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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Bergholz, Thomas [Bearb.]; Goeters, J. F. Gerhard [Bearb.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (19. Band = Rheinland-Pfalz, 2, 2. Teilband): Die Reichsstädte Landau, Speyer und Worms - die Grafschaften Leiningen, Sayn und Wied - die Wild- und Rheingrafschaft - das Fürstentum Pfalz-Simmern - die Grafschaft Pfalz-Veldenz (Nachtrag) — Tübingen: Mohr Siebeck, 2008

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https://doi.org/10.11588/diglit.30660#0204
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Kurpfalz

Stand gesetzt werden. Diese Übung soll am Tage der Verkündigung des Visitationsabschieds, einem Mitt-
woch, beginnen, woraus zu schliessen ist, dass diese Erwachsenenkatechesen wochentags, nämlich Mitt-
wochmittags um 14 Uhr stattfinden sollen. Demgemäss werden nun auch zusätzliche Bestimmungen für die
sonntäglichen Gottesdienste erlassen. Bei dem Mittagsgottesdienst um 12 Uhr bestimmt der kleine
Katechismus mit den entsprechenden Bibelstellen die Predigtgegenstände, während die nachmittägliche
Katechismuspredigt um 15 Uhr weiterhin in gewohnter Form den Heidelberger Katechismus in seinen
Sonntagsabschnitten behandelt. Zu diesen Predigten soll die Gemeinde besonders angehalten werden. Mass-
nahmen zur entsprechenden Unterrichtung der Kinder schliessen das Werk ab. Durch die solchermassen
eingeübten Eltern sollen sie daheim unterwiesen, in die Katechismuspredigten am Sonntagnachmittag, die
ja auch eine Kinderbefragung enthielten, geschickt und zum Schulbesuch, wo ebenfalls der Katechismus-
unterricht eine dominierende Rolle spielt, angehalten werden. Die Schulen werden zu diesem Zwecke ver-
mehrt.
Galt schon von der reformierten Gottesdienstordnung in Kurpfalz seit 1563, dass sie eine mehr kate-
chetische als liturgische Tendenz besitze, so wird diese jetzt noch erheblich verstärkt. Bei den ständigen
offiziellen Klagen über die Ignoranz des Kirchenvolks muss man sich vor Augen halten, dass damit nicht
nur dies gemeint ist, sondern darin wohl noch stärker ein versteckter Widerstand der Bevölkerung gegen die
völlige Restitution des reformierten Bekenntnisses verborgen liegt.
Unter Verzicht auf die Erörterung strittiger Lehrpunkte soll durch dies ungemein intensive Instituti-
onswerk die gesamte Bevölkerung innerlich an das offizielle Kirchenwesen herangeführt werden. Noch
deutlicher wird diese quasi propagandistische Absicht bei der Übertragung des Institutionswerks in die
Oberpfalz sichtbar.
30. Generalvisitationsinstruktion 3. Februar 1594 (Text S. 822)
Diese dehnt das Visitationswerk auf das ganze Land aus, das daraufhin von den Visitatoren bereist wird.
Hier ist des Institutionswerks noch nicht gedacht. Vielmehr wird durch Erkundigung bei Pfarrern, bei Rats-
und Gerichtspersonen und in der Gemeinde in schon früher üblicher Weise der gesamte Zustand des kirch-
lichen Lebens erkundet. Dabei ist entgegen früherer Praxis augenscheinlich an den Besuch in jeder einzel-
nen Pfarrei gedacht, wobei die Visitatoren sofort mit Hilfe der Amtleute die notwendigen Verbesserungen
vorzunehmen haben. Besondere Aufmerksamkeit gilt den Hospitälern und ähnlichen milden Stiftungen,
insbesondere deren geistlicher Versorgung.
31. Spitalordnung Heidelberg 20. März 1594 (Text S. 825)
Fundatio des hauptspitals zue Heydelberg
Eine Folge der für die Stadt Heidelberg bereits abgeschlossenen Visitation scheint eine neue und aus-
führliche Hausordnung des Heidelberger Hauptspitals zu sein. Die Einrichtung selbst geht auf die Zeit
Friedrichs III. zurück, sie wird schon in der Almosenordnung von 1574 (Text Nr. XIV/55) erwähnt, und sie
bestand auch unter seinen Söhnen fort. Das Haus wird von einem Spitalmeister und dessen Frau, denen ein
Spitalschreiber beigegeben ist, verwaltet und geleitet. Der Krankenversorgung dienen ein besonderer, wohl
erst unter Friedrich IV. bestallter graduierter Medicus, des weiteren ein unstudierter Barbier und eine
Krankenwärterin. Die geistliche Bedienung erfolgt durch einen Spitalprediger. Wie durch die Visitation in
der Stadt eingeführt, so wird auch mit den Kranken im Spital die Institution gehalten. Das Spital unter-
steht der Kirchengüterverwaltung, die dort Visitationen, unter anderem auch bezüglich der Institution,
vornimmt.

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