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Wolgast, Eike [Editor]; Seebaß, Gottfried [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Editor]; Sehling, Emil [Bibliogr. antecedent]; Bergholz, Thomas [Oth.]; Goeters, J. F. Gerhard [Oth.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (19. Band = Rheinland-Pfalz, 2, 2. Teilband): Die Reichsstädte Landau, Speyer und Worms - die Grafschaften Leiningen, Sayn und Wied - die Wild- und Rheingrafschaft - das Fürstentum Pfalz-Simmern - die Grafschaft Pfalz-Veldenz (Nachtrag) — Tübingen: Mohr Siebeck, 2008

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https://doi.org/10.11588/diglit.30660#0140
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Wild- und Rheingrafschaft

Were aber der kranck noch nit in zügen,166 son-
dern sonst schwach und die vermahnung, so hierin
gesetzt, biß zum ende allerdings nicht erreichen kön-
te, mag man sie außlaßen, daß gebeth aber, abso-
lution undt wortt der stifftung des abendtmahls in
keinem wege. |65r|
Da aber der kirchendiener bei dem krancken und er
itzo in die züge greiff, da ists nit mehr von nöten,
den leuthen, so zuvor wohl underricht, lange und
viele in die ohren schreien, wie man doch gemeinig-
lich pfleget. Sondern er, der kirchendiener, soll ni-
derknien und andere auch zum gebeth vermahnen,
erstlich laut ein vatter unßer beten undt darnach
ohngefehrlich mit dießem [ge]betlein schließen:
Herr Gott, himlischer vatter, du hast unß durch dei-
nen sohn Jesum Christum zugesagt: Wo zwen oder
drei under euch eins werden auff erden, warumb es
ist, daß sie bitten wollen, soll ihnen daß selbig wi-
derfahren von meinem vatter im himmel.167 Uff sol-
che deine zusagung bitten wir für gegenwertigen N.,
deinen diener, den er ja im namen Jesu getauffet
und dich, ewigen Gott, und deinen sohn Christum
Jesum und Gott, dem h. geist, vor unß offentlich
bekennet hatt, du wollest ihn doch gnädig anneh-
men, ihme seine sünde vergeben, in aller anfechtun-
ge gnädig behütten und ewig selig machen, durch
Jesum Christum, deinen sohn, unßern herrn, Amen.
rWie man die krancke leutte underrichten,
trösten undt communiciren solle.
Erstlich soll prediger den krancken erinnern, daß
solche seines leibs kranckheit ihme von Gott, dem
herrn, umb keiner andern ursachen, dann allein umb
der sünde willen zugeschickt wirtt. Dann wo wir
ohne sünde geblieben, |65v| so hetten auch die
kranckheiten noch der todt, deßen vorbotten die
kranckheiten sein, an unß nichts schaffen mögen,
welches der prediger dem krancken ferners auß Got-
tes wort erweißen kan.r
r-r Nach KO Pfalz-Zweibrücken 1557, vgl. Sehling, EKO
XVIII, S. 222.

Zumandern, damit aber der krancke nit hierüber in
kleinmütigkeit oder verzweifflung gerathe, so will
sichs gebüren, daß der prediger ihn erinnere, daß
Jesus Christus in die welt kommen ist, die arme sün-
der selig zu machen, welches prediger auß dem evan-
gelio dem krancken zu fernerm trost genugsam er-
holen kan.
Zum dritten soll der prediger den krancken fleißig
zu wahrer beßerung seines lebens ermahnen, damit
ihme nit waß arges widerfahre. Wann nun prediger
vernimpt, daß dem krancken auß der schärpfunge
des gesetzes seine sünde von hertzen leidt sein undt
er im tröstlichen evangelio seinen herrn undt hei-
landt Jesum Christum durch deß h. geistes wirkun-
ge in wahrem glauben ergriffen, auch sein leben
hertzlich gedencket zu beßern, so kann pfarrer in
Gottes namen dem krancken uff sein begeren die
heilige absolution sprechen und daß hochwürdige
abendtmahl des herrn handtreichen.
Ehe aber der prediger solche wichtige action zur
handt nimpt, so ist von nöten, daß er dem krancken
eine kurtzen, grundtlichen bericht vom weßen undt
nutzbarkeit deß nachtmahls fürtrage, damit er nicht
|66r| durch unwürdigen gebrauch deßelbigen sich
schuldig mache an dem leib undt blut Jesu Christi
oder ihm daßelbige zum gerichte empfahe.168
Wann nun diß alles volbracht, so ermahne der pfar-
rer den krancken zur beicht, welche er ihm vorlieset,
der krancke aber im hertzen bey sich selbst ihm
nachspricht. Darauff thut er ihn nachmalß von Got-
tes wegen von seinen sünden absolviren.
Beicht.
Ach, du barmhertziger, gnädiger, gütiger Gott
unndt vatter. Ich armer, sündiger, krancker, elender
mensch komme jetzundt vor deine herrliche mayes-
tätt alß eine arme, sündige creatur, voller sünde und
166 In den Zügen sein bzw. in die Züge greifen = in den letz-
ten Zügen liegen.
167 Mt 18,19.
168 1 Kor 11,29.

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