Einleitung
dadurch als Vorläufer des 1583 von Matthias Fronius kodifizierten sächsischen Gewohnheitsrechts, dem
Eygen Landtrecht der Siebenbürger Sachsen.
Mit der Kronstädter Kirchenreform erweiterten sich Honterus umfangreiche humanistische Briefkon-
takte58 um genuin theologische Briefwechsel, ab Anfang 1544 mit Luther und Melanchthon59. 1543 verfasste
Bullinger einen ausführlichen Brief an Honterus mit Empfehlungen für Kronstadt, dessen Absendung aller-
dings in der neueren Forschung angezweifelt wird60. Mit Basel stand Honterus ohnehin seit seinem dortigen
Aufenthalt in Kontakt. Nur wenige Jahre nach Übernahme des Stadtpfarramtes, am 23. Januar 1549, ist
Honterus gestorben.
1a. Reformationsbüchlein für Kronstadt und das Burzenland. Lateinische Fassung 1543 (Text S. 177)
Ältester kirchenordnender evangelischer Text ist eine allgemein als „Reformationsbüchlein“61 bezeichnete
lateinische Schrift mit dem Titel Reformatio ecclesiae Coronensis ac totius Barcensis provincae. „Traditions-
gemäß wird als Verfasser dieses anonym erschienenen Druckes Johannes Honterus angenommen“62, in des-
sen Druckerei die Schrift wohl im Auftrag der städtischen Obrigkeit63 gedruckt wurde. Für die Geistlichen
der Stadt und des von der Stadt dominierten Burzenlandes ist die „Reformatio“ als verbindlich anzusehen.
Erstmals Ende 1543 wurde der Kronstädter Rat auf diese Schrift vereidigt.
Im gleichen Jahr erschien in Wittenberg bei Josef Klug mit Vorwort Melanchthons und offenbar auf
dessen Initiative hin ein sehr exakter64 Nachdruck des Kronstädter Textes65. Die Annahme einer verlorenen
früheren Textfassung, die als Formula Reformationis aus dem Jahre 1542 bezeichnet wurde, stellte sich als
ein seit dem 18. Jahrhundert bestehender Irrtum heraus66.
Die Schrift entstand 1543 als „nachträgliche Apologie von bereits durchgesetzten Reformen“67. Der mit
ihr prägnant dokumentierte Anstoß der Kronstädter Kirchenreform für die Reformation des Landes und
insbesondere der Siebenbürger Sachsen macht diese kirchenordnende Programmschrift zu einem der zen-
tralen Texte. Die Schrift wurde im 19. Jahrhundert mehrfach abgedruckt, zuletzt 1898 durch Oskar Neto-
liczka68. Eine umfangreiche Kommentierung besitzt die moderne Übersetzung durch Ludwig Binder69.
tur ratione versionis in Germanicam linguam compendii
iuris civilis per eundem editi; NatA Hermannstadt, Pro-
tokolle der sächsischen Nationsuniversität (Inv. 14),
Nr. 206 (alt Bd. 4), fol. 3; Abdruck Teutsch,
Geschichte I, S. 252, Anm. 1.
58 Eine Sammlung der Briefe von Honterus und anderen
siebenbürgischen Humanisten ist ein Forschungsdeside-
rat; als Projektanstoß Wilhelmi, Korrespondenz,
S. 133f.
59 Deutsche Übersetzung Wittstock, Honterus, S. 245f.;
Binder, Honterus, S. 248-250 Nr. 7-9.
60 Bullinger, Briefwechsel XIII, Nr. 1780; Netoliczka,
Bullingerbrief, S. 179-190; zur Bewertung vgl. Rei-
nerth, Gründung, S. 156, Wetter, Bekenntniswert,
S. 23 Anm. 12.
61 Bereits zeitgenössisch bei Hieronymus Ostermayer,
QGK IV, S. 504. Der Druck bei Netoliczka, Schrif-
ten, erfolgt unter der Überschrift „Das Reformations-
büchlein für Kronstadt und das Burzenland“, vgl. auch
jüngst Binder, Honterus, S. 96f.; Nussbächer, Hon-
terus-Forschungen I, S. 57.
62 Zitiert aus ASD, S. 25 Nr. 23.
63 So formuliert Hieronymus Ostermayer einen Auftrag des
Stadtrichters: Item hat Herr Joannes Fux durch den hoch-
erleuchten und recht gelehrten Mann Magistrum Joannem
Honterum die Reformation der Kirchen aufgericht in Bur-
zenland und im Druck lassen ausgehen; QGK IV, S. 504.
64 Von den bei Netoliczka, Schriften, S. IX vermerkten
neun Abweichungen der beiden Drucke erwiesen sich
fünf als Verlesungen des Wiener Gewährsmanns / des
dortigen Nachdrucks. Die Wittenberger Konjektur con-
centionibus zum klassischen contentionibus wird nachfol-
gend stillschweigend übernommen, die drei verbleiben-
den Abweichungen sind im Variantenapparat vermerkt.
65 Reformatio ecclesiae Coronensis ac totius Barcensis provin-
ciae. Cum praefatione Philippi Melanthon. Wittembergae
Anno M. D. XLIIII, Netoliczka, Schriften, S. Vlllf.
66 Nach erster Kritik in RMK II, Nr. 30 möchte Neto-
liczka, Schriften, S. IX nach ausführlicher Erörterung
„deren Existenz ... entschieden bezweifeln“. Vgl. den
Forschungsüberblick in ASD, Nr. 23 und Csepregi,
Reformation, S. 7f.
