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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]; Bergholz, Thomas [Bearb.]; Goeters, J. F. Gerhard [Bearb.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (19. Band = Rheinland-Pfalz, 2, 2. Teilband): Die Reichsstädte Landau, Speyer und Worms - die Grafschaften Leiningen, Sayn und Wied - die Wild- und Rheingrafschaft - das Fürstentum Pfalz-Simmern - die Grafschaft Pfalz-Veldenz (Nachtrag) — Tübingen: Mohr Siebeck, 2008

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https://doi.org/10.11588/diglit.30660#0149
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22. Pestordnung 1612

22. Pestordnunga
16. September 1612

Demnach die jetzt regierende Seuch der Pestilentz
allß eine erschreckliche Straff Gottes durch unsere
Sünde mehrertheils verursacht wirdt, so ist under
allen Praeservativen, vor dieser Vergifftung sich zu
bewahren, keine beßere, dann daß wir Gott, den
Herrn, von grundt unserer herzen umb Verzeihung
unßerer sünden bitten, dieselbige unß leydt sein la-
ßen undt unser sündlich Leben zu bessern nicht al-
lein vornemmen, sondern auch inß werck richten.
Nachmals mit einem inbrünstigen, gleubigen Gebett
dem Allmechtigen in die wohlverwirckte zornruhte
fallen und nicht zweiffellen, er werde umb seiner
Barmherzigkeyt willen unser gnediglich verschonen
und die wolverdiendte Straff dahien richten, daß sie
unß zum besten undt zue unserer zeitlichen und ewi-
gen Wohlfahrt dienen möge.
[1.] Solches nun etlichermassen anzuordnen, ist un-
ser, Julianen, Wildt- undt Rheingrävin, Wittiben
etc., geborene Gräffinn zu Naßaw, [Katzeneln]bo-
genb, Vormunderin zu Dhaun etc., ernstlicher Be-
felch, daß unsere Pfarrherrn, beydes in denen her-
nechst, dem Hauß Dhaun, sodann uff dem Hundes-
ruck gelegenen dörfferen neben den ordentlichen
Sonn- undt Feyertagespredigten jeder in seiner
Hauptpfarr eine Wochenpredigt uff jedweden [Mitt-
wochen]c anstelle undt halte, einen dieser zeit nach
tüglichen text zu erkleren vor sich nemme, die | zu-
hörer von der Cantzell zur wahren Buß undt besse-
rung ihres Lebens, auch zum embsigen Gebett an-
halte undt desselbigen biß nechsten Mittwochen ein
Anfang mache, welches derd Pfarrherr biß Sontag
den Kirspels Kindern anzeigen und sie, daß aus je-
dem gesunden hauß uffs wenigst ein Hauptperson
darbey sich finden möge, vermahnen sollen.

a Textvorlage (Handschrift): PfarrA Simmertal 06-1. Ab-
druck: Fröhlich, Superintendenten, S. 81-83.
b Unleserlich, ergänzt nach Fröhlich.

2. Zum andern, dieweil es den Pfarrherrn sehr be-
schwerlich felt, jedwedern krancken, offt auch in
ubelriechendte winckel, nachzukrichen undt uff der-
selbigen begern mit der heiligen Communion sie zu
versehen etc., dardurch sie, die Pfarrherrn, denn off-
ter mahles selbst kranck werden, sich legen undt
also ihr ampt verseumen müßen, darumb und damit
man ihrer, so viel möglich, verschonen undt bei ih-
rem lehr-, tröst- undt Bettampt sie gesundt erhalten
möchte, daß eine ganze Herde nicht ohne eynen
Hirdten sey etc., wehre unsers erachtens ganz raht-
samb, [daß] man das H. Abentmahl des Herrn in
den offendtlichen christlichen Versammlungen desto
öffterer nach beschaffenheydt eines jeden Kirspels
gehalten hette undt das Volck sich darzu in warer
Bußferttigkeit, Glauben an Christum undt vorha-
benter Lebensbesserung zu finden, von den Canzelln
ermahnen thete, welches jeder Pfarrherr zum besten
zu verrichten wißen wirdt. Darbeneben doch anzu-
deuten, wann krancke Leuth eines Pfarrherrn Tros-
tes halben begern würden, daß er von denselbigen
nach gelegenheyt sich zwar nicht absentiren, doch
mit Arzneymitteln in Mundt zu nemmen undt sons-
ten sich versehen soll. |
3. Zum dritten soll in jeder Hauptpfarrn täglich ein
abendtgebett angestellet undt das volck durch den
Glockenklang darzu beruffen werden, da dann erst-
lich der sieben Bußpsalmen einer, nachmals der 91.
Psalm, druff ein Gebett wieder die Pestilenz sambt
dem Vatterunser undt abendtsegen von den Pfarr-
herrn vorgesagt undt von den Zuhörern mitt an-
dacht nachgesprochen werden soll.
4. Inn den Filialen aber, alß welche den Pfarrkir-
chen entlegen, were es folgender gestalt anzuordnen:

c In der Handschrift ursprünglich: Freytag. Gestrichen
ohne Verbesserung, ergänzt nach Fröhlich.
d Handschrift: des.

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