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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]; Bergholz, Thomas [Bearb.]; Goeters, J. F. Gerhard [Bearb.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (19. Band = Rheinland-Pfalz, 2, 2. Teilband): Die Reichsstädte Landau, Speyer und Worms - die Grafschaften Leiningen, Sayn und Wied - die Wild- und Rheingrafschaft - das Fürstentum Pfalz-Simmern - die Grafschaft Pfalz-Veldenz (Nachtrag) — Tübingen: Mohr Siebeck, 2008

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https://doi.org/10.11588/diglit.30660#0250
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Kurpfalz

mir weichen, den bösen leyde ich nit umb mich. Der
seinen nechsten heimblich verleumbdet, den vertilge
ich. Ich mag deßen nit, der stoltze geberde und ho-
hen mueth hat. Meine Augen sehen nach den ge-
treuen im lande, das sie bey mir wohnen und hab
gerne fromme diener. Falsche leuth halte ich nit in
meinem hauß. Die lugner geteuhen nit bey mir.
Früe vertilg ich alle gottlosen im landt, das ich alle
ubelthäter außrotte auß der statt deß herren.62
Und solchem exempel ist ein herr nachzusetzen
schuldig, wan es sich gleich ahnsehen ließe, alß
kündte er solcher leut weniger alß seiner eygnen au-
gen, ohren, zungen, hendt und fieße entperen. Dan
Christus spricht, es seye viel nutzer und heylsamer,
argerliche augen außreissen, argerliche hendt und
füeß abhauen und von sich werfen,63 dann ewigen
schaden mit und durch dieselbigen ihme ufladen.
Hernach sollen auch herren darob sein, das sie
heylsame gebot, ordnungen und satzungen nach
dem formular der heyligen zehen gebot machen, für
ihre person denselbigen selbst gemehß leben und
darob sein, das dieselbigen gehandtgehabt, die uber-
treter aber der gepür nach gestraft werden.
Da sie aber solches thuen würdt, das creutz nit au-
ßen bleyben, der leydige sathan würdt lebendig wer-
den, hie und dort wiethen und toben und frommen
herren ihr regiment bluetsaur zu machen sich uf
tausenterley weg bemüehen, da soll es alßdann bey-
ßen: Contra ardentior ito, und ein frommer herr sich
damit trösten, daß ihn Gott ordenlicher weiß zum
regiment gebracht und zu seinem statthalten und
handthaber der ersten und andern tafel deß gottli-
chen gesetzes gesetzet habe.64Derselbe fromme, alte
und gewaltige Gott künne wol und werde gwiß
selbst zur sachen sehen, dem teufel, seinen helfern
und helfershelfern steuren und wehren, wie er solche
seine machtkunst ahn dem wolgeplagten David und
hartgeängstigtem Hiskia vorlangen gwaltig erwisen.
Ferners in gemein alle und jedwedere, weß standes
sie auch sein, christlich zu ermahnen.
62 Ps 101,2-8.
63 Vgl. Mt 5,29f.

Daß sie nach Gottes bevelch und willen auch ihr
leben gegen dem nechsten alß ahnrichten und füe-
ren, damit sie ein gutes gewissen behalten, alß
nemblich, das sie sich gegen Gott, ihrer obrigkheit,
geystlichen und leyblichen eltern, vorstehern und
fürgesetzten demütig, gehorsamb und willfährig er-
zeigen, für haß und neudt, zorn und widerwillen,
feindtschaft und rachgür hüeten, ihrem nechsten
ahn seinen leib und leben kheinen schaden oder
nachteil zufüegen, sondern denselben mit treuen alß
ihr eygen hertz im leib meynen, ihm in seinen wie-
derwertigkheiten zuspringen, christliche hilf und
rettung leysten.
Und das sie dem unzüchtigen schandtteufel wi-
derstreben, keusch und züchtig in gedanckhen, wor-
ten und werckhen leben und ihr vaß in ehrn und
reynigkheit behalten, ihre hendt mit unrechtem gut,
bösem handel, liest, betrug, fünantz, heimblichem
oder offentlichem diebstal nit befleckhen, im gegen-
theil aber dem nechsten sein guet nahrung helfen
bessern und behüeten, deß armen dürftigen sich von
hertzen ahnemen, demselben mülte handtreichung
thuen, ein jedtweder mit seinen henden und in sei-
nem beruf waß redlichs schaffe, damit er sich und
die seinigen mit Gott und ehren hinbringen und dem
nothleidenden zu helfen habe.
Daß auch ein jedtweder mit seinem nechsten die
wahrheit von hertzen reden und mit seiner zungen
niemandt verleimbde, seinem nechsten khein argeß
thue und denselbigen nit schmehe,65 sondern guets
von ihme rede und alles zum besten kehre.
Beschließlich, daß ein jetweder ahn dem, so ime
der liebe Gott gegeben, lasse benügen und, nachdem
so sein nechster, es sey groß oder klein, khein lust
ihm seynem hertzen entstehn laße, sondern demsel-
ben ein solches bewahren und erhalten helfe.
Weiln aber solchen neuen und Gott schuldigen
gehorsamb zu leysten der mensch viel zu schwach,
solle er allezeit Gott umb seinen heyligen geyst, der
ihn in diesem gehorsamb laite und füere, treulich
ahnrufen und nit zweyfeln, Gott werde solche sein
bitten und seuftzen erhören und mit seinem heyli-
64 Vgl. Ps 82.
65 Ps 15,2f.

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