Einleitung
sowie der Verbindlichkeit insbesondere der Feiertagsregelung wird angenommen, dass auch die Agende
unter Beteiligung der in Hermannstadt 1547 zusammengetretenen „Kirchenordnungskommission“ ent-
stand. Die Agende erfuhr erst 1653 eine erweiterte Neuauflage111.
Der Text folgt der Wittenberger Kirchenordnung in der zweiten, in Leipzig 1540 gedruckten Fassung,
die erstmals den Doppeltitel Agenda, das ist Kirchen Ordnung verwendete. Bei Passagen, in denen 1540 dem
Tauf- bzw. Taufbüchlein Martin Luthers gefolgt wurde, hat die Kronstädter Agende offenbar diese Luther-
schriften direkt herangezogen. Wenn auch nichts Neues formuliert wurde, erscheint die Textauswahl auf-
schlußreich. In der Kronstädter Zusammenstellung fehlen ganze Kapitel wie die Beichte, einzelne
Abschnitte wie zwei zusätzliche Ermahnungen im Taufritus, auch einzelne Sätze wie die verbindliche Drei-
zahl des Aufgebotes bei der Hochzeit.
Eigenständig siebenbürgisch ist die Feiertagsregelung112. Die Anzahl ist mit 21 Feiertagen sowie den
dreitägig zu feiernden drei Hochfesten höher als bei fast allen Feiertagsregelungen im Reich. Von den elf in
der Agende von 1540 genannten Feiertagen sind nur neun in der Kronstädter Zusammenstellung übernom-
men. Größere Übereinstimmung sieht Erich Roth mit der brandenburgisch-nürnbergischen Kirchenord-
nung von 1533113. Auch dieser Vergleich ist nicht befriedigend, führt jedoch zu dem darauf aufbauenden
Agendbiichlein des Veit Dietrich114. Dessen erste Auflage von 1543 enthält auch das 1533 fehlende Fest
Philipp und Jakobus. Die in der Auflage von 1545 hinzugefiigten Empfehlungen von fünf Gedenktagen sind
in Kronstadt in vier Fällen zu verbindlichen Feiertagen geworden.
Auf der Kronstädter Regelung, unter Hinzufügung weiterer Feiertage, baut die 1550 erschienene, 1559
erneuerte ungarischsprachige Klausenburger Agende auf. Auch in anderen Teilen folgt sie der Kronstädter
Agende, die sie durch zusätzliche Kapitel erweiterte115. Die Übernahme liegt auch nahe, da der (Mit-)
Inhaber der Klausenburger Druckerei, Kaspar Helth, als Klausenburger Stadtpfarrer der Gelehrtenkom-
mission von 1547 angehörte.
6. Bericht über die Kirchenvisitation des Burzenländer Kapitels [ab 15. März] 1550 (Text S. 256)
Der älteste Bericht einer Kirchenvisitation nach der Reformation betrifft die vom Kronstädter Stadtrichter
Johannes Benker geleitete Visitation der 13 Landgemeinden des Burzenländer Kapitels im März und April
1550. Verfasser116 ist der selbst der Visitationskommission angehörende Kronstädter Stadtschreiber Lukas
Grüngras. Der Text ist Teil eines Folioheftes, in dem Grüngras eine mit der Visitation verbundene fiskali-
sche Erhebung aufzeichnete: die Anzahl czalheuser eines Dorfes, die Namen der Wirte und vorhandene
Beeinträchtigungen117. Zu Beginn des Heftes steht auch die Datierung der Visitation, vom Sonntag Letare
111 Agenda sacra, das ist Kirchen-Ordnung in Hermannstadt
auffs neue übersehen, gebessert und auffgelegt anno 1653.
Gedruckt durch Marcum Pistorium; dazu Teutsch.
Geschichte I, S.477-479
112 Ausführlichere Erörterungen dazu mit Vergleich zur
Klausenburger Agende bei Armgart, Feiertage,
S. 139-154. Dort auch tabellarische Übersicht der Fei-
ertage in verschiedenen Kirchenordnungen im Reich.
113 Jüngster Abdruck Osiander, Schriften 5, S. 37-177
Nr. 176; auch Sehling, EKO XI, S. 140-205.
114 Agend Büchlein für die Pfarrherrn auf dem Land. Durch
Vitum Dietrich, Abdruck der Fassung letzter Hand von
1545 unter Vermerk der Abweichungen früherer Aufla-
gen Sehling, EKO XI, S. 487-553.
110 Agenda, az az szentegyházi chelekedetec, mellyeket köuetnec
közenségesképpen a keresztyé ministerec es lelkipásztoroc.
Vyonnan nyomtattattot. Colosvarba 1559; für eine erste
Auflage wurde das Erscheinungsjahr 1550 erschlossen;
Beschreibung der Drucke ASD, Nr. 45 bzw. Nr. 111 und
RMNy, Nr. 85 bzw. 154, zur Bedeutung Soros, Magyar
liturgia, S. 267-272
116 Der älteste Abdruck durch Philippi, Visitation, S. 67-
69 nennt als Verfasser irrig Johann Kemmel aufgrund
der Verlesung Ioannes Kemmel iurato notario (statt
Ioannes Kemmel, Luca notario); dazu und zu weiteren
Verlesungen Philippis QGK V, S. XXVI.
117 NatA Kronstadt, III F 8, Folioheft von 132 Blatt,
Beschreibung QGK III, S. 590f. Ein gekürzter Abdruck
des fiskalischen Teils erfolgt bereits durch Friedrich
Stenner in QGK III, S. 590-593 als Nr. 53 „Burzenlän-
der Steuerverzeichnis von 1550“. Als Beispiel der
Beeinträchtigungen unter Neustadt 38 verprant leudt
ohne Steuerleistung.
