest deine heilige Kir-
chen mit ihren Dienern durch deinen heiligen Geist
regieren, auff daß sie bey der rechtschaffenen Weyde
deines allmächtigen und ewigen Worts erhalten wer-
den, dadurch der Glaub gegen dir gestärckt und die
Lieb gegen allen Menschen in uns erwachse unnd
zunemme, Alle Ketzerey, Rotten, Secten, Schwär-
merey unnd ergerlich Leben gedämpffet und auß-
gerottet werde. Wöllest auch alle Weltliche Obrig-
keit, unsern Römischen Keyser, König, Fürsten
unnd Herrn, insonderheyt aber unsere genedige
Herrschafft sampt deroselben geliebte Gräfliche
Kinder unnd Anverwandte, deßgleichen auch ihrer
Gnaden Rähte, Amptleut und Diener sampt der
gantzen Gemeyne mit Erkanntnuß deines Göttli-
chen Worts, deß Evangelii Jesu Christi, erleuchten,
biß in das Ende ihres Lebens inn solcher Erkannt-
nuß erhalten, Gnadt unnd Einigkeyt verleihen, die
Underthanen nach deinem Göttlichen Willen und
Wolgefallen Christlich zu regieren, auff daß die Ge-
rechtigkeyt gefördert, die Boßheyt gehindert unnd
gestrafft werde, Damit wir alle in stiller Ruhe und
gutem Fri- | IVb | den, als Christen gebürt, under
deinem genädigen Schutz und Schirm unser Leben
vollnführen mögen in aller Gottseligkeyt, Zucht und
Erbarkeyt29, Daß auch unsere Feinde unnd Wider-
sacher ablassen unnd sich mit uns friedlich unnd
Brüderlich zu leben begeben wöllen. Alle die, so inn

29 1Tim 2,2.

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