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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]; Bergholz, Thomas [Bearb.]; Goeters, J. F. Gerhard [Bearb.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (19. Band = Rheinland-Pfalz, 2, 2. Teilband): Die Reichsstädte Landau, Speyer und Worms - die Grafschaften Leiningen, Sayn und Wied - die Wild- und Rheingrafschaft - das Fürstentum Pfalz-Simmern - die Grafschaft Pfalz-Veldenz (Nachtrag) — Tübingen: Mohr Siebeck, 2008

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https://doi.org/10.11588/diglit.30660#0172
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Pfalz-Veldenz

[Kindbett.]
Es befindt sich auch, das die kindbetterin gar zeit-
lich vor den funff oder sechs wochen biß ihren kindt-
betten ungeschicklich herfur |8| lauffen oder durch
grobkait irer menner außgetrieben werden, dadurch
dan nit allein den armen weibern und kindtbetterin,
sondern auch den jungen, zartten kindtlein offter-
mals mercklicher schaden leibsgesundtheit halben
entsteht.
Dieweill dan solches baide naturlicher erbarkait
und christlicher zucht entgegen und andern zu er-
gernus und nachtheyl gereicht, wollen wir hirmit
alle unsere underthanen, manns und weibs personen,
sich solcher leichtfertiger ungebur zu enthalten
ernstlich verwarnet haben.
Und da hinfurter einige kindtbetterin vor gepur-
licher zeit außer irem kindtbeth entweder selbs gehn
oder durch ungestumigkeit ires mans getrieben, ge-
dencken wir gegen denselbigen ernstliche straff je
nach gelegenheit furzunemen. Und sollen auch bil-
lich christliche weiber, da die zeit ihres kindtbetts
herumb, furs erst sich zu der kirchen und gemain
Gottes verfugen, dem hern fur seinen segen und gne-
dige entbindung hertzlich dancken und sich irer mit
iren kindtlein durch das gebeth bevelhen. |9|
[Taufe.]
Es sollen sich die eltern befleissigen, ire kindtlein
furnemlich uff die zeit und tag, da die gemaine ver-
samlungen und predigen gehalten werden, inn die
kirchen zum tauff zu bringen, damit meniglich bey
der tauff des rechten brauchs und nutzes disses sac-
raments erinnertt und den namen Gottes uber die
vorbrachtenn kindtlein antzuruffen vermanet und
beweget werde. Jedoch sollen im fall der noth, da die
kindtlein schwacheit halben solcher zeitt nit erwart-
ten mögen, die kirchendiener die tauff, so ordenlich
begert wirdt, niemandts abschlagen, wie dißes alles
inn unserer kirchenordnung weidtleufftiger gemeldt.
Es soll auch alweg der vatter dem pfarhern bey
zeit anzeigen, das er ein kindtlein zu tauffen und mit
sampt den erbettenen gevattern, wilches alzeit gots-
forchtige und nicht leichtfertige, rohe persohnen

sein sollen, seins glaubens bekendtnuß tuhn, auch
bei der tauff selbs personlich erscheinen. |10|
Abentmal.
Wir haben auch im examine befünden, das derenn
viel seindt, die sich ein lange zeit, eins, zway oder
drei jar, vonn dem gebrauch des herren abentmals
unchristlichen enthalten, welches furwar ein anzai-
gung ist einer sehr grossen sicherhait und glaubloser
hertzen, darvor wir einen jeden christen, sein selbs
seelen hayl und seligkeit besser zu bedencken und
sich selbs eines so hohen trostes nit zu berauben,
trewlich wollen verwarnet haben.
Ehestandt.
Es dragen sich auch des ehestandts halben etzliche
unordnungen zu, als nemlich das sich die eheleut
nicht bei guter zeit den pfarrern vorstellen, ettliche
auch ohne irer eltern oder deren, so an der eltern
stadt seindt, vorwissen und willen sich haimlicher
weyß miteinander versprechen, ja, auch die verlob-
ten vor dem kirchgang beieinander |11| ungebürli-
chen haussen und wohnen, etliche auch in verbot-
tenen graden der sipp- und magschafft mit iren heu-
rathen sich einlassen dorffen, welches alles gottli-
cher ordnung des ehestandts, auch gemainer christ-
licher erbarkeit zu widder. Wollen derhalben menig-
lich sich fur jetzgemelten und andern unzimlicher
mißbreuchen zu huten bey vermeidung hochster
straff und ungnadt ernstlich hiermit gebotten und
bevolhen haben.
Dieweil gemainlich durch die hochzeyten die
predigten, baide vor- und nachmittag, verhindert
und das volck mehr zu den küchen dan zu der kir-
chen laufft, darauß dan verachtung und versau-
mung des ministerii und ergernus ervolgen, so sollen
hinfurter die jhenige, so da offentliche hochzeitliche
geselschafften wollen, dasselbig uff den sontag ein-
stellen und uff den wercktagen halten.
Der kirchgang aber, da man die zechereien, ge-
selschafften, dentz und andere gebrenge underlassen
wille, sol den newen eheleuten uff die sontag nicht
abgeschlagen werden. |12|

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