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Wolgast, Eike [Editor]; Seebaß, Gottfried [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Editor]; Armgart, Martin [Oth.]; Meese, Karin [Oth.]; Sehling, Emil [Bibliogr. antecedent]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (24. Band = Siebenbürgen): Das Fürstentum Siebenbürgen - das Rechtsgebiet und die Kirche der Siebenbürger Sachsen — Tübingen: Mohr Siebeck, 2012

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https://doi.org/10.11588/diglit.30664#0187
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Einleitung

Pfarrern einen schriftlichen Widerruf352. Die Synode und schließlich auch der Superintendent folgten einer
stärkeren Abgrenzung gegenüber Allem, was ihnen reformiert erschien. Die verabschiedeten elf Synodalar-
tikel, deren erster erstmals ausdrücklich die Confessio Augustana Invariata zur Bekenntnisgrundlage
erklärte, wurden für alle Geistlichen verpflichtend. Mit der Nationsuniversität kam es zur grundsätzlichen
Einigung über die Modalitäten und Artikel der schon unter Schiffbaumer geplanten zweiten Generalkir-
chenvisitation. Ein Teil der sächsischen Pfarreien wurde daraufhin 1616-1618 visitiert. Auch andere strit-
tige Fragen, so Wahl und Ordination der Pfarrer353, Kirchengüterverwaltung, Kirchenbuße, geistliches
Gericht, Heirats- und Tauffragen wurden (mitunter langwierig) verhandelt354.
Die Religionspolitik des seit 1613 regierenden reformierten Fürsten Gabriel Bethlen355 erstrebte einer-
seits eine konfessionelle Beruhigung, gerade der wirtschaftlich wichtigen Sachsen, anderserseits die Stär-
kung der eigenen Konfession. So unterstützte er 1615 die Generalkirchenvisitation und bestätigte im glei-
chen Jahr die Statuten der Kapitel Tekendorf und Großschogen (oben Nr. 54). Sein Publikationsverbot der
Synodalartikel war ein einmaliger Eingriff in die kirchliche Selbstverwaltung. Durch das Innovationsverbot
von 1571 konnte der Fürst ein Wächteramt gegen Neuerungen in den approbierten Konfessionen rekla-
mieren, 1622 erklärte er das Konkordienbuch zur unzulässigen Erweiterungen der Confessio Augustana.
Die landesherrlichen Eingriffe vermochten jedoch nicht die Durchsetzung der lutherischen Orthodoxie auf-
zuhalten. Der Versuch, nach dem Tod Weyrauchs ein landesherrliches Ernennungsrecht einzuführen, schei-
terte am geschlossenen Widerstand von geistlicher und weltlicher Universität und wurde vom Fürsten, der
sich nun stärker im Dreißigjährigen Krieg engagierte, nicht weiter verfolgt. Auch wenn sich eine dogma-
tische Homogenität erst allmählich, bis zur Mitte des 17. Jahrhunderts, durchsetzte, wurde das orthodoxe
Luthertum zu einer Äußerung „ständischen Widerstandes der sächsischen Nation“ und schließlich zu einem
der Eigenständigkeitsmerkmale der Siebenbürger Sachsen.
69. Ordnung der Superintendentenwahl 12. März 1601 (Text S. 479)
Als Superintendent Lukas Unglerus am 22. November 1600 nach über 29 Amtsjahren starb, bestand Unsi-
cherheit über die Wahl- und Inaugurationsmodalitäten bis hin zu zentralen Fragen wie dem Stimmrecht der
Geistlichen, die von den Kapiteln zusätzlich zum jeweiligen Dechanten entsandt wurden, dem Eid des
Superintendenten und der Mitwirkung des Fürsten bzw. eines fürstlichen Wahlkommissars356. Eine Ord-
nung der Superintendentenwahl wurde daraufhin niedergeschrieben. Die in vier Artikeln, der letzte in fünf
Unterpunkten gegliederte Ordnung ist zeitgleich im Protokollbuch des Hermannstädter Kapitels überlie-
fert, dessen Autor der Kapitelsyndikus Mag. Leonhard Hermann, Pfarrer von Hammersdorf war357.
Weiterhin ist über die Wahl ein modus electionis superintendentis überschriebener, in mehreren Abschrif-
ten verbreiteter Bericht überliefert358. Verfasser ist der auch als Chronist359 bekannte Schäßburger Stadt-

352 Formula revocatoria sub iuramento domini Simonis Pau-
lini in NatA Hermannstadt, Mss. Varia II 81 (Codex
Pöldnerianus), pag. 333.
353 Dazu unten Nr. 79 und 80.
354 Zu diesen Statuta der geistlichen und weltlichen universität
in bezug auf die copulation, disziplin, kirchengüter und
taufe sind mehrere Antwortartikel von 1616 und 1617
überliefert; NatA Hermannstadt, Protokolle des Her-
mannstädter Rates (Inv. 211), Nr. 2, pag. 321; ebd.,
Kapitel Hermannstadt [Sibiu] (Inv. 287), Nr. 1007 (3),
fol. 49v-51r, die Endfassung ließ sich jedoch nicht ermit-
teln. Zum Inhalt vgl. Teutsch, Geschichte I, S. 413f.
355 Jüngst Szegedi, Religionspolitik, S. 29-44 mit Gesamt-
wertung ebd., S. 35f.; weiterhin Teutsch, Geschichte I,
S.409-420.

356 Zum Ablauf der Wahl Teutsch, Geschichte I, S. 378-
380, Jekeli, Bischöfe, S. 38f., zur Bedeutung der Rege-
lungen von 1601 Schullerus, Kirchenrecht, S. 209-
212.
357 NatA Hermannstadt, Kapitel Hermannstadt [Sibiu]
(inv. 287), Nr. 1006 (2), fol. 11r-15v; Abdruck Roth,
Aus trüber Zeit, S. 92-94.
358 NatA Hermannstadt, col. Brukenthal Y 1-5 Nr. 269, fol.
81v-82v, nach dortigem Vermerk eigenhändig von
Petrus Sauer verfasst, auch ebd., Kisder Kapitel
[Saschiz] (inv. 296), Nr. 995/a (1), fol. 45r-46r und ebd.,
Mss. Varia II 81 (Codex Pöldnerianus), pag. 284-287.
359 Vgl. Fabini, Chronisten, S. XVIf. in der Einleitung der
Chronik des Schäßburger Stadtschreibers Christian
Kraus.

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