Einleitung
ter Rat einen neuen Stadtpfarrer eingesetzt habe197. Bislang waren beide Ämter in Personalunion verbun-
den. Doch eine derartige „Vorwahl“ von weltlicher Seite perpetuierte sich nicht. Die Suche nach einem
neuen Superintendenten wurde zum Musterfall der Konkurrenz der sächsischen Geistlichkeit und der bei-
den beteiligten weltlichen Kräfte Fürst und sächsische Nationsuniversität, die jeweils einen eigenen Modus
durchzusetzen versuchten. Die Nationsuniversität verständigte sich im April 1572 auf die Finanzierung
eines gelehrten Auswärtigen, der mit hilff und beistand des Fürsten berufen werden sollte. Der Fürst befür-
wortete im Allgemeinen eine Berufung ex aliis regionibus pro reformandis per omnia ecclesiis. Doch solle
interim das Amt mit einem Einheimischen besetzt werden. Dazu forderte Báthory die Synode auf, drei
Kandidaten zu designieren, aus denen er den Superintendenten bestimmen werde198.
Die Synode setzte sich jedoch über beide weltliche Vorgaben hinweg. Zwar reduzierte sie die zunächst
fünf Kandidaten199 auf die vom Fürsten geforderten drei, die allesamt aus den Reihen der sächsischen
Geistlichkeit stammten. Statt diese dem Fürsten zu präsentieren, schritt die Synode selbst zur Abstim-
mung. Lukas Unglerus (Ungleich), der mit Birthälm einer der nördlichen, zuvor zur Weißenburger Diözese
gehörenden Pfarreien vorstand, erhielt ein deutliches Votum von 36 Stimmen gegenüber 9 bzw. 6 Stimmen,
die für die Stadtpfarrer von Hermannstadt und Kronstadt abgegeben wurden. Der landesherrliche Kom-
missar anerkannte Unglerus sogleich an. Der um Bestätigung ersuchte Fürst reagierte flexibel mit einer
unter Vorbehalt, durante nostro beneplacito, erteilten Bestätigung des Unglerus. Dessen besonders lange
Amtszeit von fast 30 Jahren festigte die unabhängige Stellung des Superintendentenamtes. Verstärkt wurde
dieses durch eine räumliche Trennung vom politischen Zentrum Hermannstadt. Unglerus verblieb an sei-
nem bisherigen Amtsort, dem mittelsiebenbürgischen Marktort Birthälm200. Alle seine Amtsnachfolger resi-
dierten dort - bis 1866201. Auch das alleinige Superintendentenwahlrecht der Synode blieb künftig unstrit-
tig.
Gleichzeitig mit der Bestätigung des Superintendenten erklärten landesherrliche Mandate an die Vor-
orte der drei sächsischen Gebiete die Verbindlichkeit der Confessio Augustana für das gesamte sächsische
Rechtsgebiet, ubique in iurisdictione Saxonica. De facto wurde damit für diesen Landesteil das durch Land-
tagsbeschluss von 1564 geltende ius reformandi lokaler Instanzen aufgehoben und durch eine großräumigere
Regelung ersetzt. Während die ungarischen lutherischen Gemeinden in Siebenbürgen in den folgenden
Jahren weitgehend untergingen, wurde das konfessionelle Spezifikum zu einer zusätzlichen Klammer einer
von anderskonfessioneller Umgebung abgegrenzten Gemeinschaft.
26. Landesherrlicher Schutzbrief für Pfarrhöfe, Schulen, Friedhöfe und Asyle in den drei nördlichen
Kapiteln 29. Dezember 1571 (Text S. 311)
Den Bistritzer Weihnachtsaufenthalt202 des neugewählten Fürsten nutzten die Geistlichen der drei nördli-
chen Kapitel Bistritz, Kiraly und Sächsisch-Reen, einen speziellen landesherrlichen Schutzbrief zu erbitten.
197 Auch über diese, vom 1.- 4. Dezember 1571 abgehaltene
Synode ist nur der Bericht des Burzenländer Delegierten
überliefert, Druck Teutsch, UB II, S. 126-128 Nr. 20.
198 Zitate aus seinem Mandat vom 4. Mai 1572, unten
S. 325.
199 Ein ausführlicher Wahlbericht (unter separater Über-
schrift) durch den Burzenländer Delegierten, ist im Pro-
tocollum actorum capituli Barcensis überliefert; Abdruck
Teutsch, UB II, S. 136f. Nachdem Alesius auf das lan-
desherrliche Mandat verwies, zogen der betagte Gene-
raldechant Matthias Glatz sowie der Stolzenburger Pfar-
rer und vormalige Notar der Nationsuniversität, Tho-
mas Bomelius, ihre Kandidaturen zurück.
200 Zu Birthälm allgemein Salzer, Birthälm; Teutsch,
Birthälm, S. 507-536; Roth, Siebenbürgen, S. 21-24;
Nägler, Birthälm.
201 Teutsch, Geschichte II, S. 387, 455; Müller, Verle-
gung, S. 59-72; förmlicher Synodalbeschluss erst 1679,
de-facto-Suspendierung des Pfarrwahlrechtes der Bir-
thälmer Gemeinde 1627.
202 Stephan Báthory urkundete auch am 24. und 25.
Dezember in Bistritz, am 17. Dezember war er noch in
Klausenburg, am 31. Dezember in Batos; Urkunden-
Regesten Bistritz III, Nr. 3741, 3744 und 3746, Veress,
Báthory I, S. 158-165 Nr. 132-140.