67 Csepregi, Reformation, S. 9, insbes. Anm. 35.
68 Netoliczka, Schriften, S. 11-28.
69 Binder, Honterus, S. 169-189.
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dadurch als Vorläufer des 1583 von Matthias Fronius kodifizierten sächsischen Gewohnheitsrechts, dem
Eygen Landtrecht der Siebenbürger Sachsen.
Mit der Kronstädter Kirchenreform erweiterten sich Honterus umfangreiche humanistische Briefkon-
takte58 um genuin theologische Briefwechsel, ab Anfang 1544 mit Luther und Melanchthon59. 1543 verfasste
Bullinger einen ausführlichen Brief an Honterus mit Empfehlungen für Kronstadt, dessen Absendung aller-
dings in der neueren Forschung angezweifelt wird60. Mit Basel stand Honterus ohnehin seit seinem dortigen
Aufenthalt in Kontakt. Nur wenige Jahre nach Übernahme des Stadtpfarramtes, am 23. Januar 1549, ist
Honterus gestorben.
1a. Reformationsbüchlein für Kronstadt und das Burzenland. Lateinische Fassung 1543 (Text S. 177)
Ältester kirchenordnender evangelischer Text ist eine allgemein als „Reformationsbüchlein“61 bezeichnete
lateinische Schrift mit dem Titel Reformatio ecclesiae Coronensis ac totius Barcensis provincae. „Traditions-
gemäß wird als Verfasser dieses anonym erschienenen Druckes Johannes Honterus angenommen“62, in des-
sen Druckerei die Schrift wohl im Auftrag der städtischen Obrigkeit63 gedruckt wurde. Für die Geistlichen
der Stadt und des von der Stadt dominierten Burzenlandes ist die „Reformatio“ als verbindlich anzusehen.
Erstmals Ende 1543 wurde der Kronstädter Rat auf diese Schrift vereidigt.
Im gleichen Jahr erschien in Wittenberg bei Josef Klug mit Vorwort Melanchthons und offenbar auf
dessen Initiative hin ein sehr exakter64 Nachdruck des Kronstädter Textes65. Die Annahme einer verlorenen
früheren Textfassung, die als Formula Reformationis aus dem Jahre 1542 bezeichnet wurde, stellte sich als
ein seit dem 18. Jahrhundert bestehender Irrtum heraus66.
Die Schrift entstand 1543 als „nachträgliche Apologie von bereits durchgesetzten Reformen“67. Der mit
ihr prägnant dokumentierte Anstoß der Kronstädter Kirchenreform für die Reformation des Landes und
insbesondere der Siebenbürger Sachsen macht diese kirchenordnende Programmschrift zu einem der zen-
tralen Texte. Die Schrift wurde im 19. Jahrhundert mehrfach abgedruckt, zuletzt 1898 durch Oskar Neto-
liczka68. Eine umfangreiche Kommentierung besitzt die moderne Übersetzung durch Ludwig Binder69.
tur ratione versionis in Germanicam linguam compendii
iuris civilis per eundem editi; NatA Hermannstadt, Pro-
tokolle der sächsischen Nationsuniversität (Inv. 14),
Nr. 206 (alt Bd. 4), fol. 3; Abdruck Teutsch,
Geschichte I, S. 252, Anm. 1.
58 Eine Sammlung der Briefe von Honterus und anderen
siebenbürgischen Humanisten ist ein Forschungsdeside-
rat; als Projektanstoß Wilhelmi, Korrespondenz,
S. 133f.
59 Deutsche Übersetzung Wittstock, Honterus, S. 245f.;
Binder, Honterus, S. 248-250 Nr. 7-9.
60 Bullinger, Briefwechsel XIII, Nr. 1780; Netoliczka,
Bullingerbrief, S. 179-190; zur Bewertung vgl. Rei-
nerth, Gründung, S. 156, Wetter, Bekenntniswert,
S. 23 Anm. 12.
61 Bereits zeitgenössisch bei Hieronymus Ostermayer,
QGK IV, S. 504. Der Druck bei Netoliczka, Schrif-
ten, erfolgt unter der Überschrift „Das Reformations-
büchlein für Kronstadt und das Burzenland“, vgl. auch
jüngst Binder, Honterus, S. 96f.; Nussbächer, Hon-
terus-Forschungen I, S. 57.
62 Zitiert aus ASD, S. 25 Nr. 23.
63 So formuliert Hieronymus Ostermayer einen Auftrag des
Stadtrichters: Item hat Herr Joannes Fux durch den hoch-
erleuchten und recht gelehrten Mann Magistrum Joannem
Honterum die Reformation der Kirchen aufgericht in Bur-
zenland und im Druck lassen ausgehen; QGK IV, S. 504.
64 Von den bei Netoliczka, Schriften, S. IX vermerkten
neun Abweichungen der beiden Drucke erwiesen sich
fünf als Verlesungen des Wiener Gewährsmanns / des
dortigen Nachdrucks. Die Wittenberger Konjektur con-
centionibus zum klassischen contentionibus wird nachfol-
gend stillschweigend übernommen, die drei verbleiben-
den Abweichungen sind im Variantenapparat vermerkt.
65 Reformatio ecclesiae Coronensis ac totius Barcensis provin-
ciae. Cum praefatione Philippi Melanthon. Wittembergae
Anno M. D. XLIIII, Netoliczka, Schriften, S. Vlllf.
66 Nach erster Kritik in RMK II, Nr. 30 möchte Neto-
liczka, Schriften, S. IX nach ausführlicher Erörterung
„deren Existenz ... entschieden bezweifeln“. Vgl. den
Forschungsüberblick in ASD, Nr. 23 und Csepregi,
Reformation, S. 7f.
67 Csepregi, Reformation, S. 9, insbes. Anm. 35.
68 Netoliczka, Schriften, S. 11-28.
69 Binder, Honterus, S. 169-189.
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