Metadaten

Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Bergholz, Thomas [Bearb.]; Goeters, J. F. Gerhard [Bearb.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (19. Band = Rheinland-Pfalz, 2, 2. Teilband): Die Reichsstädte Landau, Speyer und Worms - die Grafschaften Leiningen, Sayn und Wied - die Wild- und Rheingrafschaft - das Fürstentum Pfalz-Simmern - die Grafschaft Pfalz-Veldenz (Nachtrag) — Tübingen: Mohr Siebeck, 2008

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.30660#0143
Lizenz: Freier Zugang - alle Rechte vorbehalten
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
21. Kirchenordnung [nach 1603]

Zum fünfften, wann man nun kompt an den ort der
begräbenuß, soll alßbaldt die leiche eingelegt und
von den dazu verordneten eingescharren werden. In-
deßen soll man, wo schulen sein, singen: Nun last
unß den leib begraben.173
Zum sechsten, nach vollendem gesang soll der kir-
chendiener ein kurtze predigt oder vermahnung
thun, welche fürnemlich auff den trost wider den
todt und vermahnung zur stettigen buß und bekeh-
rung zue Gott gereichet sein soll. Wo auch Gott, der
allmächtige, an den verstorbenen leuten etwa beson-
dere gnade in ihrem leben undt sterben bewießen
unndt unß exempel deß glaubens fürgestellet, die
kann man nach der predigt zur ehre Gottes undt
beßerung der gemeine mit mäßiger erzehlung ver-
melden undt preißen. Wo aber zorn exempel, mag
|69r| man sie auch bescheidentlich vorstellen. Unndt
soll mit folgendem gebeth, vatter unßer etc. undt
segen beschloßen werden.
Gebeth bey den [be]gräbnußen.
Allmächtiger, ewiger undt lebendiger Gott, der
durch den todt deines lieben sohns die sünde und
todt zunicht gemacht undt durch seine aufferste-
hung unschuldt und ewiges leben widergebracht

hast, auff daß wir von der gewalt deß teuffels erlö-
ßet und durch die krafft der selbigen aufferstehung
auch unßere sterbliche leibe von den todten auffer-
wecket sollen werden, verleihe unß gnädiglich, daß
wir solches vestiglich undt von gantzem hertzen
glauben undt die fröliche aufferstehung unßers leibs
mit allen seligen erlangen mögen. Durch denselben
deinen eingebohrnen sohn, unßern heilandt Jesum
Christum, Amen.
Vatter unser etc.
Der herr gesegne euch undt behüte etc.174
sNota. Zum letzten soll hie gemercket werden, wie
oben im articul vom kirchengericht175 gemeldet, da
etliche wehren, so ihr lebenlang in irthumb oder är-
gerlicher handtlung gestecket unnd auff vielfaltige
beschehene christliche erinnerung und vermahnung
sich nit beßern wollen undt also daß ampt der
christlichen kirchen beharlich biß zum ende ihres le-
bens verachtet undt verworffen hetten: Die achtet
die h. schrifft nicht werth sein, daß ein diener |69v|
der kirchen, nach dem sie abgestorben, sich ihrer
annehme, sondern soll alles gehandelt werden, wie
obstehet.s

Daß siebende capitul:
Von anstellung undt erhaltung der schulen.

Es ist recht und wohl gesagt: Scholas esse seminaria
rei p[ublicae]. Noch viel beßer sagen wir: Scholas
esse seminaria ecclesiae. Dann wan keine schulen
wehren, waß solte doch vor ein barbaries in spra-
chen, in der religion undt in dem gantzen mensch-
lichen leben erfolgen? Darumb Gott hoch zu dan-
cken, wo feine undt nutzliche schulen angerichtet
undt mit fleiß dieselben erhalten werden. Nun gehet
aber solches nit ohne große mühe und costen zu,
darumb sich der teuffel auf beiden seiten darwider-
setzet, daß entweder niemandt solche müheselige
arbeit [auf] sich nehmen oder die menschen keinen
s-s Nach KO Pfalz-Zweibrücken 1557, vgl. Sehling, EKO
XVIII, S. 236.

genugsamen unndt nothwendigen costen auf die
schulen wenden wollen. Daher dann mancher umb
der geringen underhaltung willen solche arbeit
fleucht.
Nun wehre es aber wohl zu leiden, wen eltern also
getahn und geschaffen, daß sie ihre kinder selbst zu
guten kunsten undt tugenden anweißen könden.
Aber wie sollen sie ander lehren, wie sie selbst nichts
wißen? Oder, da sie es schon wißen, doch wegen
weltlichen geschäfften selbiges nit thun könten? Da-
rumb müßen schulen, zucht- unndt lehrmeister sein,
173 Luther, AWA 4, Nr. 40.
174 Num 6,24-26.
175 Vgl. oben S. 600.

639
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften