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Wolgast, Eike [Editor]; Seebaß, Gottfried [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Editor]; Bergholz, Thomas [Oth.]; Goeters, J. F. Gerhard [Oth.]; Sehling, Emil [Bibliogr. antecedent]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (19. Band = Rheinland-Pfalz, 2, 2. Teilband): Die Reichsstädte Landau, Speyer und Worms - die Grafschaften Leiningen, Sayn und Wied - die Wild- und Rheingrafschaft - das Fürstentum Pfalz-Simmern - die Grafschaft Pfalz-Veldenz (Nachtrag) — Tübingen: Mohr Siebeck, 2008

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https://doi.org/10.11588/diglit.30660#0186
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Kurpfalz

musik und den Kantoreien, da der lutherische Gottesdienst neben den Gemeindegesang nun wieder die
Mitwirkung eines Chors stellte. Hinter diesen Empfehlungen stehen die Autorität und der Geist Luthers.
3. Visitationsbedenken März 1578 (Text S. 720)
Bedenken, wie die Visitation auf dem Lande in Churfürstlicher Pfalz anzustellen.
Das Bedenken ist kurz vor Ostern (d.i. 30. März) 1578 gestellt. Als Ziele der Visitation sieht es eine
durchgehende Überprüfung der Amtsführung der Pfarrer nebst einem theologischen Examen, eine Über-
sicht über kirchliche Haltung und insbesondere Katechismuskenntnis in Gemeinde und Jugend, über den
Zustand der kirchlichen Gebäude, über Pfarrbibliotheken und Schulen und eine Feststellung von Sakra-
mentsverächtern, Irrgläubigen - beides meint wohl reformiert gesonnene Untertanen, Schwenckfelder und
Täufer - und Lasterhaften. Dem sei am besten durch eine Visitation aller Pfarreien nachzukommen. In
voraufgegangenen Visitationen hatte man alle Pfarrer in die Amtsstädte beschieden. Es ist nicht ersichtlich,
an welche Visitationen dabei gedacht ist. Überprüfung und Entfernung der reformierten Kirchendiener im
Vorjahre könnten so vonstatten gegangen sein. Mit Sicherheit wurde 1556 unter Ottheinrich so verfahren.
Das Bedenken schlägt vor, dass die Generalvisitatoren die Spezialsuperintendenten und ihre Gemeinden
und auf deren Angabe hin einige wenige Gemeinden, bei denen es besonders notwendig erscheint, jeweils in
einem Amt im Beisein des Spezialsuperintendenten visitieren, dann in ein anderes Amt weiterziehen, indem
sie dem Spezialsuperintendenten die weitere Durchführung nach demselben Prozess in allen übrigen Pfar-
reien seines Sprengels überlassen und sein Protokoll anfordern, damit es zur Erstattung der vollständigen
Relation an den Kurfürsten verwandt werden kann. Auf diese Weise kann die Visitation in einem halben
Jahre durchgeführt werden, werden unnötige Kosten erspart und erhalten die Spezialsuperintendenten eine
gute Anleitung für die ihnen obliegende jährliche Spezialvisitation ihres Amtsbezirks.
Das Bedenken liefert einige schätzbare Hinweise zur Organisation der kurpfälzischen Kirche. Demnach
ist die Rheinpfalz in 19 Superintendenturen unterteilt. Denselben Befund zeigen die Subskriptionslisten der
Konkordienformel.4 Nach letzterem ist der Generalsuperintendent einer der drei theologischen Mitglieder
des Kirchenrats. So können die Generalvisitationsbefugnisse im Bedenken einmal dem Generalsuperinten-
denten mit einem weltlichen Kollegen, einmal wieder dem gesamten Kirchenrat zugeschrieben werden.
Wenn schon das Bedenken die Vorbereitungen einer Generalvisitation illustriert, so wird dies unter-
stützt durch ein Schreiben des Kurfürsten an die Kirchenräte der Oberpfalz zu Amberg vom 7. April
1578:5
Ersame, liebe getreue.Wir mögen euch gnedigist nit pergen, das wir nuhmer unsern kirchenräthen und lieben
getreuen alhie, sintemal vast alle unsere hiernidigen kirchen und schuelen uf abschaffung der vorigen mit andern
und unserer confession verwohnten kirchen- und schueldienern versehen und wider bestellt, uferlegt und bevolchen,
dahin zu trachten und zu bearbeiten, damit ein gebürliche notwendige visitation angestellt und in unserm hier-
nidigen churfurstenthum allenthalben angericht und vorgenommen werde ... [In gleicher Weise soll auch in der
Oberpfalz eine Visitation gehalten werden, wozu der Kurfürst von den Amberger Kirchenräten ein Beden-
ken anfordert.]
Im Jahre 1578 sind jedoch diese Absichten nicht zur vollen Verwirklichung gediehen, obwohl ein Ent-
wurf der Visitationsinstruktion das Datum des 2. Mai 1578 ausweist (vgl. unten Nr. 4). Einzig von der
Stadt Heidelberg hören wir, dass dort in der zweiten Augusthälfte 1578 Kirchenräte und Visitatoren tätig
geworden sind, wogegen die Universität, die von der Religionsänderung mit Ausnahme der Theologischen

Vgl. Müller, Die symbolischen Bücher der evange-
lisch-lutherischen Kirche, Stuttgart 1848, S. 789-792;
hingegen spricht Marbach 1580 von 20 Spezialsuperin-

tendenturen, vgl. Winkelmann I, S. 315.
Konzept in Staatsarchiv Amberg, Oberpfälz. Religions-
und Reformationswesen Nr. 2, fol. 234 recto.

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