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ter Rat einen neuen Stadtpfarrer eingesetzt habe197. Bislang waren beide Ämter in Personalunion verbun-
den. Doch eine derartige „Vorwahl“ von weltlicher Seite perpetuierte sich nicht. Die Suche nach einem
neuen Superintendenten wurde zum Musterfall der Konkurrenz der sächsischen Geistlichkeit und der bei-
den beteiligten weltlichen Kräfte Fürst und sächsische Nationsuniversität, die jeweils einen eigenen Modus
durchzusetzen versuchten. Die Nationsuniversität verständigte sich im April 1572 auf die Finanzierung
eines gelehrten Auswärtigen, der mit hilff und beistand des Fürsten berufen werden sollte. Der Fürst befür-
wortete im Allgemeinen eine Berufung ex aliis regionibus pro reformandis per omnia ecclesiis. Doch solle
interim das Amt mit einem Einheimischen besetzt werden. Dazu forderte Báthory die Synode auf, drei
Kandidaten zu designieren, aus denen er den Superintendenten bestimmen werde198.
Die Synode setzte sich jedoch über beide weltliche Vorgaben hinweg. Zwar reduzierte sie die zunächst
fünf Kandidaten199 auf die vom Fürsten geforderten drei, die allesamt aus den Reihen der sächsischen
Geistlichkeit stammten. Statt diese dem Fürsten zu präsentieren, schritt die Synode selbst zur Abstim-
mung. Lukas Unglerus (Ungleich), der mit Birthälm einer der nördlichen, zuvor zur Weißenburger Diözese
gehörenden Pfarreien vorstand, erhielt ein deutliches Votum von 36 Stimmen gegenüber 9 bzw. 6 Stimmen,
die für die Stadtpfarrer von Hermannstadt und Kronstadt abgegeben wurden. Der landesherrliche Kom-
missar anerkannte Unglerus sogleich an. Der um Bestätigung ersuchte Fürst reagierte flexibel mit einer
unter Vorbehalt, durante nostro beneplacito, erteilten Bestätigung des Unglerus. Dessen besonders lange
Amtszeit von fast 30 Jahren festigte die unabhängige Stellung des Superintendentenamtes. Verstärkt wurde
dieses durch eine räumliche Trennung vom politischen Zentrum Hermannstadt. Unglerus verblieb an sei-
nem bisherigen Amtsort, dem mittelsiebenbürgischen Marktort Birthälm200. Alle seine Amtsnachfolger resi-
dierten dort - bis 1866201. Auch das alleinige Superintendentenwahlrecht der Synode blieb künftig unstrit-
tig.
Gleichzeitig mit der Bestätigung des Superintendenten erklärten landesherrliche Mandate an die Vor-
orte der drei sächsischen Gebiete die Verbindlichkeit der Confessio Augustana für das gesamte sächsische
Rechtsgebiet, ubique in iurisdictione Saxonica. De facto wurde damit für diesen Landesteil das durch Land-
tagsbeschluss von 1564 geltende ius reformandi lokaler Instanzen aufgehoben und durch eine großräumigere
Regelung ersetzt. Während die ungarischen lutherischen Gemeinden in Siebenbürgen in den folgenden
Jahren weitgehend untergingen, wurde das konfessionelle Spezifikum zu einer zusätzlichen Klammer einer
von anderskonfessioneller Umgebung abgegrenzten Gemeinschaft.
26. Landesherrlicher Schutzbrief für Pfarrhöfe, Schulen, Friedhöfe und Asyle in den drei nördlichen
Kapiteln 29. Dezember 1571 (Text S. 311)
Den Bistritzer Weihnachtsaufenthalt202 des neugewählten Fürsten nutzten die Geistlichen der drei nördli-
chen Kapitel Bistritz, Kiraly und Sächsisch-Reen, einen speziellen landesherrlichen Schutzbrief zu erbitten.
197 Auch über diese, vom 1.- 4. Dezember 1571 abgehaltene
Synode ist nur der Bericht des Burzenländer Delegierten
überliefert, Druck Teutsch, UB II, S. 126-128 Nr. 20.
198 Zitate aus seinem Mandat vom 4. Mai 1572, unten
S. 325.
199 Ein ausführlicher Wahlbericht (unter separater Über-
schrift) durch den Burzenländer Delegierten, ist im Pro-
tocollum actorum capituli Barcensis überliefert; Abdruck
Teutsch, UB II, S. 136f. Nachdem Alesius auf das lan-
desherrliche Mandat verwies, zogen der betagte Gene-
raldechant Matthias Glatz sowie der Stolzenburger Pfar-
rer und vormalige Notar der Nationsuniversität, Tho-
mas Bomelius, ihre Kandidaturen zurück.
200 Zu Birthälm allgemein Salzer, Birthälm; Teutsch,
Birthälm, S. 507-536; Roth, Siebenbürgen, S. 21-24;
Nägler, Birthälm.
201 Teutsch, Geschichte II, S. 387, 455; Müller, Verle-
gung, S. 59-72; förmlicher Synodalbeschluss erst 1679,
de-facto-Suspendierung des Pfarrwahlrechtes der Bir-
thälmer Gemeinde 1627.
202 Stephan Báthory urkundete auch am 24. und 25.
Dezember in Bistritz, am 17. Dezember war er noch in
Klausenburg, am 31. Dezember in Batos; Urkunden-
Regesten Bistritz III, Nr. 3741, 3744 und 3746, Veress,
Báthory I, S. 158-165 Nr. 132-140.
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