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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Arend, Sabine [Bearb.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (10. Band = Hessen, 3): Die Grafschaften Nassau, Hanau-Münzenberg und Ysenburg — Tübingen: Mohr Siebeck, 2012

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https://doi.org/10.11588/diglit.30290#0685
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17. Kirchenordnung 1598

Gebet nach der predigt deß catechismi:
O allmechtiger, warhafftiger Gott, ewiger | vat-
ter unsers heylandts Jesu Christi sampt deinem ein-
gebornen sohn und h. geist, erschaffer himmelß und
der erden, der engel, menschen und aller creaturen,
der du bist weiß, guttig, gerecht, warhafftig, rein,
barmhertzig und freywillig168, ich bekenne, daß ich
leider ein armer, sündiger mensch bin, und ist mir
hertzlich leidt, daß ich dich erzürnet habe. Ich bitte
dich aber, du wollest mir gnediglich alle meine sun-
de vergeben und mich gerecht machen umb deines
allerliebsten sohns Jesu Christi willen und durch
ihn, der fur unser sundt ein opffer geweßen ist und
am creutz gestorben und ist wiederumb auß dem
todt auferstandten und lebet in ewigkeit und ist un-
ausprechlicher weißheit und barmhertzigkeit zum
mitler, versöhner, furbitter fur unß und seligmacher
geordnet, und wollest mich umb seinetwillen und
durch ihn mit dem h. geist fur und fur heiligen zum
ewigen leben und mich regieren, daß ich dich, war-
hafftigen Gott, recht erkenne und in rechtem glau-
ben anrufe | und daß ich dir diene in rechtem gehor-
samb und nicht in irthumb oder sunde falle. Du wol-
lest mich auch fur und fur in diesem lande dir ein
rechte, heilige Kirche samlen und gnediglich erhal-
ten und selige regiment und nahrung geben und al-
zeit unser und unserer armen kindtlein leib und seel
bewahren. Gib und vermehre ihnen deine gnadt, daß
sie an Christum, deinen sohn, unser gemeines haubt,
immer wachsen, biß daß sie ihr volkömlich man-
lich169 alter in aller weißheit, heiligkeit und gerech-
tigkeit erreichen. Dieses alles wollest gnediglich
thun umb deines lieben sohns willen, der gewißlich
unser seufftzen höret und fur unß bittet, und wir
glauben, daß unser anrufung umb seinetwillen dir
gefellig und nicht vergeblich sey, und sprechen mit
dem armen mann, Marc. 9 [24]: Ich glaub, lieber
herr; kom zu hilff meinem unglauben, amen.
Gebet an wercktagen nach der predigt fur alle not
und ahnliegen der christenheit:

168 Von freiem Willen, DRW III, Sp. 847f.
169 Erwachsenes.
170 Vgl. Jer 14,7.

Almechtiger, barmhertziger Gott, wir | erkennen
bei unß selbst und bekennen fur dir, wie die warheit
ist, daß wir nicht wehrt sein, die augen gen himmel
aufzuheben und unser gebet dir furzutragen, so du
wollest unser verdienst und würdigkeit ansehen,
dann unser gewißen verklagt unß und unsere sunden
geben zeugnuß wieder unß170. So wißen wir auch,
daß du ein gerechter richter bist, der du straffest die
sünde deren, die deine gebott ubertretten. Darumb,
o herr Gott, wann wir uberschlagen und bedencken
unser gantzes leben, befinden wir anderß nicht in
unß den eytel171 verdammnuß. Aber, o herr, dieweil
du unß auß deiner unausprechlichen barmhertzig-
keitt bevohlen hast, dich allein in aller not anzuruf-
fen, hast unß auch verheißen, daß du unser gebet
wollest erhören172, nit von wegen unsers verdienst[s],
sonder von wegen deß verdiensts unsers herrn Jesu
Christi, welchen du unß zum mittler und furspre-
cher hast furgestelt, so sagen wir ab aller anderer
hulff und haben all unser zuflucht allein zu deiner
barmhertzigkeit. |
Erstlich, o herr, uber die unzehliche wolthatenn,
die du in gemein allen menschen auf erden erzeigest,
hastu unß in sonderheit so viel und große gnadt be-
wiesen, daß unß unmöglich ist, dieselbige außzu-
sprechen oder gnugsam zu bedenckenn; sonderlich
hat es dir gefallen, unß zuberuffen zu der erkentnuß
deines h. evangelions, hast unß errettet auß dem
jämmerlichenn dienst deß teuffelß, darin wir wah-
ren, und unß erlöst von der verfluchten abgötterei
deß babsts, darin wir wahren ersoffenn, und hast
unß geführt zu dem licht deiner warheit. Und nicht
desto weniger habenn wir durch undanckbarkeit
deiner guthaten vergeßen, sein von dir abgewichenn
und unsern eignen begierten gefolgt, haben dich
nicht geehret, wie wir schuldig wahren. Darumb ha-
ben wir gesundiget, o herr, und dich schwerlich er-
zürnet, und so du mit unß wollest handlen nach un-
serm verdienst173, köndten wir anderst nichts gewer-
tig sein dann deß todts und der ewigen verdamnuß.
Dann so wir unß wol- | ten entschuldigen, so ist

171 Lauter.
172 Ps 50,15; Joh 14,13-14; 15,7; Mk 11,24; 1Joh 5,14-15.
173 Vgl. Ps 103,10.

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