Metadaten

Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]; Arend, Sabine [Bearb.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (10. Band = Hessen, 3): Die Grafschaften Nassau, Hanau-Münzenberg und Ysenburg — Tübingen: Mohr Siebeck, 2012

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.30290#0669
Lizenz: Freier Zugang - alle Rechte vorbehalten
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
17. Kirchenordnung 1598

Christi behalten. Getrew ist, der euch ruffet; der
wirdt es auch thun55.
Form, das heilige abentmal zu halten56
Ihr geliebten in dem herrn Jesu Christo, höret an die
wort der eynsatzung des h. abentmals unsers herrn
Jesu Christi, welche uns beschreibet der h. apostel
Paul in der ersten epist. an die Corinth. am 11. cap.
[23-29]: Ich hab es von dem herrn empfangen, das
ich euch gegeben habe: Dan der herr Jesus, in der
nacht, da er verrathen wardt, nam er das brodt,
dancket und brachs und sprach: Nemet, esset; das
ist mein leib, der fur euch gebrochen wirdt; solches
thut zu meiner gedechtnuß; Deßelbigen gleichen
auch den | kelch nach dem abentmal und sprach:
Dieser kelch ist das newe testament in meinem blut;
solches thut, so offt ihrs trincket, zu meiner ge-
dechtniß. Dan so offt ihr von dießem brot esset und
von diesem kelch trincket, solt ihr des herren todt
verkündigen, biß daß er kompt. Welcher nun un-
wurdig von diesem brot isset oder von dem kelch des
herrn trincket, der ist schuldig an dem leib und blut
des herrn. Der mensch prüffe sich aber selbst, undt
also ess er von diesem brot undt trincke von diesem
kelch. Dan welcher unwirdig isset und trincket, der
isset und trincket ihm selber das gericht damit, daß
er nit underscheidet den leib des herrn.
Auff daß wir nuhn zu unserm trost des herrn
nachtmal mögen halten, ist uns vor allen dingen
vonnötten, daß wir uns zuvor recht pruffen. Zum
andern, daß wir es dahin richten, darzu es der herr
Christus verordtnet hat, nemblich zu seiner ge-
dechtnuß.
Die wahre prüfung unser selbst stehet in diesen
dreyen stucken:
Zum ersten bedenck ein jeder bey sich selbst sei-
ne | sundt und vermaledeyung, auff daß er ihm57
selbst mißfalle und sich vor Gott demutige, dieweil
der zorn Gottes wieder die sundt also groß ist, daß
55 1Thess 5,24.
56 Das gesamte Kapitel einschließlich der Gebete am
Schluss stammt wörtlich aus der kurpfälzischen Kir-
chenordnung von 1563, Sehling, EKO XIV, S. 383-
386.

er dieselbige, ehe dan er sie ungestrafft ließ hinge-
hen, an seinem lieben sohn Jesu Christo mit dem
bittern und schmälichen todt des creutzes gestrafft
hatt.
Zum andern erforsche ein jeder sein hertz, ob er
auch dieser gewißen verheißung Gottes glaube, daß
ihm alle seine sündt allein umb das leiden und ster-
ben Jesu Christi willen vergeben seindt und die vol-
kommene gerechtigkeit Christi ihm als sein eigen
zugerechnet und geschenckt sey58, als wan er selbst
in eigner persohn fur alle seine sundt bezahlet und
alle gerechtigkeit erfüllet hette.
Zum dritten erforsche ein jeder sein gewißen, ob
er auch gesinnet sey, forthin mit seinem gantzen le-
ben Gott dem herrn sich danckbar zu erzeigen und
für dem angesicht Gottes auffrichtig zu wandeln, ob
er auch ohne alle gleißnerey59, aller feindtschafft,
Neidt und haß von hertzen absage und einen ernst-
lichen fürsatz habe, hernachmals in wahrer lieb | und
einigkeit mit seinem negsten zu leben.
Die nun also gesinnet sein, die will Gott gewiß-
lich zu gnaden annehmen undt fur würdige tischge-
nossen seines sohns Jesu Christi erkennen.
Dargegen aber, die dießes zeugniß in ihrem hertzen
nit empfinden, die essen und trincken ihnen selbst
das gericht, derhalben wir auch nach dem befehl
Christi und des apostels Pauli60 alle, die sich mit
nachfolgenden lastern behafft wißen, von dem tisch
des herren abmahnen und ihnen verkundigen, daß
sie kein theil am reich Christi haben, als da seindt
alle abgöttische, alle, so verstorbene, heiligen, en-
geln oder andere creaturen anruffen, die bilder ver-
ehren, alle zauberer und warsager, die vieh und leute
sampt andern dingen segnen und die solchem segen
glauben geben, alle verächter Gottes undt seines
wortts und der heyligen sacramenten, alle gotts-
lasterer, alle, die spaltung und meuterey in kirchen
und weltlichem regiment begehren anzurichten, alle
meineydige, alle, die ihren eltern und obrigkeiten

57 Sich.
58 Vgl. 2Kor 5,19.
59 Heuchelei, Grimm, DWb 7, Sp. 8306.
60 1Kor 6,9-10; Gal 5,19-21; 1Tim 1,9-11; vgl. Mt. 5,21-26;
Mt 5,27-32.

651
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften