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Wolgast, Eike [Editor]; Seebaß, Gottfried [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Editor]; Bergholz, Thomas [Oth.]; Goeters, J. F. Gerhard [Oth.]; Sehling, Emil [Bibliogr. antecedent]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (19. Band = Rheinland-Pfalz, 2, 2. Teilband): Die Reichsstädte Landau, Speyer und Worms - die Grafschaften Leiningen, Sayn und Wied - die Wild- und Rheingrafschaft - das Fürstentum Pfalz-Simmern - die Grafschaft Pfalz-Veldenz (Nachtrag) — Tübingen: Mohr Siebeck, 2008

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https://doi.org/10.11588/diglit.30660#0128
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Wild- und Rheingrafschaft

bräuchlich. Dem allem nach wirtt ein gloria gesun-
gen und die gemein mit den gewöhnlichen segen di-
mittirt.
Inn der mittags predigt soll man in Stätten und
dörffern ein gesang singen, auß dem catechismo auff
daß längste ein halbe stunde ein verständtliche pre-
digt thun, nachmahls solche mit dem gebeth be-
schließen; daruff ein gloria zu singen und, wie dro-
ben vermeldet, die kinderlehr zu exerciren und den
segen zu geben.
Wie es auff die bestimbte bettage zu halten.
Wiewohl der gewaltige, großmächtige Gott uber alle
engel und menschen erhaben und ihme nichts gleich
ist, darumb er sich billig thewer machen und unß
arme erdtwürmlein nit sehen noch leiden dörffe, will
er doch mit den menschen auß seinem lieben ge-
schöpff gern reden und umgehen. Und ob er wohl ein
strenger und gerechter Gott ist, wohnendt in einem
liecht, da niemandt hinkommen kann, wir aber we-
gen unßerer großen sünden offtermahls in große
noth und angst von Gott gesetzt werden und billig
von ihme in unßer noth könten abgewießen und ver-
laßen werden, so ist unß doch durch Christum ein
freier zugang mit einem glaubigen gebeth zu Gott,
dem herrn, geöffnet, daß wir macht haben |50| sollen,
all unßer noth und anliegen im nahmen Christi für-
zubringen.
Ruff mich an, spricht er im 50. Psalm, in zeit der
noth, so will ich dich erhoren etc.114 Und der herr
Christus spricht Joan. 16: Warlich, ich sage euch:
Waß ihr den vatter bitten werdet in meinem namen,
daß wirt er euch geben.115
Darumb wir in aller noth unverzagt zu ihm flie-
hen und ihme, waß unß an leib und seele angelegen
ist, klagen sollen, welches dann neben dem, daß ein
jeder Christ vor sein person in sonderheit daheim in
seinem cammerlein Gott anruffen solle, auch sons-
ten in andern offentlichen versamlungen geschicht
auff dreierlei weiße.
114 Ps 50,15.
115 Joh 16,23.
116 S. oben in der Gottesdienstordnung für die Sonntage
S. 621.

Erstlich auff die sonntage und wochenpredigten, da
man alwege für gemeine noth und alle stände der
Christenheitt zu betten pflegt. Darnach seindt an-
dere ordentliche bettage, die stetigs durchs gantze
jahr gleich gehalten werden, da dann alle 4 wochen
die gantze gemein in flecken und dörffern deß mit-
wochs oder freitags zusammen kompt, Gottes wortt
anhöret und betrachtet und Gott umb alles, daß zu
seiner lieben kirchen wohlfarth nothwendig sein
will, bittet. Dieße versamlungen zum gebeth sollen
nimmer underlaßen, sondern ann allen ortten ohn
einige verhinderung und verzug gehalten werden.
Zum dritten und letzten seindt andere unständige
noth bettage, so außerhalb itzgemelter ordnung,
wann etwa ein besondere gemein noth oder anligens
verhanden, entweder in gemein |50v| durchs gantze
landt oder aber an einem besondern ortt angestellet
werden. Dieße letzte sollen nit jederzeit, auch nit
von einem jeden pfarrern nach seinem gutduncken,
sondern allein, wann ein gemeine straff und plage
alß pestilentz, krieg, thewerung vorhanden, auff be-
felch der superintendenten, die sich dießfals mit ih-
rer obrigkeit zu besprechen unnd zu vergleichen ha-
ben, angesetzt und vorgenommen werden.
I. Wie uf die sontags- und wochenpredigten daß ge-
bett zu formiren, ist in agendis daselbst zu fin-
den.116

II. Anlangendt aber die vierwochentliche bettage,
so wollen wir, daß mitwochens oder freitags nach
dem Novilunio117 dieselbige geordtnet und damit,
wie nachfolgett, gehalten werde.
Uff alle bettage sollen alle glocken zum letzten mahl
zusammen angeschlagen und darauff gesungen wer-
den: Vatter unser im himmelreich;118 demnach der
Pfarrer sein predigt zu verrichten unnd nach dersel-
ben von der cantzell die einverleibte beicht und ab-
117 Neumond.
118 Luther, AWA 4, Nr. 35.

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