127
sowie der Verbindlichkeit insbesondere der Feiertagsregelung wird angenommen, dass auch die Agende
unter Beteiligung der in Hermannstadt 1547 zusammengetretenen „Kirchenordnungskommission“ ent-
stand. Die Agende erfuhr erst 1653 eine erweiterte Neuauflage111.
Der Text folgt der Wittenberger Kirchenordnung in der zweiten, in Leipzig 1540 gedruckten Fassung,
die erstmals den Doppeltitel Agenda, das ist Kirchen Ordnung verwendete. Bei Passagen, in denen 1540 dem
Tauf- bzw. Taufbüchlein Martin Luthers gefolgt wurde, hat die Kronstädter Agende offenbar diese Luther-
schriften direkt herangezogen. Wenn auch nichts Neues formuliert wurde, erscheint die Textauswahl auf-
schlußreich. In der Kronstädter Zusammenstellung fehlen ganze Kapitel wie die Beichte, einzelne
Abschnitte wie zwei zusätzliche Ermahnungen im Taufritus, auch einzelne Sätze wie die verbindliche Drei-
zahl des Aufgebotes bei der Hochzeit.
Eigenständig siebenbürgisch ist die Feiertagsregelung112. Die Anzahl ist mit 21 Feiertagen sowie den
dreitägig zu feiernden drei Hochfesten höher als bei fast allen Feiertagsregelungen im Reich. Von den elf in
der Agende von 1540 genannten Feiertagen sind nur neun in der Kronstädter Zusammenstellung übernom-
men. Größere Übereinstimmung sieht Erich Roth mit der brandenburgisch-nürnbergischen Kirchenord-
nung von 1533113. Auch dieser Vergleich ist nicht befriedigend, führt jedoch zu dem darauf aufbauenden
Agendbiichlein des Veit Dietrich114. Dessen erste Auflage von 1543 enthält auch das 1533 fehlende Fest
Philipp und Jakobus. Die in der Auflage von 1545 hinzugefiigten Empfehlungen von fünf Gedenktagen sind
in Kronstadt in vier Fällen zu verbindlichen Feiertagen geworden.
Auf der Kronstädter Regelung, unter Hinzufügung weiterer Feiertage, baut die 1550 erschienene, 1559
erneuerte ungarischsprachige Klausenburger Agende auf. Auch in anderen Teilen folgt sie der Kronstädter
Agende, die sie durch zusätzliche Kapitel erweiterte115. Die Übernahme liegt auch nahe, da der (Mit-)
Inhaber der Klausenburger Druckerei, Kaspar Helth, als Klausenburger Stadtpfarrer der Gelehrtenkom-
mission von 1547 angehörte.
6. Bericht über die Kirchenvisitation des Burzenländer Kapitels [ab 15. März] 1550 (Text S. 256)
Der älteste Bericht einer Kirchenvisitation nach der Reformation betrifft die vom Kronstädter Stadtrichter
Johannes Benker geleitete Visitation der 13 Landgemeinden des Burzenländer Kapitels im März und April
1550. Verfasser116 ist der selbst der Visitationskommission angehörende Kronstädter Stadtschreiber Lukas
Grüngras. Der Text ist Teil eines Folioheftes, in dem Grüngras eine mit der Visitation verbundene fiskali-
sche Erhebung aufzeichnete: die Anzahl czalheuser eines Dorfes, die Namen der Wirte und vorhandene
Beeinträchtigungen117. Zu Beginn des Heftes steht auch die Datierung der Visitation, vom Sonntag Letare
111 Agenda sacra, das ist Kirchen-Ordnung in Hermannstadt
auffs neue übersehen, gebessert und auffgelegt anno 1653.
Gedruckt durch Marcum Pistorium; dazu Teutsch.
Geschichte I, S.477-479
112 Ausführlichere Erörterungen dazu mit Vergleich zur
Klausenburger Agende bei Armgart, Feiertage,
S. 139-154. Dort auch tabellarische Übersicht der Fei-
ertage in verschiedenen Kirchenordnungen im Reich.
113 Jüngster Abdruck Osiander, Schriften 5, S. 37-177
Nr. 176; auch Sehling, EKO XI, S. 140-205.
114 Agend Büchlein für die Pfarrherrn auf dem Land. Durch
Vitum Dietrich, Abdruck der Fassung letzter Hand von
1545 unter Vermerk der Abweichungen früherer Aufla-
gen Sehling, EKO XI, S. 487-553.
110 Agenda, az az szentegyházi chelekedetec, mellyeket köuetnec
közenségesképpen a keresztyé ministerec es lelkipásztoroc.
Vyonnan nyomtattattot. Colosvarba 1559; für eine erste
Auflage wurde das Erscheinungsjahr 1550 erschlossen;
Beschreibung der Drucke ASD, Nr. 45 bzw. Nr. 111 und
RMNy, Nr. 85 bzw. 154, zur Bedeutung Soros, Magyar
liturgia, S. 267-272
116 Der älteste Abdruck durch Philippi, Visitation, S. 67-
69 nennt als Verfasser irrig Johann Kemmel aufgrund
der Verlesung Ioannes Kemmel iurato notario (statt
Ioannes Kemmel, Luca notario); dazu und zu weiteren
Verlesungen Philippis QGK V, S. XXVI.
117 NatA Kronstadt, III F 8, Folioheft von 132 Blatt,
Beschreibung QGK III, S. 590f. Ein gekürzter Abdruck
des fiskalischen Teils erfolgt bereits durch Friedrich
Stenner in QGK III, S. 590-593 als Nr. 53 „Burzenlän-
der Steuerverzeichnis von 1550“. Als Beispiel der
Beeinträchtigungen unter Neustadt 38 verprant leudt
ohne Steuerleistung.
127